For the Win - Roman
York Times schickt uns pro Minute etwa zehn E-Mails. Die Financial Times auch. Und die Times of London . Und das sind bloß die englischsprachigen Zeitungen! Hinzu kommen deutsche, französische … und natürlich die Times of India . Die haben sogar einen Reporter nach Dharavi geschickt, genau wie die Blätter aus Mumbai. Sechs unserer Videos stehen bei YouTube in den Top Twenty. Ich habe hier«, er suchte es schnell mit der Maus, »82361 E-Mails von Leuten, die gern bei uns mitmachen würden.«
Justbob starrte ihn finster an. »Matthew sitzt in Dafen fest. Zweiundvierzig andere sind tot. Und wir haben keine Ahnung, wo Jie und der weiße Junge, Wei-Dong, stecken.«
Schwester Nor streckte die Hände nach Justbob und dem Mächtigen Krang aus, und jeder von ihnen ergriff eine. »Kameraden«, sagte sie. »Kameraden. Dies ist der Moment, auf den wir gewartet haben. Man hat uns verletzt. Uns und unsere Freunde. Bis das alles vorbei ist, wird es noch mehr Verletzte geben.
Doch Leute wie wir werden täglich verletzt. Wir geraten in Maschinen, wir atmen Gifte ein, wir werden geschlagen, unter Drogen gesetzt oder vergewaltigt. Vergesst das nicht. Vergesst nie, was wir durchmachen und was wir schon durchgemacht haben. Wir geben in diesem Kampf unser Letztes, und wahrscheinlich werden wir ihn verlieren. Doch dann werden wir ihn abermals kämpfen und etwas weniger Verluste haben, denn jeder Kampf wird uns neue Unterstützer bringen. Und dann verlieren wir wieder . Und wieder . Und trotzdem kämpfen wir weiter. Denn so schwer das Kämpfen auch fällt: Man wird niemals gewinnen, wenn man gar nichts tut.«
Justbob beendete die Aufnahme und schickte das Audio im Handumdrehen an die Presse raus, mit Kopie an die Webblys. Endlich hatte sie eine Verwendung für Schwester Nors Reden gefunden!
Ein Pop-up auf Krangs Schirm erinnerte ihn daran, die nächste SIM -Karte in sein Handy einzulegen. Eine Sekunde später bekamen auch Schwester Nor und Justbob ihre Erinnerungen.
Schwester Nor lächelte. »Okay«, sagte sie. »Zurück an die Arbeit.«
Sie tauschten ihre alten SIM s gegen neue, die sie, datiert und verpackt, in ihren Gürteln immer bei sich trugen. Kaum dass sie die Telefone wieder eingeschaltet hatten, klingelte es bei Justbob und Krang auch schon.
Der Mächtige Krang warf einen Blick auf sein Handy. »Wei-Dong«, meldete er den anderen. »Ich hab euch doch gesagt, dass er in Sicherheit ist!«
»Ashok«, sagte Justbob mit Blick auf ihr Handy.
Dann gingen sie beide ran.
Ashok hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Monatelang hatte er an seinem Zerstörungsszenario getüftelt: Wie viele Investitionen in wertlose Papiere waren nötig, um die Spielbetreiber maximal angreifbar zu machen? Er hatte es tausendmal durchgerechnet, unzählige Variablen in seiner Gleichung ausprobiert, geschwitzt und nachts keinen Schlaf gefunden, bis ein Spaziergang oder eine Fahrt mit dem Roller seine Zweifel zerstreut hatten.
Irgendein junger Gefolgsmann Schwester Nors, den er nicht kannte, hatte die Mechanischen Türken dazu gebracht, seine seltsamen Wertpapiere auf der Arbeit zu verkaufen. Es war nicht schwer gewesen, die Pakete zu schnüren, schließlich gab es jede Menge Unternehmen, über die man sich seine Wertpapiere selbst zusammenstellen und vermarkten konnte. Er brauchte bloß herauszufinden, bei welchem die Sicherheitschecks besonders lax waren. Dann schuf er sich dort einen Account, erfand eine Tonne virtuellen Reichtum, loggte sich bei der weniger schlampigen Konkurrenz ein und verpackte seinen Müll einfach neu, damit das Ergebnis ein wenig glaubhafter aussah. Auf die Methode hangelte er sich die Nahrungskette empor, von Unternehmen zu Unternehmen, bis er seine Papiere – das finanztechnische Äquivalent eines großen Haufens Hundekot – mit einer dicken Lackschicht Seriosität überdeckt hatte.
Und kaum dass der seltsamen Anlage ein gewisser Glanz anhaftete, kamen auch schon die ersten Makler gerannt. Da die Webblys über einen beträchtlichen Teil des virtuellen Vermögens verfügten, den sie nach Belieben weiterverteilen konnten, gelang es Ashok, den Anschein zu erwecken, dass seine Papiere mit rasanter Geschwindigkeit wertvoller wurden – was sie irgendwann auch waren, denn all die Händler, die die Derivate handelten, trieben die Preise mit jedem Verkauf weiter nach oben.
Eines Nachts, so gegen zwei, als Ashok die Transaktionen beobachtete, wurde ihm klar, dass er jetzt rein theoretisch die Möglichkeit hatte,
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