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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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baff, dass jemand frech genug ist, so was durchzuziehen. Bildete er es sich nur ein, oder grinste das Mädchen mit dem Südstaatenakzent vor sich hin? War es ein kleines, selbstzufriedenes Lächeln?
    »Nicht mein Problem, fürchte ich«, erwiderte sie. »Tut mir leid.«
    Jetzt schauten alle ganz genau zu, und er merkte, wie nervös er war, und errötete. Er schluckte und versuchte, ein überzeugendes Lächeln aufzusetzen. »Tja, ich sollte wohl wirklich besser darauf achten, wem ich vertraue. Verkaufst du mir meinen Chip zurück?«
    »Du meinst wohl, meinen Chip«, sagte sie und schnippte ihn in die Luft. Er war versucht, danach zu greifen, aber das hätte wohl zu einem Gerangel vor versammelter Mannschaft geführt. War das peinlich!
    »Ja, deinen Chip.«
    »Okay. Fünfzehn Dollar.«
    »Geht klar«, meinte er und dachte bei sich: Ich hab hier schon 45 Dollar verdient, ich kann es mir leisten, auf fünfzehn zu verzichten.
    »In sieben Minuten«, sagte sie. Er schaute auf die Uhr: Es war 11 Uhr 54. In sieben Minuten würde sie seine zwanzig Dollar kassieren. Korrektur: ihre zwanzig Dollar.
    »Das ist unfair«, bemerkte er.
    Sie hob eine Braue, so hoch, dass es aussah, als ob sie gleich an ihren Haaransatz stieße. »Ach ja? Ich glaube, dieser Chip ist hundertzwanzig Dollar wert. Fünfzehn scheint mir da ein guter Preis zu sein.«
    »Ich gebe dir zwanzig«, warf der Rotschopf ein.
    »Fünfundzwanzig«, lachte jemand anderes.
    »Okay okay«, sagte Connor rasch, und dabei stieg ihm das Blut so ins Gesicht, dass ihm fast schwindlig wurde. »Fünfzehn Dollar.«
    »Zu spät«, erklärte sie. »Der Preis liegt jetzt bei fünfundzwanzig Dollar.«
    Er hörte das Glucksen der anderen, die jeden Augenblick ihr Gebot erhöhen konnten – auf 40 Dollar? 60? – , also sagte er rasch »fünfundzwanzig!« und zückte den Geldbeutel.
    Die Studentin nahm die fünfundzwanzig Dollar. Woher wusste er eigentlich, dass sie ihm den Chip wirklich geben würde? Er kam sich wie ein Trottel vor, kaum dass sie sein Geld genommen hatte. Und da trat auch schon der Versuchsleiter ins Zimmer. »Mittagessen!«, rief er und schob einen Wagen mit Salatschachteln, vegetarischem Sushi und Hühnchen herein. »Pokerchips!« Die Zwanziger wurden ausgeteilt.
    Die Studentin, die ihm das Geld abgeluchst hatte, nahm sich übertrieben lange Zeit, ihr Essen auszuwählen, um ihn dann endlich mit schlecht gespielter Überraschung anzusehen, »ach richtig, bitte sehr!« zu sagen und ihm seinen Chip zurückzugeben. Der Rothaarige kicherte.
    Und damit hatte das Spiel erst begonnen, das die kommenden fünf Stunden in emotionaler Hinsicht zu einem der intensivsten Erlebnisse machte, die Connor je gehabt hatte. Käufer bildeten Interessengruppen, stachen Mitbewerber aus, legten ihr Kapital zusammen. Jemand manipulierte heimlich die Uhr an der Wand, und sie verbrachten eine halbe Stunde mit Diskussionen darüber, wessen Uhr oder Handy nun verlässlicher war, bis der Versuchsleiter mit den nächsten Zwanzigern hereinkam.
    In der sechsten Stunde des Experiments erkannte Connor auf einmal, dass er in der Minderheit war, ein Ausreißer zwischen zwei großen Gruppen: Die eine kontrollierte fast alle Pokerchips, die andere fast das gesamte Geld. Und es waren nur noch zwei Stunden übrig, was hieß, dass sein einsamer Chip vierzig Dollar wert war.
    Da begann etwas an ihm zu nagen: Angst. Neid. Panik. Die Gewissheit, dass er am Ende des Experiments der Einzige sein würde, der ohne ein dickes Bündel Geld nach Hause ging. Die gerissenen Händler unter ihnen hatten sich irgendwie Reichtum und Macht erkämpft, während er sich, der anfänglichen schlechten Erfahrung wegen, zögerlich und stur verhalten hatte. Den Markt hatten alle anderen bestimmt.
    Also beschloss er, sich mehr Chips zu kaufen. Oder seinen letzten Chip zu verkaufen. Was, war ganz egal – er wollte einfach nur reich sein.
    Er war nicht der Einzige: Nach der siebten Stunde ging ein einziges wildes Geschachere los, das nicht den allerkleinsten Sinn mehr hatte, denn alle Chips waren jetzt ja noch genau zwanzig Dollar wert und in ein paar Minuten überhaupt nichts mehr. Er sagte sich das immer wieder, und trotzdem bot er auf die Chips, und zwar immer energischer. Zum Glück war er nicht die panischste Person im Raum. Als die erwies sich der Rotschopf, der den Chips hinterherjagte wie ein Drogenabhängiger einem Tütchen Crack. Er hatte seine alte Lässigkeit verloren und warf erst mit Geld und dann mit Schuldscheinen um

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