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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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ein paar Tage in Pune, um einen Boden einzuziehen. Seine Firma stellte selbstklebende Fliesen her, falsche Steinmuster auf strapazierfähigen Vinylkacheln mit beschichteter Rückseite, die sich gut für die Bürotürme in den Industrieparks von Pune eigneten. Es lagen immer Fliesenmuster bei ihnen zu Hause herum, aber Yasmin hatte ihnen nie viel Aufmerksamkeit gewidmet. Bis sie angefangen hatte, mit Mala zu spielen. Eines Tages hatte sie erschüttert festgestellt, dass die merkwürdigen, rechteckigen Flecken am Rande der feinen »Marmor«-Adern der Fliesen dieselben Kompressionsspuren waren, die man von ruckelnder Spielegrafik her kannte. » JPEG -Artefakte« nannte man sie in den Foren. Es war so, als ob diese kleinen Mängel und Fehler, die den Spielen ihren leicht unwirklichen Anstrich gaben, schleichend in die reale Welt Einzug hielten.
    Dasselbe seltsam irreale Gefühl ergriff von ihr Besitz, als sie sich nun heimlich davonstahl, doch eine Berührung an ihrer Schulter riss sie zurück in die Wirklichkeit. Sie wirbelte erschrocken herum und fürchtete schon, gleich angegriffen zu werden.
    Doch es war nur Sushant, der größte Junge aus Malas Armee. Er war nie ein Prahler wie die anderen gewesen, sondern hatte die meiste Zeit nur gebannt vor seinem Schirm gesessen, als wünschte er, dort hinein entfliehen zu können. Sie starrten einander kurz an, dann schüttelte er hilflos und entschuldigend den Kopf und lächelte schüchtern.
    »War mir so, als hätte ich dich gerade gesehen«, sagte er. »Und da dachte ich … « Er senkte den Blick.
    »Was dachtest du?«, fragte sie schroff. Sie war selbst überrascht, wie wütend sie war.
    »Ich dachte, ich gehe mal raus und … « Er verstummte.
    »Was? Was dachtest du, Sushant?« Jetzt war sie es, die den Kopf schüttelte, und sie trat so dicht an ihn heran, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Sie konnte die Spinat-Pakora riechen, die er zu Mittag gegessen hatte.
    Er schrak zurück. Yasmin erkannte, dass er Angst hatte. Wahrscheinlich riskierte er schon dadurch eine Menge, dass er rausgegangen war und mit ihr redete. Disziplin war das A und O in Malas Armee. War es nicht ihre eigene Aufgabe gewesen, für Disziplin zu sorgen?
    »Tut mir leid«, sagte sie und wich zurück. »Schön, dich mal wiederzusehen, Sushant. Hast du schon gegessen?« Die Frage war reine Höflichkeit, denn sie kannte die Antwort ja. Aber unter Freunden fragte man sich das in Dharavi und in Mumbai – vielleicht in ganz Indien, Yasmin wusste es nicht.
    Er lächelte wieder zaghaft, ein kleines, schüchternes Lächeln. Es brach ihr das Herz, ihn so zu sehen. Yasmin dämmerte, dass sie nie viel mit ihm geredet hatte, als sie noch Malas Adjutant gewesen war. Sie hatte ihn nie zweimal bitten oder zurechtweisen müssen. Er hatte stets seine Arbeit getan, also hatte sie ihn meist ignoriert. »Ich dachte, ich komme mal raus und sage Hallo, denn wir haben dich alle sehr vermisst. Ich hatte gehofft, dass du und Mala vielleicht … « Wieder hielt er inne, und unwillkürlich reckte Yasmin ihr Kinn in einer Geste der Wut und der Sturheit.
    »Unsere Wege haben sich getrennt«, erwiderte sie und gab sich große Mühe, ruhig zu bleiben. »Mit Mala und mir ist es aus. Läuft es gut für euch?«
    Er nickte. »Wir gewinnen jeden Kampf.«
    »Glückwunsch.«
    »Aber in letzter Zeit – da habe ich nachgedacht … «
    Sie wartete, dass er weitersprach. Der Moment zog sich hin. Erwachsene drückten sich an ihnen vorbei und dachten wahrscheinlich, dass er ihr den Hof machte, wo er doch ein Junge und sie ein Mädchen war. Wenn ihr Vater davon Wind bekam …
    Auch egal. Ihr Vater verlegte JPEG -Artefakte in einem IT -Park in Pune. Sie hatte ihre Armee und ihre Freunde und ihren Schulplatz verloren. Was machte da noch irgendwas aus?
    »Ich habe mit deinen Freunden geredet«, sagte er plötzlich.
    »Mit meinen Freunden?« Es war ihr neu, dass sie welche hatte.
    »Mit den Webblys, deiner neuen Armee. Sie schicken mir Nachrichten, während ich kämpfe. Zuerst habe ich sie nicht beachtet, aber in letzter Zeit bin ich ins Grübeln gekommen. Sie haben mir Bilder geschickt – von den Menschen, denen ich schade. Jugendliche wie du und ich, auf der ganzen Welt. Das hat mich zum Nachdenken gebracht.« Er stockte, biss sich auf die Lippen. »Über Karma. Und all die Dinge, die die Webblys sagen. Anderen Menschen zu schaden, um selbst leben zu können … Ich glaube nicht, dass ich das ewig tun möchte. Oder könnte.«
    Yasmin

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