For the Win - Roman
einige Vorteile: Zum Beispiel würde sich niemand darüber wundern, dass sie ihr Gesicht verbarg. Ashok hatte sie eindeutig für älter gehalten, bis sie ihr Gesicht enthüllt hatte.
Kommentarlos machte sie den Stoff los, zog ihn höher über das Gesicht und befestigte ihn wieder. Er reckte seinen Daumen. »Also dann! Es sind gute Leute, weißt du. Sehr gute Leute. Sie wollen auf deiner Seite sein.« Er schluckte, dachte nach, wiegte das Kinn. »Vielleicht wissen sie es bloß noch nicht.«
Er ging zu der schweren Metalltür hinüber, öffnete sie und ließ ihr mit einer ausholenden Geste den Vortritt. So würdevoll wie möglich trat sie ins Zwielicht des Wohnwagens. Drinnen war es kühl und roch nach Betel, Chai und Bleichmittel. Ein träger Ventilator an der Decke zog lange, staubige Schmutzfahnen hinter sich her.
Erst jetzt bemerkte sie Leute im Raum, die regungslos auf den weichen Sofas und Sesseln saßen, die Augen in Schatten gehüllt. Ashok trat hinter ihr ein und sagte: »Hallo! Hallo! Es freut mich, dass Sie alle kommen konnten.«
Da erhoben sie sich. Sie waren alle sehr viel älter als sie, auch älter als Ashok. Der Jüngste hatte das Alter ihrer Mutter. Er war fett, trug gepflegte Kleidung, hatte dicke Wangen und kurzes Haar. Dann waren da noch ein Muslim in einer Kurta mit einer Mütze und zwei sehr alte Frauen in Saris, die den Blick auf ihre faltigen Bäuche freigaben.
Ashok stellte sie vor: Mr. Honnenahalli von den Dockarbeitern, Mr. Phadkar von den Stahlarbeitern und Mrs. Rukmini und Mrs. Muthappa von den Textilarbeitern. »Diese ehrenwerten Leute interessieren sich für Schwester Nors Arbeit und haben mich gebeten, dich zu ihnen zu bringen, damit du ihnen mehr darüber erzählen kannst. Meine Damen und Herren, dies ist Yasmin, eine treue Aktivistin innerhalb der IWWWW . Sie ist hier, um Ihre Fragen zu beantworten.«
Sie grüßten alle höflich, doch ihr Lächeln stand nur auf ihren Lippen, nicht in ihren Augen. Ashok machte sich an einer Kanne Chai in der Ecke zu schaffen, goss für alle ein und reichte die Tassen herum, die er von einem Tablett nahm. »Ich kümmere mich um den Tee«, sagte er. »Sie unterhalten sich einfach.«
Yasmins Hals war schrecklich trocken, und sie bereute es bald, dass sie sich wegen ihres Schleiers keinen Tee genommen hatte.
»Soweit ich es verstanden habe, besteht deine ›Arbeit‹ eigentlich nur im Spiele spielen, oder?«, fragte Mr. Honnenahalli, der fette Mann von der Dockarbeitergewerkschaft.
»Wir arbeiten innerhalb der Spiele, das ist richtig«, erwiderte Yasmin.
»Also spielen die Leute in deiner Organisation Spiele. Inwiefern sind sie Arbeiter? Für mich klingen sie nach Spielern. In unserem Geschäft arbeiten wir.«
Yasmin schüttelte den Kopf. Jetzt war sie dankbar für den Schleier. Sie erinnerte sich an ihr Gespräch mit Sushant. »Ich schätze, wir arbeiten wie alle anderen auch. Wir haben einen Boss, der lässt uns arbeiten, und unsere Arbeit macht ihn reich.«
Das ließ die beiden alten Tantchen lächeln, und obgleich es dunkel war im Raum, glaubte sie, dass das Lächeln diesmal aufrichtig war.
»Schwester«, sagte Mr. Phadkar, »erzähl uns von diesen Spielen. Wie werden sie gespielt?«
Also fing sie an, von Zombie Mecha zu erzählen. Dass Mr. Phadkar einen der vielen Filme gesehen hatte, die auf dem Spiel basierten, machte es etwas einfacher, doch als sie mit Charakterklassen, neuen Levels und Achievements begann, war klar, dass auch er ihr nicht mehr folgen konnte.
»Das klingt alles sehr kompliziert«, bemerkte Mr. Honnenahalli nach einer guten halben Stunde. Yasmins Mund war mittlerweile so trocken, dass es sich anfühlte, als hätte sie eine Handvoll Sand mit Salz gegessen. »Wer spielt nur diese Spiele? Wer hat überhaupt die Zeit dazu?«
Diese Frage hatte sie schon häufig von ihrem Vater gehört, also gab sie Mr. Honnenahalli dieselbe Antwort wie ihm: »Millionen von Menschen, arm und reich, Männer wie Frauen, Jungen wie Mädchen, auf der ganzen Welt. Sie geben Millionen und Abermillionen Rupien dafür aus und verwenden Tausende von Stunden aufs Spielen. Es ist ein Spiel, richtig, aber in vieler Hinsicht genauso kompliziert wie das Leben.«
Mr. Honnenahalli verzog das Gesicht, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen. »Menschen machen Dinge. Das allein zählt. Sie verbringen nicht ihre Zeit mit … « Er wedelte mit der Hand und deutete irgendeine nutzlose Betätigung an. »Sie drücken nicht bloß auf Knöpfen herum und
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