For the Win - Roman
geschleppt?«
»Ich habe dieses Treffen vorbereitet, seit mich Schwester Nor vor ein paar Monaten darum gebeten hat. Ich hatte geglaubt, die Gewerkschaften würden die Webblys mit offenen Armen empfangen, würden das Potenzial einer globalen Bewegung erkennen, die sich überall im Handumdrehen formieren kann. Nor war von der Idee ganz begeistert, und von da an habe ich die Gewerkschaftsfunktionäre bearbeitet und ihnen klarzumachen versucht, was für Möglichkeiten sich uns derzeit bieten. Würden sie uns unterstützen – und wir sie – , könnten wir die Welt verändern. Einfach so!« Er schnippte mit den Fingern.
»Aber dann ist der Streik ausgebrochen, und Schwester Nor sagte, sie brauche hier und jetzt Hilfe, weil unsere Gefährten sonst für immer ins Gefängnis kämen, oder Schlimmeres. Sie dachte, du könntest vielleicht helfen, und wir wollten uns vorher eigentlich noch absprechen, aber dann, als ich schon auf dem Weg zu dir war … «
Er brach ab, trank einen Schluck Tee und starrte aus den schmierigen Fenstern auf die gepflegten Rasenflächen des Filmstudios. »Ich habe einen Anruf vom Mächtigen Krang bekommen. Man hat sie zusammengeschlagen. Sehr schlimm sogar. Sie liegen im Krankenhaus, und Schwester Nor ist noch bewusstlos. Krang meinte, es sei einer der chinesischen Fabrikbesitzer gewesen. Sie hatten schon seit Längerem den Ton verschärft und ihnen gedroht. Und sie haben viele Kontakte in Singapur.«
Yasmin leerte ihren Chai, fuhr sich mit der Hand durchs staubige Haar und wischte sich eine kitzelnde Schweißperle weg. »Okay. Und was hast du dir von den Leuten versprochen?«
»Geld«, sagte er. »Unterstützung. Sie finden immer ein offenes Ohr bei der Presse. Würden ihre Mitglieder Gerechtigkeit für die Arbeiter in Shenzhen fordern und überall in Indien vor den chinesischen Konsulaten demonstrieren … « Er winkte ab. »Ehrlich gesagt, ich weiß es auch nicht. Es hätte eigentlich erst in ein paar Wochen zu diesem Treffen kommen sollen, nach einer Menge Überzeugungsarbeit. Jedenfalls nicht mitten in einem Streik. Im Vorfeld wollte ich mir erst Klarheit über deren Ziele verschaffen und meinerseits Klarheit haben, was wir ihnen anzubieten hätten.« Er starrte unglücklich zu Boden.
Yasmin dachte an Sushant und dessen Angst, aus Malas Armee auszuscheiden. Solange Soldaten wie er für die andere Seite kämpften, würden die Webblys die Streikenden im Spiel nicht beschützen können. Also … würde sie Malas Armee aufhalten müssen. Alle Armeen. Die Soldaten, die für die Bosse kämpften, kämpften auf der falschen Seite. Das mussten sie erkennen.
»Was, wenn wir uns selbst helfen würden?«, fragte sie. »Was, wenn wir so groß würden, dass die Gewerkschaften sich uns anschließen müssten?«
»Ganz genau. Wenn, wenn, wenn. Was-wäre-wenn zu spielen ist leicht. Aber ich sehe nicht, wie wir das schaffen könnten.«
»Ich glaube, ich kann weitere Kämpfer für die Spiele rekrutieren. Dann könnten wir jeden Streik schützen.«
»Das ist schön für die Spiele, aber den Spielern hilft es derzeit nicht. Schwester Nor liegt noch immer im Krankenhaus. Die Webblys in Shenzhen sitzen immer noch im Gefängnis.«
»Ich kann eben auch nicht alles«, sagte Yasmin. »Was kannst du denn? Was machen Wirtschaftswissenschaftler denn so?«
Er senkte reumütig den Blick. »Wir gehen auf die Uni und lernen eine Menge Mathe. Auf dieser Grundlage versuchen wir vorherzusagen, was eine große Anzahl von Menschen wahrscheinlich mit ihrem Geld und ihrer Arbeit tun wird. Dann sprechen wir nach Möglichkeit Empfehlungen dafür aus, wie man das Ergebnis verändern könnte.«
»Und damit verbringt ihr euer Leben?«
»Tja, ich schätze, das klingt alles verdammt sinnlos, nicht? Vielleicht bin ich deshalb bereit, die Spiele so ernst zu nehmen – sie sind auch nicht unwirklicher als alles, womit ich sonst meine Zeit verbringe. Ich bin Wirtschaftswissenschaftler geworden, weil ohne Wirtschaftskenntnisse gar nichts einen Sinn ergibt. Weshalb waren meine Eltern arm? Und unsere Verwandten in Amerika so reich? Weshalb schickt Amerika seinen Müll nach Indien? Und Indien sein Holz nach Amerika? Weshalb schert sich irgendwer um Gold?
Das war das wirklich Faszinierende für mich. Gold ist eigentlich völlig nutzlos, weißt du? Es ist schwer und ziemlich ungeeignet dafür, irgendwas daraus herzustellen – viel zu weich. Aus Edelstahl könnte man viel besseren Schmuck machen.« Er klopfte mit dem verzierten Ring an
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