Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
Regierungen können also Steuern erheben. Leute, die zu viel Steuern zahlen müssen, werden bei den nächsten Wahlen aber wahrscheinlich nicht mehr für dich stimmen. Und wenn du ein Diktator bist: Nichts bringt die Revolutionäre schneller auf die Straße als maßlose Steuern. Von daher sind Steuern nur bedingt nützlich, wenn du einen Krieg finanzieren willst.«
    »Und deshalb mögen Regierungen Inflation?«
    »Wieder richtig! Zunächst mal drucken sie bergeweise Geld für Raketen, Panzer und so weiter. Gleichzeitig leihen sie sich noch so viel zusammen wie möglich. Später, wenn die Preise und die Löhne immer mehr steigen – sagen wir mal, auf das Hundertfache – , ist es auf einmal ganz leicht, alle Schulden zurückzuzahlen. Denn vorher hat man dafür vielleicht den Lohn von tausend Leuten gebraucht, jetzt reicht auf einmal ein einziger Lohn dafür. Natürlich steckt derjenige, der dir das Geld geliehen hat, jetzt ganz schön in der Klemme; aber bis dahin hast du deinen Krieg gewonnen und bist wiedergewählt, und das alles, ohne dass du dein Land mit Schulden in die Knie zwingen musstest. Bravo!«
    Yasmin ließ sich das durch den Kopf gehen. Sie fand es erstaunlich einleuchtend: Sie musste dazu nur an die Preisentwicklung bestimmter Güter in den Spielen denken. Manche Spieler würden von einer Inflation wahrscheinlich profitieren, andere nicht. »Regierungen können eine Inflation aber auch für andere Dinge als zum Kriegführen benutzen, oder?« Sie dachte an die Politiker, die sich im Wahlkampf gelegentlich nach Dharavi verirrten, und deren Versprechungen. »Man könnte mit einer Inflation doch auch Schulen und Krankenhäuser und so was bezahlen. Auf die Art bekommt man sicher eine Menge Stimmen.«
    »Aber sicher, das ist die andere Seite der Gleichung: Regierungen versuchen immer, wiedergewählt zu werden – mit Waffen, Butter oder beidem. Natürlich kriegt man eine Menge Stimmen, wenn man viele Krankenhäuser oder Schulen baut. Aber Inflation ist wie fettiges Essen: Irgendwann zahlt man immer den Preis dafür. Sobald die Hyperinflation einsetzt, kann niemand mehr die Lehrer, Krankenschwestern und Ärzte bezahlen. Von daher wird die nächste Wahl dann wahrscheinlich auch diejenige sein, bei der die amtierende Regierung abgewählt wird.
    Die Versuchung ist trotzdem groß, sehr groß sogar. Und hier kommt nun das Gold ins Spiel. Hast du schon eine Ahnung, wie?«
    Yasmin überlegte. Gold, Inflation; Inflation, Gold. Beides tanzte in ihrem Kopf herum. Dann hatte sie es: »Man kann nicht mehr Geld drucken, wenn man nicht auch mehr Gold besitzt, richtig?«
    Er strahlte sie an. »Hundert Punkte!«, rief er. »Genau darum geht es. Deshalb mögen reiche Leute Gold so sehr. Es diszipliniert einen, wie ein Polizist in der Schatzkammer, und hält Regierungen davon ab, ihre Dummheiten mit frisch gedrucktem Geld zu finanzieren. Wenn du viele Ersparnisse hast, dann willst du, dass sich die Druckfreudigkeit deiner Regierung in Grenzen hält, denn jede Rupie, die neu gedruckt wird, schmälert deinen eigenen Reichtum. Aber keine Regierung hat genug Gold, um alles Geld abzudecken, das sie gedruckt hat. Manche Regierungen füllen ihre Schatzkammern deshalb mit anderen Währungen, zum Beispiel mit Dollar oder Euro.«
    »Dollar und Euro basieren also auf Gold?«
    »Nicht im Geringsten! Nein, sie werden bloß von anderen Währungen gestützt. Dazu etwas Metall, viele Träume und Prahlerei. Unterm Strich basiert es alles auf gar nichts!«
    »Genau wie das Gold im Spiel!«, rief sie.
    »Wieder hundert Punkte! Selbst Gold wird nicht von Gold gestützt! Wenn du dir im wirklichen Leben Gold kaufst, bekommst du meistens nur ein Zertifikat, auf dem steht, dass dir jetzt irgendwo auf der Welt in irgendeinem Tresor ein Barren Gold gehört. Der Postbote wirft ihn dir aber nicht durch den Briefschlitz. Und das ist das schmutzige Geheimnis: Es ist mehr Gold über Zertifikate erhältlich, als jemals aus dem Boden geholt wurde.«
    »Wie ist das denn möglich?«
    »Was glaubst du?«
    »Irgendwer druckt Zertifikate, ohne überhaupt Gold zu besitzen?«
    »Gute Idee. Ich glaube ja, dass Folgendes passiert: Nehmen wir mal an, du hast einen Tresor voller Gold in Hongkong. Sagen wir mal, tausend Barren. Du verkaufst die tausend Barren über Zertifikate und schließt die Tür ab. Eine Weile später geht irgendein Sicherheitsmann oder jemand von der Bank in den Tresor und spaziert mit zehn Barren Gold wieder raus. Diese zehn Barren werden dann

Weitere Kostenlose Bücher