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Forellenquintett

Titel: Forellenquintett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Erwachen immer wieder anflog, aber wieder wehrte er es ab, so dass er einen Augenblick später, schon dem Badezimmer zugewandt, nicht mehr wusste, worauf es sich bezogen haben mochte.
     
     
     
    S WR 4 brachte Volkslieder, ein Männerchor sang: »In einem Bächlein helle/da schoss in froher Eil/Die launige Forelle/vorüber wie ein Pfeil...«, und Gerd Hoflach sang im Auto lauthals mit. Am Schwedentobel gab es eine tiefe Stelle, vom Fluss ausgekolkt und von Bäumen beschattet, die sich im ruhig strömenden Wasser spiegelten, und wenn man sie nur in Ruhe ließ, standen sie dort, die munteren Fischlein, sich mit kaum merklichem Flossenschlag gegen die Strömung haltend, und launig? Ja doch, launisch und misstrauisch waren sie, die raublustigen Viecher, und das hatte nichts damit zu tun, ob das Wasser trübe war oder helle. »So fängt er die Forelle/Mit seiner Angel nicht...«, spottete der Chor, und das konnte einem durchaus passieren, Hoflach kannte manchen, der sich seine Forellen beim Fischhändler im Hafen hatte kaufen müssen.
    Hoflach bog in das Sträßlein ab, das talaufwärts führte.
    »Er macht das Bächlein tückisch trübe«, sang es dazu aus dem Radio, und in den Chor mischte sich das Quäken des Mobiltelefons. Was ist das nun wieder für ein Unsinn, dachte er und runzelte die Stirn, kein Fischer macht das Bächlein trübe, das machen die Molkerei und das Papierwerk und unsere ganze liebe Landwirtschaft, und was ist das überhaupt für ein Gequäke? Er tastete nach dem Schalter für die Freisprechanlage des Mobiltelefons und zögerte. Falls es die alte Frau war und er sich nicht meldete, konnte er es darauf schieben, dass er im Funkloch gewesen sei. Aber wie er sie kannte, würde sie es immer und immer wieder versuchen. Staubsauger kaputt? War Nachbars Katze wieder in den Rabatten gewesen?
    Resigniert legte er den Schalter um. »Hoflach.«
    »Scheff«, meldete sich die gepresste Stimme von Dragutinovic. »Isse ein Problem, komme lauter Schaum...«
    Hoflach fluchte. Eine nagelneue Anlage, ausgefeilt wie ein Schweizer Präzisionschronometer und so teuer wie eine Wagenladung davon, was hat so etwas ein Problem zu haben!
    »Und eh ich es gedacht«, sang der Chor, »so zuckte seine Rute/ Das Fischlein zappelt dran...« Hoflach stellte den Ton ab. »Oben am Schaltpult ist eine Telefonnummer«, sagte er, »ruf da an, das ist eine Hotline, und hör gut zu, was sie dir sagen.«
    »Scheff«, sagte Dragutinovic, »hab ich schon, aber da kommt immer nur tatütata und dann...« - seine Stimme veränderte sich - »... holt tze lain , immer nur: holt tze lain ... und dann, Scheff, noch was...«
    »Was, zum Teufel?«
    »Isse einer drin, inne Schaum, mein ich...«
    »Ist gut«, sagte Hoflach und trat auf die Bremse. »Ich bin so schnell da, wie’s geht, schalt inzwischen einfach alles ab.«
     
     
     
    K urz nach neun Uhr war die Post gekommen, irgendetwas von der Bank darunter, Jehle war mit dem Brief in die vergitterte Kammer gegangen, die ihm als Büro diente, und hatte ihn ungeöffnet in die Schublade seines Schreibtisches legen wollen. Elisabeth war dazugekommen, schon wieder mit Kopftuch und in ihrem hellen Mantel, sie wolle für ein oder zwei Stunden ins Dorf, noch ein paar Sachen besorgen... Martin Jehle horchte auf.
    »Was für Sachen?«
    »Ach, musst du immer alles wissen? Und was ist da überhaupt« - sie zeigte auf die offene Schublade - »für ein Brief gekommen? Er sieht unangenehm aus.«
    »Der hat nichts zu bedeuten«, erklärte Jehle, es gehe um die Anpassung der Zinssätze für die beiden Hypotheken, »eigentlich nur eine Formsache...«
    »Ja dann«, meinte Elisabeth. »Meinst du, die Banken könnten ihre Formsachen auch einmal so einrichten, dass es nicht unser Geld kostet?«
    Dann ging sie, und Jehle kehrte in den Laden zurück, in den sich in diesem Augenblick eine ältere Frau mit einem Kinderwagen zwängte, so dass die Auszubildende Stefanie eilends den Zeitungsständer zur Seite schieben musste, um Platz zu schaffen. Einen Kinderwagen konnte man sonst bequem vor dem Laden abstellen, aber Martin Jehle war es klar, dass Alma Frogesser sich niemals darauf eingelassen hätte, denn in dem Kinderwagen lag ihr Enkelkind, nicht eine Sekunde würde sie es aus den Augen lassen, übrigens war es schon ihr zweites Enkelkind...
    »Das erste war ja ein Mädchen, ein ganz niedliches, aber diesmal ist es ein richtiger Bulle geworden, Sie kennen ja meine Audrey, sie ist wirklich ein zartes Ding, und dann dieser

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