Forever in Berlin
um die Ecke trinken, haben sich dann erst das Taxi geteilt, später die Nacht. Sie trug diese Hornbrille auf der Nase, die ihren intellektuellen Anspruch unterstreichen sollte. Lederjeans umhüllten ihre endlosen Beine, die in Stiletto-Stiefeln endeten. Sexy Gymnasiallehrerin, fiel Tim gestern Abend nur dazu ein. Irgendwie erinnerte sie ihn an Frau Glockenberg, Geographie und Sport, die alle Jungs früher in der Schule scharf fanden. Was hatten sie damals für Scherze gerissen wegen ihres Namens!
An diesem Morgen sah Tim –in noch einmal prüfend an. Unter seiner Gürtellinie regte sich sofort etwas. Ob vielleicht noch eine kleine Morgennummer drin war?, überlegte er kurz, verwarf den Gedanken aber sofort. Wenn er sie jetzt weckte und sie erneut Sex hatten - spektakulären Sex immerhin, das war quasi garantiert -, dann würde sie danach sicherlich kuscheln wollen. Und mit ihm frühstücken.
Jetzt wurde Tim doch irgendwie flau. Tim Adler kuschelte nicht. Er fand schon das Wort kuscheln beklemmend. Es erinnerte ihn an die Teddybärchenabteilung bei Karstadt. An „Kuschelrock, Volume 1 bis 18”. Er musste raus hier. Und zwar sofort.
Vorsichtig hob er seine Beine aus dem Bett und stand ganz langsam auf. Nach so einer Nacht mit viel Alkohol und noch mehr Sex fühlte er sich mit seinen 29 Jahren mittlerweile immer wie ein alter Mann. Er musste vorsichtig sein. Bei der Blondine letzte Woche hatte er beim Aufstehen Kreislaufstörungen. Kreis-lauf-stö-run-gen? Seit wann gab’s denn so was?
Und er wollte –in auf keinen Fall wecken.
Auf Zehenspitzen schlich er davon, um seine Klamotten zusammenzusuchen, die quer durch die prächtige Altbauwohnung der Journalistin verstreut lagen. Klar, zuerst war Madame auf dem Wohnzimmerteppich vor ihm auf die Knie gegangen. Seine Erektion wuchs gleich noch ein bisschen, als er nur daran dachte. Dann hatten sie sich aufs Bett verlagert. Seine Unterhose musste irgendwo in der Nähe des Esstisches gelandet sein. Bloß wo?
Als er sich auf alle Viere niederließ, um nach dem guten Stück zu fahnden, immerhin ein Designer-Modell im Camouflage-Look für satte 50 Euro, stieß er mit dem Knie ans Tischbein.
„Autsch”, zischte er, und die leere Schampusflasche, die eben noch auf dem Tisch lag, rollte in Zeitlupe über die Kante. Und landete polternd auf dem Parkett.
„Shit”, murmelte Tim und blickte hinüber zum Bett, wo
-in sich jetzt leider regte. Sie war aufgewacht. Verflucht, dachte er.
Madame -in setzte sich auf, rieb sich die Augen und sah ihm leicht verwundert dabei zu, wie er unter ihrem Esstisch hervorkrabbelte und Deckung suchte.
Tim hielt sich die Champagnerflasche vor den Schoß, aber die Erektion, die er in Erinnerung an Frau Glockenberg und den gestrigen Abend vor sich hertrug, war nun wirklich nicht zu übersehen. Eigentlich war er auf die spontane Bereitwilligkeit von Timmy immer ganz stolz gewesen, aber heute hätte er ihm gerne etwas Entspannung gegönnt. Schließlich musste er um neun im Café sein. Die Kollegen würden ihm die Hölle heiß machen, wenn er wieder mal zu spät kam. Vor allem die strenge Lilly, mit der er sich die Morgenschicht teilen sollte.
–in hob verwundert die Augenbraue. „Ach, Du bist immer noch da?”, fragte sie dann langsam. „Wow, und schon wieder im Angriffsmodus! Hätt’ ich dir gar nicht zugetraut, Soldat.” Sie schlug das Bettlaken zurück. Ihre nackten Brüste schauten ihn herausfordernd an. Wohlig wie eine Katze räkelte sie sich.
Lilly!, dachte Tim. Das Café! Frühschicht! Aber auch: Frau Glockenbach! Wer war er, dass er sich solcher Gastfreundschaft widersetzte? Schließlich konnte –in nichts dafür, dass er seinen stilvollen Abgang vermasselt hatte. Stunden zuvor. Mit einem tiefen Seufzer stapfte er hinüber zum Bett. Der stramme Soldat ergab sich seinem Schicksal. Und stürzte sich in den einladenden, aber verhängnisvollen Abgrund.
Autoreninterview mit Mia Landorf & Max Crome
Frage : Mia und Max, stellt Euch doch bitte erst einmal kurz vor.
Mia : Ich schreibe unter dem Pseudonym Mia Landorf. Im wahren Leben bin ich Redakteurin bei einer deutschen Frauenzeitschrift, wo ich unter anderem die Sexkolumne schreibe. Kein Scherz! Was mein Alter angeht, bin ich ein bisschen eitel und sage, dass ich 29fünfachtel bin. Will heißen: Ich habe nach meinem 29. Geburtstag aufgehört, weiter zu zählen. Mit meinem Kater Klitschko lebe ich in einer kleinen Stadt außerhalb von München.
Max : Als Autor nenne ich mich
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