Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
Vom Netzwerk:
Netz
abgeschlossen. James erkannte den scharfen Geruch des Fängergarns bereits.
Kleine Gegenstände schaukelten in den Fäden, und ähnliches Zeug hing auch von
der Decke herab, besonders über den beiden Pritschen am Rand. Auf der einen lag
ein Mann reglos unter einer dicken, gewebten Decke.
    James grüßte. „Kriope schickt mich. Sie sagt, Sie
haben Schmerzen.“
    Der Mann schien ihn jetzt erst zu bemerken, hatte
vielleicht geschlafen. „Hakemi?“, fragte er heiser.
    James nickte.
    „Ja, Schmerzen. Die Beine sind weg. Großer
Steinbrocken drauf … mussten sie abhauen. Mit ‘ner Axt. Seitdem – Schmerzen.“
James überlief es kalt, aber seinen Patienten schien das Reden zu beleben. „Die
Kruke, Junge –“
    Also nahm er die Kruke, die am Gestänge des Wagens
hing, und goss Wasser in den Becher. Während er dem Mann beim Trinken half,
versuchte er sein Alter und seinen Zustand einzuschätzen. Die großen,
schwieligen Hände waren knochig und zitterten vor Schwäche. Sein Gesicht war
völlig ausgezehrt, und er hatte kaum noch Zähne im Mund. Aber sein Haar war
noch schwarz, mit nur wenig Grau darin. Fünfzig vielleicht? Nach zwei, drei
Schlucken sank er erschöpft auf das Lager zurück.
    „Wie heißen Sie?“
    „Dionyssu. Hast du was gegen die Schmerzen? Rakuutsp
vielleicht? Kriope sagt, sie hat kein Geld dafür … will bloß nicht, dass ich
mit dem Zeug anfang. Als wenn’s nicht egal wär.“
    „Darf ich mir Ihre Beine – äh – die Verletzung mal
ansehen?“
    „Klar. Nur, ’n schöner Anblick isses nicht.“ Er
versuchte die Decke aufzuschlagen, aber selbst dabei musste James helfen. Die
Beine waren über den Knien abgehauen. Eine miserable Amputation, die knollige,
schlecht vernarbte Stümpfe hinterlassen hatte mit eitrigen Stellen überall.
James überwand seinen Schock und den Wunsch, abzuhauen. Der Mann musste
wirklich höllische Schmerzen haben. Seine Finger ertasteten mehrere Knochenstücke
in den Stümpfen. Hier konnte nur ein guter Chirurg helfen – drüben , in
einer Klinik. Verdammt. Nicht einmal ein Antibiotikum gegen die Entzündungen
hatte er hier. Ein Wunder, dass der nach – was hatte Kriope gesagt? Ein halbes
Jahr?! Dass der nach der Zeit überhaupt noch lebte –
    „Rakuutsp, Junge, das würd mir helfen! In den Minen
gibt’s immer jemanden, der das verkauft. Is doch Zeit, sich um ’nen angenehmen
Tod zu kümmern, oder etwa nich?“
    James stand neben der Pritsche und dachte nach. Der
kleine Junge hatte sich herangewagt und starrte ihn mit großen Augen an, sogar
der Daumen rutschte ihm langsam aus dem Mund.
    Er hatte noch acht Ibuprofen-Tabletten. Ein Witz,
angesichts dieser Sache hier. Er brauchte etwas, um die Entzündung einzudämmen,
und versuchte sich darauf zu besinnen, welche Pflanzen da von Nutzen sein
könnten. Von Heilpflanzen hatte er keine Ahnung. Dunkel erinnerte er sich, dass
man aus Weidenrinde Salicylsäure gewinnen konnte. Irgendwie. Und das war’s.
    Die Antwort lautete wohl Jakobe , musste er sich
eingestehen. Vielleicht war es ja gar keine schlechte Idee, mit ihr
zusammenzuarbeiten und dabei etwas über Heilbotanik zu lernen. War vielleicht
kein Kurs, der ihm auf der Uni angerechnet wurde, und auch die Chudderley würde
es wohl kaum milder stimmen. Aber wenn er hier noch länger den Hakemi machen
musste, war es auf jeden Fall eine gute Idee. Wobei man nur hoffen konnte, dass
Jakobe sich mit Pflanzen besser auskannte als mit dem Kochen.
    „James, bist du hier drin?“ Stanwells Gesicht schaute
über den Wagenrand herein. „Ich glaub, du kriegst noch mehr Kunden, brakka .“
    „Wieso? Was ist denn?“
    „Da sind zwei Leute aus dem Dorf angekrochen, die
sagen, sie wollen zum Hakemi.“
    „Ach du Scheiße“, murmelte James. Da musste wohl
Kriope das Maul zu weit aufgerissen haben. „Hör mal, kannst du Jakobe herrufen?
Ich glaub, ich brauch ihre Hilfe.“
    Stanwell zog die Augenbrauen hoch. „Na, ich versuch’s
mal.“
    Jakobe kam, nach einer angemessenen Wartezeit. Ihrem
Blick entnahm James, dass sie seine Einmischung im Fall Piro weder vergessen
noch vergeben hatte, obwohl der Patient gesund geworden war. Sie ließ sich das
Problem und auch den Vorschlag vortragen, und in James verdichtete sich das
Gefühl, dass seine Idee von einer Zusammenarbeit sich nicht leicht in die Tat
würde umsetzen lassen. Diese Frau war so launisch und setzte so offenbar die
falschen Prioritäten – das konnte nicht gutgehen.
    „Weidenrinde, gekocht“, sagte sie

Weitere Kostenlose Bücher