Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
hier und jetzt an Google zu denken! – aber auch das hatte nichts
gebracht. Treppenstufen schlafen nie erschien nicht, nirgends, niemals.
Und was bei Google nicht erschien, das existierte auch nicht, so war das eben
drüben, richtig? Es konnte irgendwas sein, irgendein Blödsinn, sogar
Teil einer Sterbehalluzination, wenn man ehrlich war!
Hatte er gedacht. Bis vorhin.
Oh verflucht. Jetzt drehte sich auf einmal alles um
ihn. Der Schweiß brach ihm aus, dafür war sein Mund völlig ausgetrocknet.
Patientenbesuche musste er wohl erst mal streichen. Weitere tastende Schritte
durch den Park. Unebener Boden, Laub, Sträucher, hier und da Seen aus
Pflanzendüften. Man musste aufpassen. Wenn er jetzt auf einen Cabbacubb trat,
war er erledigt … Der Bach – er wollte an den Bach. Kaltes Wasser würde
vielleicht helfen.
Er schaffte es an ihrem Lager vorbei und fand eine
Stelle an der Bachböschung, die nicht in völliger Dunkelheit lag, sondern noch
einen Schimmer von den Lagerfackeln abbekam. Dort legte er sich einfach ins
Gras – für Gelichter aller Art hatte er keinen Nerv mehr übrig. Nicht mal bis
ans Wasser kam er noch. Ihm war so schlecht wie noch nie in seinem Leben.
Obwohl er jetzt lag, kippte die Welt immer noch unter ihm weg, weg von den
Flugdrachen hoch oben, glühende Schweife in der Dunkelheit –
Er musste das Trukvister loswerden, bevor er noch vom
Rand der Welt fiel! Der kalte Schweiß lief ihm über die Stirn, aber es dauerte
ewig, bis sich das Zeug endlich entschloss, den Rückweg nach oben zu nehmen. Danach
blieb er liegen, fühlte sich leer und ausgelaugt und lächerlich und starrte in
das Stück Himmel zwischen den Baumkronen über ihm. Mondlicht und die Ballons
mit der Palinteglut machten die silbrigen Fäden der Netzkuppel über dem Gut
jetzt weithin sichtbar. Hin und wieder glaubte er, jenseits davon ein Flattern
zu sehen, näherkommende und wieder abdrehende Schatten.
Ich muss über die Schlepper nachdenken … über Geld …
über diese komischen Wege …
Aber die Treppenstufen waren nicht zum Schlafen zu
bringen.
Wenn ihn diese Stimmung zuhause überfiel, gab es zwei
Möglichkeiten, damit fertig zu werden. Eine war der MP3-Player, Musik, so laut,
dass sie einem das Hirn rausknallte. Entombed, Morbid Angel – Death Metal war
nicht schlecht dafür. Hauptsache, es war laut und schnell und ohne verlogene
Harmonien. Die andere Möglichkeit war ein Besuch bei Karen. Und vielleicht
standen diese Besuche unter denselben drei Bedingungen.
Hatte er eben wirklich erwogen, einfach zu Haminta zu
gehen? Weil die ihn angelächelt hatte und er spürte, dass – okay, dass er
vielleicht nicht weggeschickt worden wäre? Wann hatte er eigentlich das letzte
Mal an Karen gedacht? An Orla dachte er immer wieder, ihr Bild war wie ein
Hintergrund für seine Gedanken, was schon seltsam genug war. Aber Karen?
Das ist vorbei, verflucht! Das war doch ihr Beschluss!
Und wenn man es genau bedachte, war es verständlich, dass sie sich von ihm
getrennt hatte. Anfangs hatte sie sich gefreut, dass er manchmal mitten in der
Woche abends plötzlich bei ihr in Oxford auftauchte, wo sie ihre
Buchhändlerlehre machte. Bis sie merkte, dass es ihm, wie gesagt, nicht um Harmonien
irgendwelcher Art ging.
Nein, Treppenstufen schliefen niemals. Sie wachten
immer, hatten mit boshaften Augen immer gewacht seit jenem Abend vor sechs
Monaten, und deshalb war er eigentlich auch nicht so überrascht gewesen vorhin.
Sie waren überall, diese Treppenstufen. Man entkam ihnen nicht.
Sechs Monate, und es war so lebendig in ihm, als
stünde er immer noch dort auf der Straße.
Cloverfield .
Damit hatte der Abend begonnen. Mit Cloverfield hatte Sam sie wochenlang
genervt, da müssten sie diesmal unbedingt alle rein, das wäre so was wie in den
guten alten Blair-Witch -Zeiten. Und an diesem Freitagabend im Februar
hatten sie das also gemacht. Waren sogar zu diesem verlotterten kleinen Kino
irgendwo in der Pampa rausgefahren, das Sam auserkoren hatte, weil es sich auf
das Genre spezialisiert und ein entsprechend kultiges Ambiente hatte.
Er selbst war eigentlich über die Begeisterung für
Horrorfilme hinaus, aber nach zehn ununterbrochenen Tagen Schwester Chudderley
war ein bisschen Monstergrusel eine willkommene Abwechslung. Außerdem fand er
die Idee, wie in alten Schulzeiten mal wieder etwas zu viert zu unternehmen,
ganz nett. Karen war nicht so gern mit seinen Freunden zusammen, Sam hatte keine
Freundin, und Adrians Mädchen des
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