Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
sie Recht behält und dieser verdammte Tosu wirklich die Welt in
Schutt und Asche legt – das wäre für sie der endgültige Sieg über mich!
Die Erfrischung, die das Bad gebracht hatte, hielt
nicht lange an. Die Luft schmeckte wie fader Sirup und klebte auch so auf der
Haut. Es wurde dämmrig, aber in den Straßen herrschte unverminderter Betrieb.
Wieder fielen ihm die Grüppchen ratloser Treibser auf, die überall herumlungerten.
Im Vorbeigehen schnappte er Fetzen von Gesprächen darüber auf, wohin man sich
nun wenden sollte. Zurück? Am Hafen auf die nächsten Schiffe warten und hoffen,
dass man sie dort an Bord ließ? Ob man den Nordträumern trauen könnte? Warum so
viele Valdannen auf die Schiffe gingen, während man ihnen doch andauernd
erzählte, Bleiben wäre sinnvoller?
Er horchte auf. Valdannen, die an Bord gingen? Machten
sich also doch welche von denen aus dem Staub?
Erst als er sich an einer Garküche etwas zu essen
holte, wurde ihm bewusst, dass er, ohne darüber nachzudenken, die Besuche bei
Freunden, die er sonst immer machte, heute ausfallen ließ. Er schämte sich,
aber er hätte keine weiteren Fragen zum Thema Katastrophenschutz mehr ertragen.
Mit einem Teller Wasserpilfa, Pilzen und zarter Flussschildkröte setzte er sich
an einen Tisch vor der Garküche, an dessen anderem Ende vier Männer und eine
Frau in Karuleiru-Tracht beisammensaßen, und hörte ihrem Gespräch zu. Auch sie
hatten vergeblich versucht, an Bord einer der Nordfähren zu kommen. Aber anders
als der Custodian heute Nachmittag und die Nordträumer waren sie der Ansicht,
dass das Flugblatt mit der Warnung nicht von der Pelektá stammte. Offenbar gab
es Treibser, die ihre Sache endlich selbst in die Hand nahmen und versuchten,
ihre Leute in Sicherheit zu bringen.
Dann kam eine weitere Frau an den Tisch und brachte
eine Schale mit getrockneten Tomaten mit, die sie den anderen anbot, bevor sie
sich selbst eine nahm. Und als er die Frauenhand sah, wie sie die getrocknete
Tomate hielt, klatschte der Gedanke an Kate wie eine Ohrfeige in sein Gesicht.
Kasherdiakku !!
Wie hatte er sie einfach wegjagen können?! Was immer sie war, sie war fremd
hier! Sie war allein! Wie hatte die Wut dermaßen mit ihm durchgehen können?!
So hilflos ist die nicht!, verteidigte er sich gegen
seine eigenen Gedanken. Die ist allein vermutlich schneller beim Éllambru als
mit mir zusammen!
Er wusste, dass es unhöflich war, aber er konnte den
Blick nicht von der fremden Frau wenden, wie sie von der Tomate abbiss. Ihm
wurde ganz komisch dabei.
Tatsache ist doch, sie hat keine Ahnung von dieser
Welt hier … sie kommt von drüben, ich weiß das, ich fühle das, ich will es bloß
nicht glauben, weil es die Dinge so kompliziert macht! Und sie ist so verdammt
unvorsichtig! Sie wird in Tulsa landen, wenn niemand auf sie aufpasst! Auch
wenn sie da vielleicht sogar hingehört …
Er schluckte. Sikka ! Er konnte es nicht. Er
konnte Kate nicht einfach dem Lauf der Dinge überlassen!
Dann merkte er, dass er darauf wartete, dass die
Fremde ihre Finger ableckte, so wie Kate es heute Morgen getan hatte. Er zwang
seinen Blick zur Ordnung, aber der Appetit auf Schildkröte und sogar die Freude
am eisgekühlten Shervis waren ihm vergangen. Das komische Gefühl breitete sich
noch weiter in ihm aus.
In der nächsten Stunde stellte er fest, wie viele
Frauen mit grünen Kopftüchern in dieser Stadt unterwegs waren. Es wurde immer
dunkler, die Hosenträger scheuerten auf seinen Schultern, wo sich die Sonne
heute durchs Hemd gebrannt hatte, und seine Stimmung verdüsterte sich mit jeder
Minute. Er würde sie nicht wiederfinden – wie auch, in einer so großen Stadt,
unter so vielen Menschen?! Vielleicht war sie gar nicht mehr hier! Sie wusste
ja, dass es auf dem anderen Flussufer weiterging, durch den Bult nach Orolo
hinein.
Es hatte keinen Sinn, weiterzusuchen. Morgen würde er
mit dem Wagen hinterherfahren. Erschöpft und verstimmt ging er weiter, bis er
vor der Two-Tinks stand. Auf beiden Geschossen der Brücke brannten schon die
kleinen Lampen.
Das Untergeschoss der Two-Tinkertons war für Wagen und
Fuhrwerke gedacht. Zwischen den mächtigen Brückenpfeilern gab es hier, wie in
Rhondaport, kleine Läden. Viele Meter darüber befand sich ein Überweg nur für
Fußgänger, den man über endlose, steile Steintreppen und am Ende über Leitern
erreichte. Da hinauf stapfte er nun doch noch, aus alter Gewohnheit, weil es
eben zu seinen Besuchen in Parrot’s Fork
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