Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
hatte er eine Uhr repariert, und
dafür brauchte man Konzentration und ruhige Hände. Er hatte beides erzwungen
und alles andere aus seinen Gedanken verbannt. Jetzt fühlte er sich viel besser.
Baden, was Ordentliches essen und dann – mal sehen. Und morgen nicht zurück über den Akbarnen und zum Keberpass, sondern weiter nach Nordosten, nach
Orchrai. In spätestens vier Tagen würde er da sein. Er war wieder ein freier
Mann.
Er hätte Kate vielleicht nicht so anbrüllen sollen.
Wenn ihre Geschichte stimmte, dann war sie schlimm genug dran. Man konnte ja
verstehen, dass sie sich ein paar Informationen verschaffen wollte, auch wenn
sie dabei rücksichtslos sein musste. Sikka , er hätte nicht so schreien
sollen. Plötzlich musste er an Oona denken, seine Großmutter oben in Halmyre.
Die hatte ihn als Kind mit dem Teppichklopfer verdroschen, wenn der Jähzorn
wieder einmal völlig mit ihm durchgegangen war. Vermutlich hatte sie Recht
gehabt.
Kashadiu. Vielleicht hätte er doch nicht … nicht so jedenfalls …
Aber es war gut, dass sie weg war, das schon. Es war
verdammt noch mal richtig, dass in seinem Leben kein Platz für Frauen war!
Nicht über die gelegentlichen Besuche in gewissen Häusern hinaus. Die letzten
Tage hatten ihm das deutlich genug gemacht. Blöde Weiber. Intrigante Luder
allesamt. Zeitraubend, nervtötend, ablenkend, unberechenbar. Vermutlich wussten
die nicht mal selbst, woran sie mit sich waren. Vermutlich gefielen die
sich so gerade erst.
Mann, er hatte schon den ganzen Tag immer wieder an
Ellie denken müssen, da musste nicht erst Larkish mit seinem Gequatsche
daherkommen! Allein das war schon Grund genug, Kate rauszuschmeißen. Wenn ihre
Anwesenheit Erinnerungen an seine Ehe heraufbeschwor.
Dabei war es jetzt schon fast ein Jahr her, dass er
Aube verlassen hatte und das Haus, das der alte Autrejaune seiner Tochter
geschenkt hatte. Trotzdem konnte er immer noch die Erleichterung spüren, die
ihn erfüllt hatte, als er die Tür hinter sich zugeknallt hatte und einfach
davongefahren war. Seitdem war er nicht mehr dort gewesen, hatte mit Ellie
selbst nicht mehr gesprochen – alles Nötige war vorher gesagt worden. Mehr als
das und laut genug.
Ellie … die süße Merelle Autrejaune … ja, er hatte sie
vor Augen, wie sie damals ausgesehen hatte, bei jenem Empfang, auf den Larkish
vorhin angespielt hatte. Damals war sie schon ein bisschen berühmt gewesen. Sie
hatte gegen alle Widerstände konservativer Familienmitglieder ein Buch über
ihre spektakuläre Reise in den Norden veröffentlicht. Die Leute, vor allem die
Frauen, zerrissen sich das Maul über sie, weil sie in reiner Männergesellschaft
gereist war und nicht davor zurückschreckte, ihre Erlebnisse samt allen
unappetitlichen Einzelheiten öffentlich zu machen.
Zwanzig war sie damals gewesen, ein knappes Jahr
jünger als er selbst, und gewohnt, ihren Willen immer durchzusetzen. Zusammen
mit Rowland, ihrem fünf Jahre älteren Bruder, hatte sie auf dem heimatlichen
Gut in Maikonnen Privatunterricht gehabt – Latein und Griechisch, Geographie
und Mathematik und wer weiß was noch. Schon als kleines Mädchen war sie aufs
Reisen versessen gewesen, hatte ihren Bruder glühend beneidet, als der sich
schon mit sechzehn Jahren mit seinen Expeditionen in unerforschte Gebiete einen
Namen machte. Mit achtzehn hatte sie sich, als Diener verkleidet, in Rowlands
Reisegesellschaft eingeschlichen und war mit ihnen bis Skilsinen gekommen,
bevor ihr Inkognito entdeckt wurde – so zumindest wollte es die Legende. Auf
diese Weise war sie die erste Valdannen-Frau geworden, die es hinauf in das
ewige Eis der Baragana schaffte. Als die Reisegruppe dann gezwungen war, in
einem Vigdal zu überwintern, hatte sie genug eigene Abenteuer zu berichten, um
selbst berühmt zu werden.
Er war so verliebt in sie gewesen! Sie war so ganz
anders als die übrigen blassen Valdannen-Mädchen. Interessierte sich für die
Welt und setzte sich über Regeln und Zwänge hinweg, um ihre Ziele zu erreichen.
Und schön war sie auch noch. Grüne Augen, strahlend vor Wissbegierde und Leben,
langes, hellbraunes Haar, aus dem sie verrückte und aufregende Frisuren
fabrizierte. Sie tanzte wie eine Elfe und ritt wie ein Mann, war durchtrainiert
und beweglich. Das verdankte sie den Wintern, in denen sie mit ihrem Bruder an
den Hängen des Nörderkellen Ski lief, und den Sommern am Sund, wo die
Autrejaunes ein Sommerhaus hatten und wochenlang segelten.
Gegen so viel
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