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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Gesicht gezogen, sodass die Krempe es beschattete. Hin und
wieder hustete er. Räusperte sich. Ein paar Mal schien es, als wollte er etwas
sagen. Aber da kam nichts. Es war, als könnte er einfach kein Wort
herausbringen. Eigentlich hatte es was Komisches. Das war doch wohl kaum sein
erster überstürzter Notfallsex gewesen. Warum also die Verlegenheit?
    Weil er sonst immer weggehen kann, wenn er fertig ist,
und die Frau nicht noch neben sich im Wagen kutschieren muss, deshalb, dachte
sie spöttisch.
    Irgendwann kamen ein paar staubüberkrustete Hütten
hinter einem seltsamen Zaun in Sicht, an einem Weg, der von der Straße nach
rechts in die Sandöde abbog. Auch hier war auf weiter Strecke niemand unterwegs.
In der Ferne sah man einige riesige Bäume, deren Umriss sie an Affenbrotbäume
erinnerte. Zwischen ihren kahlen Zweigen hingen kugelige Verdichtungen,
vermutlich Misteln.
    Es wurde Zeit, das Schweigen zu brechen, sonst kriegte
er noch einen Infarkt. Tja, er konnte nicht reden, und sie konnte seinen Namen
jetzt nicht aussprechen, stellte sie fest. Das war verrückt. Aber es fühlte
sich so an, als wäre das jetzt zu intim. Dorian . Nein, ging nicht.
    „Wo geht’s da hin?“
    Wieder räusperte er sich. „Nach Tulsa.“
    „Tulsa, das Gefängnis?“
    Er nickte.
    „Das ist in Orolo?“
    „Ja. Nicht weit von der Grenze zu Ceraloc und
Maikonnen.“
    „Ceraloc, das ist die Präfektur, in der Ghist liegt,
richtig?“
    Wieder nickte er.
    „Gibt’s hier gar keine Pflanzen? Nur diese paar toten
Bäume da drüben?“
    „Japento-Bäume. Die sind nicht tot. Sie tragen nur
alle paar Jahre Blätter. Aber stimmt schon, das hier ist Totland. Nach dem
Ausbruch der Éllambru-Feuerfelder ist hier fast nur Staub übriggeblieben.“
    „Der perfekte Platz für ein Gefängnis.“
    „Ja. Tulsa ist ein übler Ort.“
    Dann trat wieder Stille ein, bis eine Stunde später
die Stadtmauer von Fasmechora in Sicht kam. Außer zwei Türmen ragten auch
riesige Stangen in regelmäßigen Abständen daraus hervor. Mit ihren Aufsätzen
wirkten sie wie Feldstandarten aus Römerzeiten. Schwarze Vögel breiteten darauf
ihre Schwingen aus und blickten grimmig hinaus in das leere Land. Wovor mussten
die sich hier schützen? Sie waren nur an einem einzigen kleinen Dorf
vorbeigekommen, und das hatte weiß Gott nicht kriegerisch ausgesehen.
    Die Mauern selbst waren fünf, sechs Meter hoch, der
rotbraune Verputz überkrustet von etwas, das wie bizarre Mosaike aussah, sich
beim Näherkommen jedoch als ein Dekor aus zahllosen Schrifttäfelchen,
Figürchen, Münzen, Knochen und mumifizierten Kleintieren entpuppte.
    „Abwehrsprüche. Schutzamulette“, erläuterte Dorian,
als er ihren Blick sah.
    „Schutz wovor?“
    „Fasmechora ist Fasmen-Gebiet. Gespenstergebiet.“
    „Das ist wohl wirklich eine andere Welt hier …“
    Nie hatte sie die Fremde so deutlich empfunden wie in
diesen Minuten, in denen sie auf diese Stadt zufuhren, die laut Dorian die
zweitgrößte in ganz Orolo war. Sie entdeckte riesige Netze zwischen den
Standarten, es sah aus, als sollten sie im hellblauen, staubstumpfen
Abendhimmel fischen … und für einen Moment wollte man nach Luft schnappen, als sei
man hier unter Wasser und habe es bisher nur nicht bemerkt.
    Als sie durch das Tor kamen, hörte sie das Rauschen
der Netze und die Töne des Windes in den Vogelfiguren fünfzehn Meter über
ihnen. Es war, als führen sie in einen seltsamen Traum hinein: diese
schnurgeraden Gassen voller Menschen und Karren, die Häuserblocks mit den
abweisenden, starren Fronten, den winzigen Fensterchen, den fratzenhaften
Ornamenten. Kein Grün. Harsche Rechtwinkligkeit überall, aber auch aus der
quoll das Leben – quer über die Straße gespannte Wäscheleinen, spielende
Kinder, die Düfte von kochendem Essen. Fremde Gesichter, die zum Wagen
hinaufsahen, sie anstarrten. Nach der langen Stille erwischten all diese Eindrücke
sie schutzlos, überrollten ihre Sinne, die noch aufgerissen waren von der
Begegnung mit Dorian.
    Gespenstergebiet …
    Sie musste das wohl laut ausgesprochen haben, denn er
sagte: „Der Ausbruch des Éllambru hat es dazu gemacht. Aber die Leute wollten
die Stadt nicht aufgeben. Haben ’ne Menge in den Gelichterschutz investiert.
Diese Fänger da oben, das ist das Beste, was die Gelichtergarde zu bieten hat.
Übrigens muss jeder Jäger ein paar Monate hier in Fasmechora arbeiten, bevor er
sein Patent bekommt.“
    „Glaubst du denn wirklich an Gespenster?“
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