Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Feuer herum, die Frau des Chefs, da machte man besser nicht
allzu offen gar nichts. Frühstück: Wasser, das nach faulen Eiern stank und
bitter schmeckte, oder dieses absolut widerliche Gesöff, das wie Kaffee aussah,
und dazu Getreidematsch – Halleluja. Ihr Frühstück zuhause bestand aus einer
Cola und Toastscheiben mit Erdnussbutter, die sie mit dem Löffel
draufklatschte, damit es ja nicht zu dünn wurde. Das Ganze dann langsam in sich
reinmampfen und dabei mit einem toten Blick ins Leere starren – das trieb ihre
Mutter jeden Morgen in den Wahnsinn, wenn sie da in ihrem Business-Kostüm vor
dem Flurspiegel hampelte und sie zur Eile antrieb.
„Wieso müssen wir eigentlich die ganze Arbeit machen,
und die da stehen nur rum und qualmen und warten, bis sie bedient werden?“
Der Anblick der rauchenden Männer konnte einen echt
krankmachen. Tagsüber kam sie mit dem Nikotinentzug einigermaßen klar. Aber
morgens, wenn sie hier wieder aufwachte, mitten im Albtraum, der eben
doch keiner war, dann war sie immer so heiß auf eine Kippe, dass sie dafür so ziemlich
alles getan hätte.
„Die Männer, meinst du?“ Nella sah kurz zu
Klampfen-Brogue und dem Chef hin, die vor dem Ulgullen-Wagen herumlungerten.
„Na, das sind Männer. Männer machen keine Kocharbeit.“
Und keine Spülarbeit. Oder Wascharbeit. Oder was auch immer.
Wozu auch? Solange die Frauen sie bedienten! Man musste sich bloß Nella
angucken, wie sie dahockte, das kleine Balg in einer Art Rucksack auf dem
Rücken, und brav Körner mahlte. Als wäre man bei einem Bantu-Stamm gelandet
oder so was.
Aber Nella war ja vielleicht ein bisschen doof, doch
sie war nur ein Jahr älter als sie, und sie redete mit ihr, als wäre sie eine
Freundin und nicht die fette Version von Wednesday Addams. Nella war nett, auch
wenn sie keine Ahnung hatte. Sie hatte ein Kind und einen Mann, der im
Gefängnis saß, und trotzdem hatte sie keine Ahnung vom Leben .
„Du musst richtig draufschlagen und dann quetschen –
so!“, sagte sie gerade und meinte mal nicht die Männer – eins ihrer
Lieblingsthemen – sondern die Körner. „Wie macht ihr das denn im Süden? Oder
hattest du Diener, vor eurer Flucht?“
Nellas große, runde Augen sahen sie neugierig und
arglos an. Sie hatte so ein Puppengesicht, süß und ein bisschen dämlich, und
Puppenhaare hatte sie auch: Gekräusel über der Stirn und den Ohren, Massen krauser
dunkelblonder Haare, die sich auf ihren Schultern häuften und wie lange Stränge
aufgeriffelter Wolle über ihren Rücken ringelten, sogar über den schlafenden
Piro hinweg.
Diener? Na ja. „So was Ähnliches“, grunzte sie und
musste schon wieder an zuhause denken, diesmal an die Putzfrau und an die
Kinderfrau, die sie früher gehabt hatte.
Zwischen den Wagen tauchte plötzlich Bagratuni auf.
Der kam wohl von der Kackegrube, so wie der grinste. Und jetzt ging er zu dem
Käfig mit dem kleinen Bärenvieh weiter. Bagratuni, das verdammte Arschloch …
musste unbedingt das mit Frida rausposaunen … sie hätte ihm die Knochen
brechen sollen. Aber mehr wusste der bestimmt nicht. Die Sache war über zwei
Jahre her. Außerdem waren sie ja jetzt hier. Da hatten sie ganz andere
Probleme. Frida der Frosch … haha. Das kam dem Spasti wohl witzig vor. Echt
armselig. Da hatte Jessica-Leigh Wenders Besseres auf Lager gehabt.
„Rula hat gestern Abend meine Mutter gefragt, ob sie
Carmino heiraten darf“, riss Nella sie kichernd aus ihren Gedanken. „Seit dem
Cabbacubb redet sie dauernd von ihm.“
„Ah“, sagte Pix. Rula war sieben. Das sagte alles.
Jessica-Leigh, die sich Jaylee nannte, war die
Schlauste unter den Dumpftussen in ihrer Klasse gewesen damals. Fast so schlau
wie Frida Sterling, damals noch Daddys kleiner Schatz, der eines Tages
Premierministerin werden würde. War natürlich nur ’n Scherz, Anwältin wollte
sie werden, genau wie Daddy. Aber man konnte ja nie wissen. Und sie war gut, im
Unterricht war sie ein Star, sie wusste schon mit zehn über alles Mögliche
Bescheid, weil sie jeden Abend die Nachrichten sah und die Zeitung und jede
Menge Bücher las – und nicht den Scheiß, den die anderen lasen, irgendwelche
Ich-und-mein-Pony-Bücher oder so was. Die Lehrer waren echt beeindruckt von
ihrem Wissen und ihren Referaten. Darin war sie ein Naturtalent – von Daddy
geerbt, sagte der. Ja, Frida – die hatte geblüht wie ein Eiterpickel.
Jaylee blühte auch, falls Giftpilze blühen, heißt das.
Die hielt sich für ein künftiges
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