Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
Vom Netzwerk:
man so sagen“, antwortete Carmino in
vielsagendem Ton.
    „Die leben seit Jahrhunderten in den Höhlen da drüben
auf der anderen Seite. Der See hat sie gezeichnet. Die haben so eine Krankheit,
bei der Körperteile abfaulen oder sich gar nicht erst entwickeln – und das
kommt vom Seewasser und dieser Luft hier unten –“
    „Wir haben sie gesehen“, sagte James. „Das sah aber
nach Verstümmelungen aus – absichtlichen.“
    „Ja, manche behaupten, dass die Rotten seltsame
Rituale haben, bei denen sie sich verstümmeln. Gerringer, zum Beispiel. Aber
ich vermute, dass für einen großen Teil dieser Fälle eine Krankheit verantwortlich
ist. Man sieht das auch in den Dörfern hier auf der Nordseite oft, und diese
Leute sind Fischer und befolgen bestimmt keine Rotten-Rituale.“
    Sie standen jetzt wieder am steinigen Uferstreifen.
Links von ihnen hingen Fische zum Dörren an einem Gestell – vermutlich konnte
man die hier auch gleich an der Luft pökeln, dachte James. Hinter dem Gestell
kauerte die letzte kleine Hütte, und vor ihrer Tür lag ein Boot. Ein alter Mann
saß darin, sah auf den See hinaus und rauchte eine Pfeife. Die Besucher beachtete
er gar nicht.
    „Er ist also noch da“, stellte Inglewing erleichtert
fest und steuerte das Boot an. Sie folgten ihm nur zögernd. Mit dem roten
Ausschlag auf den Armen sah der Mann irgendwie ansteckend aus.
    Es folgte eine Verhandlung in Graix. In ihrem Verlauf
drehte der Alte auf der Bootsbank sich zu ihnen um und betrachtete sie mit
einem langen, emotionslosen Blick. Inglewing setzte seinen Rucksack ab und
kramte zwei, drei Sackleinenbeutel heraus, von denen sich eine betäubend süße
Duftwolke wie Sirup durch den bitteren Dunst verbreitete. Als er einen Beutel
öffnete, wurde der Alte geradezu lebendig und ließ sich eine Kulimandra zum
Probieren geben. Diesen Genuss zog er dann minutenlang hin, während die Pfeife
neben ihm auf der Bank vor sich hinkokelte. Inglewing untersuchte währenddessen
gründlich das Boot, in dem er saß.
    Die Versammlung vor ihrer Haustür lockte endlich auch
die alte Frau aus der Hütte, die James schon seit einer Weile im Türspalt hatte
stehen sehen. Sie ging um die Fremden herum und begutachtete sie – und den
Rucksack – ebenso gründlich, wie Inglewing das Boot begutachtet hatte. Dann
wollte sie auch eine Kulimandra probieren, besprach sich kurz mit dem Alten,
was dazu führte, dass noch ein Beutel draufgelegt werden musste – und endlich
schien der Handel besiegelt.
    „Wir haben das Boot bis zum Abend“, verkündete
Inglewing seinen Begleitern triumphierend. „Ich schätze, es ist seetüchtig.
Zumindest sehe ich keine Lecks.“
    In diesem Moment rückte die alte Frau mit einem Kessel
an und hielt ihn Inglewing mit einem drängenden Redeschwall hin. Zahnlos lächelnd
sah sie zu, wie er einen Löffel vom Inhalt nahm und schluckte, und quasselte
dann wieder los. Inglewing reichte den Kessel an James weiter.
    „Fischsuppe für uns alle“, erklärte er. „Sie freuen
sich über die Kulimandras und über den Besuch. Schluck es einfach runter. Es
schmeckt ein bisschen – na ja, ungewohnt.“
    James versuchte nicht auf die schwammigen weißen
Stücke zu sehen, die in der erdbraunen Brühe dümpelten. Er schluckte seine
Portion und stellte fest, dass es tatsächlich noch schlechtere Köche als Jakobe
gab. Während er den Kessel an Kate weitergab, beschloss er, nie wieder über
Jakobe zu lästern, wenn dieser Löffel Suppe nur so lange unten blieb, bis sie
außer Sichtweite waren.
    „Das beste gekochte Quallensperma, das ich je gegessen
habe!“, sagte Kate zu der Frau, die sie erwartungsvoll ansah, und überreichte
Carmino den Kessel.
    Sie alle taten ihre Höflichkeitspflicht – alle bis auf
Pix. Die weigerte sich, auch nur den Topf zu nehmen. Die Miene der Gastgeberin
verfinsterte sich, und als Pix sie schließlich anschnauzte, dass sie nicht
länger mit dem Kessel vor ihrer Nase herumwedeln sollte, wandte sie sich
beleidigt um und stapfte in ihre Hütte zurück. Der Alte stand auf und sah die
Fremden mit plötzlichem Missmut an. Er sagte etwas zu Inglewing, und der lief
rot an.
    „ Kasherdiakku , wenn jetzt der Handel
deinetwegen platzt, dann bezahlst du mir die vier Säcke Kulimandras!“, zischte
er Pix an. Diesmal war er wirklich wütend.
    „Du bist echt ’ne dämliche Zicke!“, sagte Carmino.
„Denkst du vielleicht, uns hätte das geschmeckt?“
    „Er will noch etwas als Dreingabe“, sagte Inglewing
erbittert.

Weitere Kostenlose Bücher