Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Die Brogor
– diese Echsen-Typen, ja? Also im Klartext, irgendwelche Hirngespinste! Ich
flipp gleich aus!“
„Tust du jetzt schon.“
„Fresse halten! Ich geh keinen Schritt weiter! Das ist
doch Riesenverarsche! Ich dachte, du hättest irgendwas Richtiges rausgefunden!“
„Hat er auch“, sagte Kate trocken. „Er will es bloß
nicht erzählen. Aber er hat die Stelle schon untersucht, und es gab Hinweise
darauf, dass da wirklich was war.“
„Und woher willst du das wissen?!“
„He, Leute, lasst uns weitergehen, ja? Dieser Rucksack
wird langsam lästig. Wir sehn uns das einfach an, in Ordnung? Ich hab gesagt,
ich bin nicht besonders zuversichtlich in der Sache. Aber viele Alternativen
habt ihr nicht.“
Alles in allem dauerte es eine knappe Stunde, bis sie
unten ankamen. Der Weg nach Derbillu wurde nicht angenehmer. Der Dunst schränkte
die Sicht ein und brannte in Augen, Nase und Hals. Carmino hustete schon die
ganze Zeit. Der See wurde James mit jeder Minute unsympathischer. Seit sie das
Wasser erreicht hatten, hielt er Ausschau nach dem Schwarzwasserzwirn, der hier
laut seinem Hakemi-Kollegen aus Halmyre am Ufer wachsen sollte, aber es gab
nichts als Steine mit gelblichen Algen darauf. Man fragte sich auch, wo hier
überhaupt ein Dorf Platz haben sollte. Bisher war der Uferstreifen nirgends
breiter als einige Meter gewesen. An manchen Stellen war die Felswand zu ihrer
Rechten so nah am Wasser, dass nicht mehr als zwei Leute nebeneinander gehen
konnten.
Um eine weit vorspringende Felsnase kamen sie dann
entgegen Dorians Voraussage nicht trockenen Fußes herum. Sie mussten über
rutschigen Fels klettern, bis über die Knöchel in kaltem Wasser. Blasse Krabben
eilten vor ihren Füßen davon und entschwanden in die undurchsichtige Tiefe.
Aber als sie um den schwarzen Felsen herum waren, erwartete sie jenseits eines
Walls aus Steinblöcken fast so etwas wie ein Strand. Grober, grauschwarzer Sand,
durchsetzt von den borstigen Büscheln einer fahlgelben Pflanze, bedeckte eine
weite Ausbuchtung bis zur Felswand. Über den Steinblöcken waren Netze
ausgebreitet – und zwar richtige Fischernetze. Hier und da standen auch Reusen
aus Korbgeflecht zum Trocknen.
„Das da vorn ist Derbillu“, sagte Inglewing.
Die Hütten waren planlos über die Bucht verstreut, als
hätte jemand mit ihnen gewürfelt und irgendwann die Lust am Spiel verloren.
Selbst aus der Entfernung wirkten sie armselig und verfallen. Ein paar dünne
Rauchsäulen stiegen dort in die Luft empor, und es roch beißend nach
Räucherfeuern, je näher sie kamen. Das Auffälligste war, dass es keinerlei
Gelichterschutz gab, keinen Zaun, keine Standarten, keine Netze. Inglewing
führte sie durch dieses Dörfchen hindurch wieder ans Seeufer hinunter. Es war
beklemmend still, und außer ein paar kleinen Kindern vor einer Hütte begegneten
sie niemandem. Die Kinder glotzten den fünf Fremden aus verklebten, entzündeten
Augen hinterher. Halbnackt, bleich und sprachlos standen sie da, mit offenen
Mündern, Kinder, die nicht einmal genug Energie aufbrachten, um zu betteln,
sondern die Fremden nur mit einem Ausdruck der Fassungslosigkeit anstarrten,
mit dem sie vermutlich der Welt im Allgemeinen begegneten, wie James argwöhnte.
„Oh Mann, macht das der See?“, fragte Carmino heiser.
Er hatte inzwischen selbst triefende Augen. „Und wie lange dauert es, bis er
einen so weit hat?“
„Wenn man sich länger hier unten in Ufernähe aufhält,
trägt man besser einen Mundschutz“, erklärte Inglewing. „Willst du lieber eine
Atemmaske tragen?“
„Nee, nee, geht schon. Ist es hier immer so? Das muss
doch total ungesund sein!“
„Siehst du ja“, erwiderte Inglewing lakonisch und
deutete auf das, was wohl ein Garten sein sollte. Ein farbloses, schwammiges
Gewächs überwucherte den Boden rings um eine Hütte. Ob die das als Nahrung
anbauten?
„Ist der See denn giftig?“
„Jedenfalls ist irgendwas mit dem Wasser nicht in
Ordnung.“
„Aber warum bleiben die Leute hier?“, fragte Pix
fassungslos. „Die vegetieren doch nur hier rum, es wächst nichts, es stinkt –
was wollen die hier?“
„Na ja, sie werden hier geboren und kennen nichts
anderes. Das ist eine andere Welt hier unten, und oben haben sie sowieso keine
Chance. Jeder sieht sofort, wo sie herkommen. Keiner will sie haben. Zwischen
den Rotten und den armen Schweinen aus diesen Uferdörfern macht man in Orolo
kaum einen Unterschied. Von den Rotten habt ihr ja gehört.“
„Kann
Weitere Kostenlose Bücher