Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
genug gegangen! Ab
mit dir, meine Kleine! Und du kannst froh sein, dass ich Wichtigeres zu tun
habe, als dich einsperren zu lassen!“ Michaelius schwankte zwischen Ärger und
einer gewissen Belustigung. „Odali, geleite die Dame hinaus!“
„Wenn Sie erlauben, Präfekt –“, warf de Braose da
unerwartet ein – und Dorian sank das Herz. „Das erscheint mir gar nicht so
uninteressant … eine Peregrina ohne Clanfarben, dafür aber mit einem
Aube-Akzent … wie heißt du?“
„Kate.“
„Kate, und weiter?“
„Einfach nur Kate, Mann“, rief sie in so unverschämtem
Ton, dass es Dorian kalt über den Rücken lief. „Und mir ist es ganz egal, wer
Sie hier alle sind, also sparen Sie sich die Vorstellung! Ich will nur meine
Kohle!“
„Also gut, genug jetzt! Odali, raus mit ihr! Und dann
lass die Hunde in den Park!“
„Ich warte draußen auf dich, Inglewing, hörst du? Ich
warte an deiner Karre, Mann! Bild dir bloß nicht ein, dass du so einfach
davonkommst! James is’n Schlappschwanz, mit dem kannst du das vielleicht
machen, aber nicht mit mir! Mich bescheißt du nicht! Die Kelverne steht mir
zu!“
Die letzten Sätze schrie sie über die Schulter hinweg,
während der Diener sie die Treppe wieder hinunterzerrte. Dorian starrte ihnen
nach, wie sie im Dunkel verschwanden, und dann war da nur noch die Nacht,
voller Pinienduft und Schrillwurmgesang, der in seinen Ohren vibrierte.
„Meine Herren, bitte entschuldigen Sie diese
Unterbrechung!“, sagte Michaelius. „Ich nehme an, dass Odali und Samir wieder
einmal geschlafen haben, anstatt aufzupassen.“
„Na, da erwartet Sie ja noch was heute, Inglewing“,
grinste Oswiu, während sie alle wieder hineingingen. „Die macht Sie fertig,
lassen Sie sich das gesagt sein! Lassen Sie in Zukunft lieber die Finger von
den Peregrini! Die sind mit dem Messer noch schneller als die Graicos! Und ihre
Frauen – die lassen dich sowieso nicht ran, das ist alles nur Schau.“
„Du bewegst dich zu oft im falschen Milieu,
Inglewing“, bemerkte Autrejaune und setzte sich an seinen Platz. „Da verliert
man das Augenmaß.“
„Hören Sie doch auf damit!“ Liripines Stimme war immer
noch schrill. „Wen interessiert denn ein dummes Frauenzimmer, wenn wir die
Bendewikke im Land haben? Dieser ganze Abend macht mich fassungslos, ich
begreife Ihre Gelassenheit einfach nicht! Jetzt kommen Sie endlich her und
lassen Sie uns hören, was auf der Kallisti nun eigentlich passiert ist!
Johann – du musst uns darüber aufklären … ich habe doch Recht, ich kann
es dir ansehen!“
„Vor allem sollten wir Ruhe bewahren, Sebastian“,
mahnte Michaelius. „Es hat einen Krankheitsfall an Bord gegeben, einen ,
wohlgemerkt. Von einer Seuche oder gar der Bendewikke kann keine Rede sein. Und
jetzt möchte ich mir endlich Ska de Braoses Bericht anhören – wenn ihr uns also
kurz entschuldigen würdet –“
Dorian, nicht ganz sicher, was nun von ihm erwartet
wurde, hatte sich schließlich auch wieder gesetzt und bemühte sich, nicht ganz
und gar wie ein Dorftrottel auszusehen. Er streifte den Ghistriarden mit einem
verstohlenen Blick. de Braose stand als Einziger noch in der Tür und sah in die
Dunkelheit hinaus. Hatte er Verdacht geschöpft? Und was für einen Verdacht?
Frechheit siegt!, dachte er dann und atmete tief ein.
Das war Sabins und sein Wahlspruch gewesen, als sie noch Kinder in Halmyre
gewesen waren. Und er hoffte nur, dass sie wirklich noch bei seinem Wagen
wartete, wenn er endlich von hier loskam. Dann konnte sie was erleben.
8
Auf
der Brücke waren sie von zwei Custodians angehalten worden, die sich offenbar
langweilten. Der eine fragte, ob sie den Bären denn inzwischen gefunden hätten,
und die Frau, die sich ihnen als Jakobe vorgestellt hatte, fragte unwirsch
zurück, ob er bei ihnen irgendwo einen Bären sähe. Alte Hexe, murmelte der
Custodian und ließ sie passieren. Das war alles.
Minuten später hatten sie die Stadtmauer von
Rhondaport hinter sich gelassen und tappten durch feuchte Flussauen. Es wurde
nicht viel gesprochen; zumindest James war inzwischen zu müde, um auch nur zu
denken. Der Weg schien sich endlos am Fluss entlangzuziehen, bis sie irgendwann
zwischen großen Bäumen Feuer flackern sahen. Sie waren noch ein ganzes Stück
vom Lager entfernt, als aus der Dunkelheit ein großer, weißer Hund auf sie
zugesprungen kam, gespenstisch still und so groß, dass James ihn im ersten
Moment für ein Pony hielt. Er blieb vor ihnen stehen, wachsam,
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