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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Benett
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Flasche wird auf mich zeigen. Davon bin ich überzeugt.
    Ich weiß es. Die Flasche zeigt auf mich!
    Mitten in der Bewegung hält die Flasche abrupt an. Der Hals deutet auf mich. Ein Raunen geht durch unsere Runde. Plötzlich reden alle durcheinander.
    »Hat sie jemand mit dem Fuß gestoppt?«
    »Liegt da ein Stein?«
    »Ist das ein Loch im Boden?«
    Nur Jan schweigt und beobachtet mich, während der Rest der Gruppe den Rasen rings um die Flasche untersucht. Laro hält die Flasche gegen das Licht der Flammen, um eventuelle Beschädigungen zu erkennen. Alles scheint normal zu sein. Doch jeder von uns hat gesehen, wie die Flasche aus der vollen Bewegung heraus stoppte. Verwirrt setzen sich die anderen wieder auf ihre Plätze. Marius ergreift das Wort: »Okay, ich spinne doch nicht. Ihr habt es auch gesehen, oder? Die Flasche hat aus der Drehung heraus angehalten und auf sie«, er deutet mit dem Kopf in meine Richtung, »gezeigt.«
    Die anderen nicken. Jan betrachtet mich noch immer. Sein Gesicht wirkt fahl im Flammenschein. Mir ist völlig egal, aus welchen Gründen die blöde Flasche angehalten hat. Was zählt ist, dass der Hals auf mich zeigte. Und ich befürchte, dass sich sehr bald jemand daran erinnern wird, was das bedeutet.
    »Wahrscheinlich haben wir alle zu viel Wein getrunken.«
    »Aber eine kollektive Wahnvorstellung? Wie soll das bitte gehen?«
    »Sollen wir noch einmal drehen und schauen, was passiert?«
    Jasmin schüttelt vehement den Kopf. »Wozu? Glaubst du etwa, eine unsichtbare Kraft hat die Flasche angehalten? Wahrscheinlich ist der Boden wirklich uneben. Echt jetzt, man kann aus allem eine große Sache machen. Außerdem musste Hannah heute Abend noch gar nicht ran!«
    Dämliche Kuh! In diesem Moment würde ich sie am liebsten ohrfeigen. Sie muss doch mitbekommen haben, wie blöd ich mich bei Miris Party angestellt habe. Warum war mir nur klar, dass das so kommen würde?
    Viv rückt ein Stück von mir ab und fordert Jan mit einer ermunternden Geste auf, neben mir Platz zu nehmen. Mit einem entnervten Seufzen steht er auf und klopft ein paar Grashalme von der Hose. Nachdem er die Feuerstelle umrundet hat, setzt er sich direkt neben mich und schaut in die Flammen. Ich rieche den sauberen Geruch des Seewassers und den herben Duft des Aftershaves, der noch in seinen Kleidern hängt. So nah war ich ihm noch nie.
    Jasmin scheint Gefallen daran zu finden, den Chef zu spielen, und beginnt Kommandos zu geben. Jetzt bloß nicht den Kopf verlieren.
    »Okay, die Zeit läuft in drei...«
    Ich fixiere sein Gesicht und versuche, meine innere Ruhe zu finden.
    »..zwei...«
    Kein Problem! Wenn ich es schaffe, sein Profil zu betrachten, dann wird der Blickkontakt auch nicht so schwer sein.
    »..eins...«
    Immerhin ist es nur eine Minute. Ich habe schon Schlimmeres überstanden.
    ...jetzt!«
    Jan dreht den Kopf, und die volle Wucht seines Blickes trifft mich. Mein erster Impuls ist Wegschauen, aber ich zwinge mich, den Augenkontakt nicht zu unterbrechen. Das wäre extrem peinlich nach zwei Sekunden. Unter Aufbietung sämtlicher Willenskraft, die an diesem Abend wirklich häufig vonnöten ist, halte ich stand.
    Zur Iris hin werden seine stahlblauen Augen heller, sodass sie noch durchdringender erscheinen. Den Kontrast dazu bildet der dichte Wimpernkranz. Faszinierende Augen wären es, wenn sie mich nicht so feindselig mustern würden. In Jans Ausdruck liegt eine Kälte, die mir eisige Schauer über den Rücken schickt. Die Spannung, die sich durch sein eindringliches Fixieren zwischen uns aufbaut, raubt mir fast den Atem. Ein Kribbeln breitet sich vom Magen ausgehend in meinem ganzen Körper aus. Selbst wenn ich wollte, könnte ich mich in diesem Moment nicht bewegen, so gefesselt bin ich von der Intensität. Ich nehme nichts weiter wahr als Jans brennenden Blick, der den meinen trifft und ihn unnachgiebig festhält.
    Erst als Jasmin an meiner Schulter rüttelt und mir »Hannah! Aufwachen! Die Minute ist schon längst vorbei!« ins Ohr brüllt, kann ich meine Augen von ihm lösen. Ich senke den Kopf, weil ich sein geringschätziges Lächeln in diesem Moment nicht ertragen kann. Noch kein Wort hat er mit mir gewechselt. Woher kann seine Abneigung stammen? Merkt er nichts von dieser Spannung, welche die Luft zwischen uns geradezu auflädt? Oder handelt es sich dabei nur um eine irritierte Reaktion meines Körpers, der mit der exzessiven Schwärmerei nicht umgehen kann? Bilde ich mir diese heftigen Impulse, die mich in

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