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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Benett
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Kombination mit meinen Lieblingsjeans, ein enges Longsleeve in dunkelgrün oder grau, die genaue Farbe kann ich bei den Lichtverhältnissen nicht ausmachen. Er trägt ein dünnes Lederband, das am Halsausschnitt unter dem Shirt verschwindet. Ich frage mich, was für ein Anhänger daran befestigt ist.
    Dann betrachte ich sein Gesicht. Die geschwungenen Lippen. Der leichte Bartschatten, der erkennen lässt, dass die letzte Rasur eine Weile her ist, und der seine Wangenknochen noch deutlicher hervortreten lässt. Die gerade Nase. Die Augen, die im flackernden Licht des Feuers hell glänzen und mich fixieren.
    Hoppla.
    Nicht schon wieder.
    Haben ihn die anderen schon begrüßt? Wieviel Zeit habe ich mit Anglotzen verbracht? Soll ich ihm noch ein lockeres »Hallo!« entgegenschmettern?
    Verlegen senke ich die Augenlider und murmle etwas, das wie »Hrmsch!« klingt. Mit ein wenig Glück kann er daraus eine angemessene Begrüßung ableiten. Er starrt mich regungslos an, dann wandert sein Blick weiter zu meinen Freundinnen. Er grüßt sie freundlich und Viv, Laro und Jasmin erwidern sein Lächeln. Das wird ein ganz fantastischer Abend. Das spüre ich jetzt schon.
    Glücklicherweise lässt sich Jan auf der gegenüberliegenden Seite des Feuers nieder, sodass ich zumindest nicht in die Verlegenheit komme, in dem ihn umgebenden Energiefeld zu sitzen. Diese Position hat aber den Nachteil, dass ich nun nicht mehr weiß, wo ich hinschauen soll. Ich verlege mich also darauf, geheimnisvoll (wie ich hoffe) in die Flammen zu starren. Währenddessen stecke ich all meine Hoffnung in den Gedanken, dass sich keiner mehr an das vorbereitete Flaschendrehen erinnern möge.
    »Hey Mädels, wolltet ihr nicht Flaschendrehen spielen? Sonst hätten wir ja die Vorbereitungen umsonst gemacht.«
    Danke Lucas. Grandiose Gedächtnisleistung.
    Jasmin beginnt zu kichern, und auch Viv kann ihre Begeisterung nur schwer verbergen, ganz zu schweigen von Laro, die bereits wie ein Honigkuchenpferd grinst. Schöne Freundinnen habe ich mir da angelacht. Schnell versuche ich also auch, einen erfreuten Gesichtsausdruck aufzusetzen. Ich befürchte allerdings, eher auszusehen wie ein Psychopath. Ich denke da an den verrückten Vater in »Shining«.
    Auch Jan scheint nicht gerade Feuer und Flamme zu sein. Stattdessen wirft er mir einen finsteren Blick zu und hebt leicht eine Augenbraue.
    Mein Gott, was hast du für ein Problem mit mir? Kann ich etwas dafür, dass du hier so unvermittelt auftauchst? Habe ich dich zum Mitspielen genötigt? War der Flaschendreh-Mist etwas meine Idee? Was habe ich dir bitte getan?
    Für eine knappe Sekunde versuche ich den Kontakt zu erwidern, aber ich schaffe es nicht, dem hellen Blau seiner Augen standzuhalten.
    Was hat er nur gegen mich?
    Wittert er mein Blut und kann es kaum erwarten, sich auf mich zu stürzen, sodass er jedes Mal, wenn ich in seine Nähe komme, mit seiner Selbstbeherrschung ringen muss?
    Bin ich sein Schicksal, wogegen er sich auflehnt, weil er ein freier Mensch sein will, der Entscheidungen selbst trifft?
    Sind wir Seelenverwandte und er kann es sich einfach nicht eingestehen, sodass momentan seine einzige Reaktion auf mich in Ablehnung besteht?
    Ist es in seiner Nähe zu gefährlich für eine normale Sterbliche wie mich? Sicherlich ist er nicht gut für mich und will mich schützen!
    Es ist eindeutig. Ich lese zu viel. Und ich befürchte, keine der aufgezeigten Alternativen trifft zu, denn eigentlich ist es offenkundig. Jan kann mich nicht leiden. Vermutlich sind für ihn unsere zufälligen Zusammentreffen eine Tortur.
    Da kommt mir ein noch schlimmerer Gedanke. Was, wenn er annimmt, ich hätte diese Treffen initiiert? Die Begegnung in der Kaffeebar, das Winken in der Schule. Dann sitze ich vor seiner Nase und spiele Flaschendrehen. Und jetzt kann er nicht einmal mit seinen Freunden in Ruhe zelten, da ich den Zeltplatz okkupiert habe. Natürlich weiß ich selbst, dass diese Zufälle nicht von mir ausgehen, trotzdem ist das alles unglaublich peinlich! Möglicherweise sollte ich mich für einige Zeit in meinem Zimmer einschließen.
    In meine düsteren Gedanken vertieft beobachte ich abwesend, wie Jan zum Beschreiben der vier Zettelchen genötigt wird. Immerhin geht es ihm nicht besser als mir. Selbst schuld; er hätte ja nicht dazu kommen müssen. Es stand ihm frei, weiterhin in seinem Zelt zu schmollen – aus welchen Gründen auch immer.
    Nach wenigen Minuten sind auch seine Zettel in der Schüssel. Das

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