Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken
konnten die vorgerückten Kundschafter der Merki morgen Nacht hier eintreffen, der Rest der Horden innerhalb eines, höchstens zwei weiterer Tage.
Ein Blitz zuckte über den Himmel, Donner grollte, und der Regen verstärkte sich.
Andrew streckte die Hand zu einem Haken an der Wand aus und ergriff seinen Poncho. Linkisch mühte er sich ihn über den Kopf und wurde wieder einmal schmerzlich daran erinnert, wie schwierig so viele Dinge sich gestalteten, wenn man nur einen Arm besaß. Nachdem er den Poncho übergestreift hatte, setzte er sich sein Käppi auf und zog es sich tief in die Augen.
Lächelnd schaute er zu Pat und Emil zurück.
»Ich gehe heim zu Kathleen und nehme mir den restlichen Tag frei. Ich schätze, so bald ergibt sich dafür keine Gelegenheit mehr.«
Emil nickte zustimmend, und Andrew ging zur Tür hinaus in den wirbelnden Gewitterregen.
»Wie geht es ihm?«, erkundigte Pat sich und bedeutete Emil, ein weiteres Glas einzuschenken, was der Arzt widerwillig tat.
»Wie zu erwarten. Der Tod von Showalter und dessen Jungs hat ihn schwer getroffen.«
»Es trifft einen immer schwer, wenn man die Verantwortung trägt«, meinte Pat dazu leise.
»Wir sind so bereit, wie wir je sein werden«, brummte Emil, griff sich einen leeren Becher und schenkte sich selbst den restlichen Inhalt des Flachmanns ein.
Seufzend lehnte Pat sich auf dem Stuhl zurück.
»Ich wünschte, wir hätten noch sechs Monate zur Vorbereitung. Aber ich glaube, mein lieber Herr Doktor, das Spiel ist aus, und Andrew weiß es.«
»Wir warten seit einem Jahr auf diesen Moment. Fast drei Monate, seit der Schlacht am Potomac, waren wir auf der Flucht. In einer oder zwei Wochen wird es auf die eine oder andere Weise vorbei sein.«
»Und Sie wissen, aufweiche Weise.«
»Ich bin nicht sicher«, entgegnete Emil mit leiser Stimme. »Die Männer wissen, was auf dem Spiel steht.« Damit deutete er zu dem an die Wand genagelten Plakat, auf dem das berüchtigte Massaker von Suzdal zu sehen war. »Vielleicht besiegen wir diese Dreckskerle doch noch.«
»Na ja, zumindest einen Vorgeschmack darauf haben wir ihnen schon mal beschert«, gab Pat mit einem kehligen Kichern zurück. »Das hätte ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen, nicht einmal für eine Fahrkarte zurück nach New York. Ich als Korpskommandant, erhaben und mächtig wie Hancock oder John Reynolds, gesegnet sei sein Andenken und was für ein Kämpfer er war.«
Pat blickte in seinen Becher, dann leerte er den Rest.
»Jedenfalls werden wir ihnen hier einen ordentlichen Kampf bereiten, und wenn wir weg sind, werden sie sich inbrünstig wünschen, uns nie begegnet zu sein.«
»Glauben Sie ernsthaft, dass wir am Ende sind?« »Wer würde das nicht?«, gab Pat lachend zurück. »Aber was solls, bis dahin wird es ein Mordsspaß, und ich gehe davon aus, in einer Woche mitten in der besten verdammten Schlacht seit Gettysburg zu kämpfen.«
Kapitel 9
Er war nicht sicher, wie lange er dieses Tempo noch halten konnte, aber im Augenblick war es ihm völlig einerlei. Wer brauchte schon Schlaf?
Chuck Ferguson stützte sich auf den Ellbogen und blickte zu ihr hinab. Sie war eingeschlafen. Das Mondlicht fiel schräg durch das Fenster seiner Kabine ein und schimmerte auf ihrer olivbraunen, nun blassen Haut.
Nach dem Gewitter gestern Abend war die Hitze zurückgekehrt. Am nächsten Nachmittag herrschte sogar im Wald eine erstickende Schwüle. Moskitos tauchten auf und quälten die Arbeitsmannschaften. In der Kabine war es noch warm, und bei ihrem leidenschaftlichen, überschwänglichen Liebespiel hatten sie die wollene Armeedecke vom Bett getreten.
Nackt lag sie ausgestreckt neben ihm. Ihre üppigen Brüste hoben und senkten sich sanft. Zärtlich fuhr er mit der Hand ihre Seite entlang und verharrte einen Augenblick auf ihrem runden Gesäß. Er spürte, wie sich abermals sein Verlangen regte. Allein ihr Anblick genügte dafür.
Seufzend rührte sie sich, krümmte den Rücken, um sich näher an ihn zu schmiegen, ergriff in ihrem halb träumenden Zustand seine Hand und legte sie sich wieder auf die Brust.
Er spielte mit dem Gedanken, sie zu wecken, um von vorne zu beginnen.
Dann schaute er hinüber zur Uhr. Nein.
Stattdessen küsste er sie behutsam auf den Nacken, glitt aus dem Bett und zog seine ausgebleichte blaue Uniformhose sowie die etwas zu große Rus-Uniformjacke an. Er wollte die Reparaturen und die Inbetriebnahme der Yankee Clipper II überprüfen. Die Besatzung hatte
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