Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken
kaum sichtbar. Sie sprach nie von ihrem Verlobten, und er konnte sich jetzt nicht einmal an seinen Namen erinnern. Wollte es auch nicht. Gestorben bei First Bull Run, und sie geht los, um Krankenschwester zu werden. Er war schwer, sich vorzustellen, dass sie jemand anderen einmal hätte lieben können. Unangenehmer Gedanke. Aber er hatte andere geliebt. Er erinnerte sich an Mary und wie er schließlich und so brutal die Wahrheit herausgefunden hatte. Kathleen fragte nie; es war so in Ordnung.
Sie hatten beide sowohl verloren als auch gewonnen. Wenn er dieses Mal fallen sollte, fragte er sich, was sie tun würde. Fallen. Lustig, die Euphemismen von Krieg. Fallen. Es war auf diese Weise besser, beinahe sauber in seinen Bildern, wie ein plötzliches Verschwinden in die Erde. Nicht Darmschüsse oder mit dem Bajonett aufgespießt und zu Tode geprügelt oder auseinandergerissen von einem Schrapnell. Ein einfaches Hinlegen in Frieden, wie die Herbstblätter auf den Boden treiben.
»Wenn ich nicht aus diesem Kampf wiederkehre, will ich, dass du lebst«, sagte er und stieß die Worte heftig heraus.
Erschreckt sah sie zu ihm auf, und plötzlich rann eine Träne über ihre Wangen, als ob sie fast dieselben Gedanken gehabt hätte.
»Finde Maddie. Ich habe schon arrangiert, dass Ludmilla Maddie und Vincents Kinder an einen verborgenen Ort nördlich von Brindusia bringt, wenn die Dinge falsch laufen. Um ihretwillen, bitte.«
Sie nickte, außerstande zu sprechen.
Eine schlechtere Art Krieg. Gott, sie machte den alten im Vergleich dazu angenehm. Dieser hatte noch Regeln gehabt. Du würdest deinen letzten Tropfen Wasser mit einem verletzten Rebellen teilen, ihn verbinden und einen Brief zu seiner Verwandtschaft schreiben und ihnen sagen, dass er in Ordnung war. Hier schneiden wir den Verletzten die Kehlen durch und erschießen unsere eigenen, anstatt sie zurückzulassen. Die Erinnerung an die verschwommene Photographie suchte ihn heim. Er sah zu Kathleen hinunter. Er würde dasselbe mit ihr tun, um sie vor so einem Ende zu bewahren.
Und sie nennt diesen Ort Zuhause.
Doch es war ihr Zuhause, Maine begann immer mehr zu verschwinden. Er war seit fünf Jahren hier, acht Jahre waren vergangen, seit er Brunswick das letzte Mal gesehen hatte. Nein, dies war ihr Zuhause.
Er sah sich um. Die Schatten des Abends verbargen die Gegenwart des Kriegs. Die Linien der Verschanzungen und Brustwehren, der verrückte Betrieb in Hispania, der Stadt der Anbauten und Zelte sowie die über hunderttausend Soldaten, Fabrikarbeiter, Familien und Flüchtlinge, sogar die Prostituierten, die von Roum ankommen würden, um in den Armeelagern zu arbeiten.
Die Lagerfeuer beleuchteten die Hügel, ein Glühen, das sich über Meilen erstreckte.
Ein Schwärm Enten stieg lautstark vom Fluss auf und flog nordwärts Richtung Wald.
Der Wind wehte immer noch heiß. Er trieb aus der Steppe heran, brachte den Geruch nach trockenem Gras mit sich und blies die Gerüche des Lagers weg. Einer der Gründe, warum diese besondere Stelle ihm so gefiel – die Luft war frisch, sauber.
Er setzte sich neben sie und legte seinen Arm fast schüchtern um ihre Taille, sie tat dasselbe bei ihm und lehnte den Kopf gegen seine Schulter.
»Jetzt ist es friedlich«, flüsterte sie.
Er schwieg.
»Wenn ich dich von allem wegführen könnte. Eine versteckte Stelle, nur wir zwei …«
Ihre Worte wurden leiser, verschwanden in der Stille.
Würde er gehen? Er wusste, dass es das war, was sie sich wünschte. Aber dieses hier aufgeben? Als er ein Junge war, hatte er von großen und heldenhaften Dingen geträumt und Scott und später Arrian und Shakespeares Henry V gelesen. Er hatte sich vorgestellt, mit den Rittern von Arthur zusammen zu sein und mit Alexander zu marschieren. Er glaubte immer noch daran. Hier, in diesem Augenblick, hatte er die Chance, irgendwie eine ganze Welt zu ändern. Er hatte gesehen, wie ein Volk frei wurde; wie eine ganze Welt befreit wurde, und ein großer Teil seiner Träume erwachte in dieser fremden Welt wieder zum Leben.
Ein Bügelhorn erklang in der Ferne. Trommeln, im Abstand von fünfzehn Minuten. Eine Welt, wo der Tag eineinhalb Stunden kürzer war, die Nacht sich nicht vor neun einstellte und das erste Licht der Morgendämmerung um vier zu sehen war. Morgen ging alles weiter. Es fehlten immer noch Tausende von Schulterwaffen, Millionen von Musketenkugeln, und das merkwürdige Verschwinden von Schießpulver verschlimmerte noch alles. Emil und sein
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