Junge, du hattest einen sehr verräterischen Glanz in deinen Augen. Du bist zu lange am Limpopo gewesen. Sobald die Überschwemmung vorbei ist, werde ich dich mit ein paar netten Mädchen aus unseren Kreisen bekannt machen.»
Gegen Abend legte sich der Wind. Nach den Stürmen des Tages war die unbewegte Luft Balsam für die vom Unwetter Verstörten. Im Pentecostschen Haus verbreitete sich tiefe
Zufriedenheit. Rufus Darling entdeckte Hilda Twegg im Gemüsegarten, wo sie ein Buch las. Sie sah auf und schenkte ihm ein freundliches Lächeln. «Vermutlich haben Sie keine Lust, mit mir einen Spaziergang zu machen?» fragte er unsicher.
«Oh, Mr. Darling, schickt sich das denn für uns?»
«Das weiß ich nicht», sagte er, «aber warum eigentlich nicht?» Er sah verlegen aus.
«Wenn Ihnen wirklich daran liegt», sagte sie, «alles andere ist unwichtig.» Sie streckte ihm die Hände entgegen. Er zog sie hoch. «Also gehen wir», sagte sie, «uns bleibt freilich nur wieder der Hügelpfad.» Glücklich schritten sie in den stillen Abend hinein.
John Pentecost und Mrs. Darling saßen auf der Terrasse und beobachteten den Sonnenuntergang. Feydeau schlummerte auf Frauchens Schoß. Plötzlich richtete sie sich zum Verdruß des Hundes kerzengerade auf. «Wer sind die zwei da drüben?»
«Sieht aus wie Ihr Neffe und Mrs. Twegg», sagte Opa.
«Ja», sagte Mrs. Darling und verfiel in Nachdenken. Feydeau knurrte irritiert, dann rollte er sich wieder zusammen. Wenn die Menschen doch bloß einsehen wollten, daß ein Hund Anspruch auf ihre volle Aufmerksamkeit hat.
Fortinbras saß auf dem Küchentisch, während sein junger Gebieter den Käfig reinigte. Er war ein Mäuserich von begrenzten Fähigkeiten und Interessen und nahm im allgemeinen sein Schicksal gleichgültig hin.
Aber heute regte sich etwas in seinem Verstand, sofern man bei Fortinbras von Verstand sprechen konnte. Seine kleine Nase zuckte aufgeregt. Wie in einer göttlichen Offenbarung wurde ihm jäh die Erkenntnis zuteil, daß das Innere seines Käfigs zwar der Mittelpunkt der Welt, aber nicht notwendigerweise die ganze Welt war, und vielleicht, so sagte er sich, war die Welt außerhalb seines Käfigs ungeheuer aufregend und ereignisreich. Unternehmungslustig putzte er sich sein Barthaar, wippte entschlossen mit dem Schwänzchen und lief das Tischbein hinunter. Kolumbus auf Entdeckungsreise! Galilei auf der Suche nach neuen Sonnen! Er durchquerte die Küche und verschwand in einem einladenden Loch der Scheuerleiste.
Mummi richtete gerade das neue Gastzimmer her. Sie war wenig begeistert, dabei von einem heulenden Gaylord gestört zu werden. Wehleidigkeit war ihr ein Greuel. Außerdem hatte sie schon genug eigene Probleme. «Na, was hast du denn nun schon wieder?» fragte sie ohne eine Spur von Anteilnahme.
«Fortinbras ist entwischt», schluchzte Gaylord.
«Du lieber Himmel», sagte Mummi. Gaylord war über die Art, in der diese Neuigkeit aufgenommen wurde, überrascht und erfreut. Überrascht, weil er bei Mummi, die sonst weder Tod noch Teufel fürchtete, jetzt untrügliche Anzeichen von Panik bemerkte. Erfreut, weil er nach der ersten schlechtgelaunten Reaktion von Mummi keinerlei Anteilnahme erwartet hatte. «Ich habe den Käfig ausgemistet, und als ich ihn wieder hineintun wollte, war er verschwunden.»
Mummi schien wirklich die Fassung verloren zu haben. Sie schimpfte nicht einmal, weil er
gesagt hatte. Sie sagte überhaupt nichts. Sie ließ einfach alles stehen und liegen und rannte nach unten zu Paps. Händeringend sagte sie: «Fortinbras ist entwischt.»
Paps sank das Herz. So wie Gaylord glaubte auch er, daß Mummi weder Tod noch Teufel fürchtete; aber im Gegensatz zu Gaylord wußte er, daß sie, wenn ihr unversehens eine Maus über den Weg lief, in Ohnmacht fallen konnte. Er wußte auch, wem die Aufgabe zufiele, das Untier wieder einzufangen. Deshalb war sein Herz gesunken.
Aber May war schon in den Garten gerannt. «Fortinbras ist entwischt», rief sie mit unheilschwangerer Stimme.
Bei diesem leicht theatralischen Auftritt überlief selbst Mrs. Darling ein kalter Schauer. «Wer um alles in der Welt ist Fortinbras?» fragte sie Opa.
«Gaylords weißer Mäuserich», sagte Opa.
Betretenes Schweigen. Mrs. Darling schluckte hörbar. «Soll das etwa heißen, daß eine lebendige Maus - hier im Haus frei herumläuft?»
«Ja», sagte May. «Falls der Mäuserich sich nicht inzwischen in der Scheune mit einer Mäuse-Dame eingelassen