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Fortinbras ist entwischt

Fortinbras ist entwischt

Titel: Fortinbras ist entwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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hat. Dann wird es demnächst im Hause von Mäusen nur so wimmeln», jammerte sie.
    Mrs. Darling erschauerte. Sie erhob sich. «Von Mäusen ist ja nicht einmal der Gasthof in Shepherds Warning heimgesucht», sagte sie. «Ich werde meine Koffer packen.»
    Opa blickte erschrocken, May erstaunt. «Wollen Sie sagen... Sie können Mäuse auch nicht leiden?» fragte sie.
    «Ich verabscheue sie», sagte Mrs. Darling. «Aber erst der arme kleine Feydeau - ihm ist einmal eine vor die Nase gelaufen, und er hat sich zu Tode erschrocken. Seither hat er ein Trauma.»
    «Meine liebe Helena», sagte Opa, «nehmen Sie doch Vernunft an. Sie werden uns doch nicht bloß wegen einer einzigen weißen Maus verlassen wollen.»
    May erkannte ihre Chance. Glück im Unglück, dachte sie und sagte: «Ich kann Mrs. Darling sehr gut verstehen. Eine Maus ist vollauf genug, man weiß nie, wo sie plötzlich auf taucht.»
    «Sehr richtig», sagte Mrs. Darling.
    Man muß das Eisen schmieden, solange es heiß ist, dachte May. «Jocelyn behauptet zwar, daß sie einem nie das Bein herauflaufen, aber ich weiß es besser», sagte sie düster.
    Mrs. Darling, die langsam in ihren Sessel zurückgesunken war, richtete sich wieder auf. «Sie meinen...?»
    May nickte. «Sie flüchten sich mit Vorliebe dahin, wo es dunkel ist. Meiner Freundin, einer lustigen, resoluten Person, ist es einmal passiert - direkt das Bein hoch.»
    Mrs. Darling schüttelte sich vor Entsetzen.
    «Wer war denn das, May?» fragte Jocelyn interessiert.
    May tat, als höre sie nicht. «Der Schreck hat sie ganz verändert. Sie ist seither nie wieder ganz die gleiche gewesen», sagte sie.
    «Ich wäre gestorben», sagte Mrs. Darling schlicht.
    «Das ist sie auch beinahe», sagte May.
    Plötzlich merkte sie, daß Opa sie nachdenklich anblickte. «Was soll das Ganze, May?» fragte er ruhig. Dann wandte er sich, ohne eine Antwort abzuwarten, an Mrs. Darling. «Aber meine Liebe, Sie vergessen ganz und gar, daß es nicht so einfach sein dürfte, nach Shepherds Warning zu kommen.» Er lächelte nicht oft, aber jetzt lächelte er. Ein Lächeln voller Charme. «Die Fluten werden sich schon verlaufen, Verehrteste, also machen Sie uns noch ein paar Tage das Vergnügen Ihrer Gesellschaft.»
    Alter Fuchs, dachte May.
    Mrs. Darling sank in ihren Sessel zurück. Sie schwieg. Sie schien das eine gegen das andere abzuwägen und dann wieder das andere gegen das eine. Schließlich sagte sie: «Nun gut, wie Sie meinen.» Er tätschelte ihre Hand. Er blickte zu May auf und lächelte. Er konnte es sich leisten. Es war das Lächeln des Siegers.
    Gaylord, den die Gefühlsausbrüche der Erwachsenen stets faszinierten, hatte all dem mit größter Genugtuung zugehört. Diese äußerst interessanten Reaktionen wogen ja fast den Verlust von Fortinbras auf. Und ihm kam der Gedanke, daß das Ganze vielleicht noch aufregender werden könnte, wenn Fortinbras plötzlich reuig zurückkehrte, immer vorausgesetzt natürlich, daß er dann die Situation geschickt ausnutzte.
     
    Rufus Darling und Hilda Twegg gingen durch den stillen Abend. «Erzählen Sie mir von Afrika», sagte sie.
    Er blickte zur Sonne, die in den Weiden hing; auf die Kuhherde, die langsam und bedächtig über eine hochgelegene Wiese zog; auf den Kirchturm und die Schornsteine, deren Rauch träge über dem nahen, aber doch unerreichbaren Dörfchen aufstieg. «Es ist grausam», sagte er, «grausam und von einer überwältigenden Lebensfülle, mitleidslos und unbarmherzig. Und das Gleichgewicht der Kräfte ist anders verteilt.»
    «Das Gleichgewicht der Kräfte?»
    «Hier ist der Mensch das Maß der Dinge», sagte er. «Immer, seit Jahrhunderten. Da liegt der Unterschied. Hier scheint die Natur gezähmt, obwohl sie es nicht ist. Aber dort - nein! Dort ist der Mensch nur eine Kreatur unter vielen anderen.»
    «Das klingt wunderbar.»

     
    «Das ist es auch, wunderbar und grenzenlos und erschreckend.»
    Auch sie blickte jetzt auf die friedliche englische Landschaft. «Ich würde Afrika gerne einmal sehen», sagte sie.
    «Dann ergreifen Sie doch die Gelegenheit», sagte er. «Ich hoffe, bald dahin zurückzukehren.»
    «Ich wollte immer schon neue Länder kennenlernen», sagte sie. «Komisch, nicht wahr? Und dabei bin ich noch nie über Eastbourne hinausgekommen.»
    «Sie würden wohl nicht den Gedanken erwägen, mit mir nach Afrika zu gehen?» fragte er. Er nahm seine Brille ab und spielte nervös mit ihr. «Sie könnten mir dort eine große Hilfe sein.»
    Mrs.

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