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Fortinbras ist entwischt

Fortinbras ist entwischt

Titel: Fortinbras ist entwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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woher wissen Sie das?»
    «Bei uns im Frauenverein war mal ein Vortrag über Afrika. Limpopo heißt doch, wenn ich mich recht erinnere, Krokodil.»
    «Stimmt genau!» sagte er lächelnd. «Aber ich verstehe nicht ganz...»
    Gaylord war tief enttäuscht. Je älter er wurde, desto klarer wurde ihm, daß Dinge und Menschen seinen Vorstellungen fast nie entsprachen. Das sollte nun ein Forscher sein! Khakihosen, Tropenhelm, Elefantengewehr, Schmetterlingsnetz, das war doch wohl das wenigste, was man erwarten durfte. Und nun sehe sich einer so was an, dachte er. Ein verbeulter Hut, ein alter Mantel, ein struppiger Schnurrbart. Mein Gott, der sah ja aus wie ein Landstreicher.
    Hilda Twegg sagte: «Mrs. Darling ist in dem Haus da drüben, in den , untergebracht. Sie läßt sagen, Sie möchten mit uns kommen.» Sie nahm seinen Koffer.
    «Stellen Sie ihn sofort wieder hin», sagte er unwillig.
    «Er ist aber gar nicht schwer», sagte sie.
    «Das tut nichts zur Sache. Ich lasse mir mein Gepäck nicht von Damen tragen. »
    «Ach, das find ich aber nett, daß ich für Sie eine Dame bin», sagte sie und kicherte belustigt.
    Sie machten sich auf den Weg. Rufus Darling hatte sich nicht davon abbringen lassen, seinen Koffer selbst zu tragen. Gaylord hüpfte neben ihm her. Ein Forscher, auch wenn er sich so wie dieser hier verkleidet hatte, war schon etwas Aufregendes. «Kennen Sie viele primitive Volksstämme, Mr. Darling?» fragte er.
    «Viele», sagte Rufus Darling.
    «Wie sind die denn?»
    «Furchtbar nett.»
    «Essen sie sich gegenseitig auf?»
    Rufus dachte nach. «Wahrscheinlich», sagte er gedehnt. «Aber sie hängen es nicht an die große Glocke. Ich glaube... ja, ich glaube, sie haben wahrscheinlich das Gefühl, daß es inzwischen irgendwie gegen die guten Sitten verstößt. Deshalb sprechen sie nicht mehr darüber.»
    Gaylord war wieder um eine Illusion ärmer. Er hatte sich so auf eine spannende Geschichte gefreut, wo einer in allerletzter Minute dem Kochtopf entkommt. Er hatte das Gefühl, als würde sich dieser Schlapphut-Livingstone als eine einzige bittere Enttäuschung entpuppen. Aber noch gab er nicht auf. «Ich habe mir ein Kanu aus einem Baum gemacht», sagte er.
    Rufus blickte auf den angeschwollenen Fluß. «Sicher sehr nützlich hier», sagte er.
    «Ich bin noch nicht ganz fertig», gestand Gaylord. «Mummi hat mir verboten, es fertig zu machen, weil ich mich in den Finger geschnitten habe.» Und er hielt seinen verbundenen Finger hoch.
    «Wie? Ach so. » Und dabei blickte er Hilda Twegg von der Seite an. «Mütter können schon wirklich anstrengend sein», sagte er fast übermütig.
    Sie ging nicht darauf ein. Aber es war ihm egal, ihm genügte es, ihr Profil zu betrachten. Plötzlich und ohne ersichtlichen Grund sah er sie vor sich, wie sie am Ufer des Limpopo seine Wäsche mit einem Holz klopfte. «Ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen», sagte er freundlich.
    Sie blickte ihn an und lächelte. «Ach, Verzeihung, ich bin Hilda Twegg.»
    «Und ich Rufus Darling», sagte er. «Freut mich, Sie kennenzulernen.»
    Sie blieb stehen und streckte ihre Hand aus. Ihr Griff war kräftig. «Sie sind sehr nett», sagte sie freimütig. «Ich treffe nicht oft Leute mit so netten Manieren, jedenfalls nicht hier in Shepherds Warning.»
    «Du lieber Himmel», sagte er, «meine Manieren sind nett?»
    «Aber gewiß doch, Mr. Darling.»
    «Dabei bin ich doch so zerstreut und vergeßlich. Das ist einmal nett zu hören. Und ich dachte schon, ich hätte alle guten Manieren vergessen.»
    «Das finde ich gerade so nett an Ihnen, Mr. Darling», sagte sie. «Bei Ihnen fühlt man sich wie eine Dame.»
    Er wandte sich um und blickte sie wieder an. Er sah sie gerne an. «Aber Sie sind eine Dame, Mrs....»
    «Twegg! O nein, Mr. Darling, das bin ich nicht, ich bin nur...» Aber inzwischen waren sie bei den angekommen. Rufus stellte seinen Koffer ab und rückte seine Krawatte zurecht. Die Mühe hätte er sich sparen können. Sein Aufzug war hoffnungslos.
     
    Mrs. Darling stellte sich auf die Zehenspitzen und legte die Hände auf die Schultern ihres Neffen. Sie drückte ihre linke Wange an seine linke und dann ihre rechte Wange an seine rechte. Nach dieser zärtlichen Begrüßung hielt sie ihn auf Armeslänge von sich, musterte ihn von oben bis unten und sagte:

    «Mein Gott, Rufus, wie siehst du bloß aus? Hast du in deinen Sachen geschlafen ?»
    «Ja», sagte Rufus.
    «Ja du lieber Gott! Warum denn das? Du hast doch

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