Fortinbras ist entwischt
warnen?»
«Ja, und ich muß Ihnen leider sagen, meine Liebe, Ihr kleiner Sohn hat wirklich einen ausgeprägten Sinn für das Dramatische.»
«Das kann man wohl sagen!» bemerkte May, ohne recht hinzuhören. «Ich glaube, ich muß mir meinen Herrn Sohn einmal gehörig vornehmen», sagte sie ruhig.
«Ich komme mit Ihnen, meine Liebe, ich muß Feydeau suchen.»
Sie gingen die Treppe hinunter.
Rufus Darling mochte zwar Taxichauffeuren und Portiers hilflos ausgeliefert sein, aber wenn es darum ging, in einem Chaos Ordnung zu schaffen, wußte er schon, was er zu tun hatte. Auch Hilda Twegg wußte, was sie zu tun hatte. Das wichtigste aber war, daß beide zu wissen schienen, was der andere tat.
Sie arbeiteten planvoll, emsig und schweigsam wie die Biber. Zur Teezeit waren die Möbel vom gröbsten Schmutz befreit und in Sicherheit gebracht, und die Spuren des zurückgehenden Wassers waren beseitigt. Sie hatten sogar die halb eingesunkene Wand abgestützt. Sie strahlten sich gegenseitig an und hatten beide das Gefühl, einen vollerfüllten glücklichen Tag hinter sich gebracht zu haben. Sie trugen den Wasserkessel in den Garten und bereiteten über einem alten Petroleumöfchen heißes Wasser. Sie holten aus der Küche Tee und Zucker und fanden dort auch einen großen Kuchen. Sie lehnten sich an die sonnendurchwärmte Mauer, jeder ein riesiges Stück Kuchen in der einen und eine Tasse Tee in der anderen Hand. Milch hatten sie keine, und der Tee schmeckte etwas seltsam, aber es schien ihnen der köstlichste Tee ihres Lebens zu sein. Sie lächelten sich erschöpft an. Sie hielt lächelnd seinen Blick gefangen. «Das war ein herrlicher Tag», sagte er. «Es hat richtig Spaß gemacht. Wir können großartig zusammenarbeiten.»
Sie steckte sich den letzten Bissen Kuchen in den Mund und ergriff seine Hand. «Eigentlich spricht man nicht mit vollem Mund», sagte sie noch kauend und ihn mit blitzenden Zähnen anlächelnd. «Sie haben sich Ihren schönen Anzug ganz schmutzig gemacht. Sie sehen aus, als wären Sie durch eine Hecke gekrochen. Und Ihre Krawatte! Was wird bloß Ihre Tante dazu sagen.»
«Wozu?»
«Zu Ihrem Anzug, natürlich.»
«Oh, ich dachte, Sie meinen, daß wir zusammen nach Afrika gehen.»
«Mr. Darling, so etwas sollten Sie gar nicht sagen.» Aber sie zog ihre Hand nicht zurück. Dann sagte sie mit gespielter Prüderie: «Ich würde nicht im Traum wagen, etwas so Unschickliches zu tun.»
Zu seinem eigenen Erstaunen hörte er sich sagen: «Wir können es ja in aller Schicklichkeit tun.»
Sie sah ihn bestürzt an. Er stand da wie ein Junge, aus dessen Gewehr sich unversehens ein Schuß gelöst hat. Sie entzog ihm ihre Hand. Traurig sagte sie: «Es macht nichts. Mr. Darling, es ist Ihnen nur so herausgerutscht, nicht wahr? Ich habe nicht hingehört. Ich will auch nichts gehört haben.»
«Ja», sagte er, «es ist mir herausgerutscht.» Er starrte auf das Wasser, das auf der Wiese im Sonnenschein glitzerte. Er sah nicht die Enttäuschung, die Resigniertheit in ihrem Gesicht. Er schwieg. Dann sagte er verwundert: «Aber es war da. Es muß da gewesen sein, sonst wäre es mir nicht herausgerutscht.»
Sie sagte nichts. Er redete wie mit sich selbst weiter. «Ich habe nie ans Heiraten gedacht. Ich habe mich immer für einen Einzelgänger gehalten. Und abgesehen davon - es wäre mir nie in den Sinn gekommen, daß irgendeine Frau mich überhaupt haben will.» Er wandte sich ihr zu. «Guter Gott, Mrs. Twegg, meinen Sie wirklich, Sie würden den Mut auf bringen und mich nehmen?»
Sie begann das Teegeschirr zusammenzuräumen. Sie sah ihn nicht an. Dann sagte sie ernst: «Mr. Darling, wir benehmen uns beide recht töricht. Wir kennen uns doch kaum. Lassen Sie uns all die Dummheiten vergessen, die Sie heute nachmittag gesagt haben. Warten wir einen Monat, und wenn Ihnen dann noch danach zumute ist, können Sie die Frage ja wiederholen. Und wenn nicht - dann trage ich es Ihnen jedenfalls bestimmt nicht nach.» Kameradschaftlich streckte sie ihm die Hand hin. «Einverstanden?»
«Einverstanden», sagte er und schüttelte ihre Hand, halb enttäuscht und halb erleichtert, daß sie ihm einen Monat Frist für solch eine einschneidende und aufregende Entscheidung gewährte. «Wie wird denn Ihre Antwort vermutlich ausfallen?»
Sie lachte vergnügt. «Aber Mr. Darling, ich habe Sie doch gerade erst kennengelernt. Sie müssen mir schon etwas Zeit lassen, mich mit Ihren kleinen Eigenheiten vertraut zu machen.»
Doch er
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