Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortinbras ist entwischt

Fortinbras ist entwischt

Titel: Fortinbras ist entwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
Vom Netzwerk:
May!»
    «John, ich warne dich», sagte Helena, «ich bin nicht in der Stimmung, mich herumkommandieren zu lassen.»
    «Herumkommandieren? Red nicht so einen verdammten Blödsinn, Helena. Wann habe ich je jemanden herumkommandiert?»
    «Mrs. Darling hatte allen Grund, verärgert zu sein», sagte May. «Gaylord hat seine weiße Maus in ihr Schlafzimmer geschleppt. Trotzdem finde ich, daß es ihr als Gast des Hauses nicht zusteht, ihn zu kritisieren.»
    Opa sagte: «Wenn sie Gast dieses Hauses ist, sollte man ihr keine weißen Mäuse ins Schlafzimmer setzen.»
    «Maus», verbesserte Gaylord. Es war das erste Mal, daß er sich einmischte. «Es war nur eine , Opa.»
    «Du hast natürlich recht, Schwiegervater», sagte May, «und ich bin Gaylord ernstlich böse. Aber er ist schließlich mein Kind und...»
    Jocelyn erschien auf der Bildfläche. «Hat irgend jemand von euch...» begann er, aber dann merkte selbst er, daß hier dicke Luft war, und versuchte, sich eiligst wieder zu verdrücken, aber sein Vater musterte ihn finster und sagte: «Halt, Jocelyn, dein Sohn hat weiße Mäuse in Helenas Schlafzimmer ausgesetzt.»
    «Eine Maus, Opa», sagte Gaylord.
    «Ach», sagte Jocelyn, der, um sich ein paar Aspirin zu holen, mitten im Schreiben aufgestanden war und noch bemüht war, nicht den Faden seiner Geschichte zu verlieren.
    Also wirklich! Ein Mann, der weder etwas von Schifferknoten noch von Bridge verstand und der nicht einmal einen nassen Teppich anheben konnte... Mrs. Darling fand, sie hatte Jocelyn gegenüber eine wahre Engelsgeduld bewiesen, aber nun langte es. «Das alles scheint Sie ja nicht sonderlich zu interessieren», fauchte sie ihn an.
    May konnte es schon nicht ertragen, wenn man Gaylord kritisierte, aber wenn sich eine andere Frau herausnahm, ihren guten Jocelyn zu attackieren, und das noch in ihrer Gegenwart... Sie holte tief Luft und sagte: «Mrs. Darling, wir haben Sie hier bei uns aufgenommen - oder genauer gesagt, Sie haben sich bei uns einquartiert -, doch wir haben uns gern damit abgefunden. Aber Sie haben das ganze Haus auf den Kopf gestellt, meinen Mann beim Arbeiten gestört, uns Ihr Personal und Ihre Verwandtschaft zugemutet und...» Mrs. Darling setzte zum Sprechen an, aber May hielt ihr abwehrend die Hand entgegen, «und wie ich schon sagte, waren wir ja auch gern bereit, Ihnen zu helfen. Aber... dieses alberne Theater wegen der Mäuse...»
    «Maus, Mummi.»
    «Es ist kein albernes Theater.»
    «May, vergiß bitte nicht», sagte Opa streng, «daß du nicht nur mit einem Gast, sondern auch mit meiner zukünftigen Frau sprichst.»
    Mrs. Darling sagte: «Misch dich nicht ein, John, ich kann ganz gut alleine mit ihr fertig werden.»
    «Was heißt hier einmischen?»
    Sie legte die Hand auf seinen Arm. «Das soll heißen, mein Lieber, daß du dich heraushalten sollst.»
    Das war eine arge Zumutung, denn Kräche waren Opas Lebenselixier. «Schreib mir gefälligst nicht vor, was ich in meinem eigenen Hause zu tun oder zu lassen habe», schrie er.
    «Oh, John, so sei doch nicht kindisch», sagte sie mit gelangweilter Stimme.
    «Kindisch?»
    «Ja, das sagte ich», erwiderte sie. «Und jetzt entschuldigt mich bitte, lassen wir doch diese lächerliche Angelegenheit auf sich beruhen, ich muß Feydeau suchen.»
    Opa reute es schon, daß er mit seiner Zukünftigen so barsch umgesprungen war, und er sagte mißmutig: «Soll ich mitkommen und das kleine Biest suchen?»
    «Feydeau ist kein kleines Biest», sagte Mrs. Darling gereizt.
    Opa zuckte die Schultern. Für ihn war und blieb Feydeau ein kleines Biest. Und da durchzuckte ihn zum erstenmal ein schrecklicher Gedanke: wenn er Helena nahm, nahm er auch Feydeau! Ein sehr ernüchternder Gedanke. Aber in diesem Augenblick ereignete sich etwas ganz Entsetzliches. Feydeau stürzte ins Zimmer. Er war jedoch nicht mehr das wohlfrisierte, artig wedelnde, kokette, kleine Schoßhündchen von ehedem, sondern ein aufgeregt hechelnder, durchnäßter, verdreckter, kläffender Köter. Und er brachte einen Freund mit. «Schultz!» schrie Gaylord begeistert. «Du hast also doch mit Fido gespielt.»
    Das war entschieden eine Untertreibung. Beide standen sie in der Tür, der große, tapsige Bastard und der blasierte, kleine Pekinese; beide sichtlich bester Stimmung. Feydeau hatte offenbar eine tief befriedigende Erfahrung hinter sich. Er war ganz aus dem Häuschen. «Feydeau, mein Liebling!» rief Mrs. Darling. Schock, Entsetzen, Vorwurf, Trauerund alles verzeihende Liebe lagen

Weitere Kostenlose Bücher