Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortinbras ist entwischt

Fortinbras ist entwischt

Titel: Fortinbras ist entwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
Vom Netzwerk:
ließ nicht locker. «Aber es könnte ein sein?» fragte er begierig.
    Sie streckte sich, beugte sich leicht über das Tablett in ihren Händen und küßte ihn flüchtig. «Vielleicht, Mr. Darling, wenn nichts Unerwartetes dazwischenkommt.»
     
    Er hatte zumindest dafür gesorgt, daß man sich um Mrs. Darling kümmerte; in diesem Punkt hatte er jedenfalls ein reines Gewissen. Nun aber, dachte Gaylord, wäre es wohl ratsam, in Deckung zu gehen, und dort so lange wie möglich zu bleiben.
    Es war in der Tat höchste Zeit, in der Versenkung zu verschwinden. «Hallo Paps», sagte er listig, um bei seinem zerstreuten Vater den Eindruck zu hinterlassen, daß er -sollte jemand nach ihm fragen - ganz in der Nähe sei. Dann: schnell durch die Halle in die Küche, hinaus auf den Hof und hinein in den Heuschober. In seiner Abwesenheit -hoffte Gaylord inständig - würden sich die Gemüter wieder beruhigen.
    Das war sein Plan. Doch er hatte noch nicht einmal die Halle durchquert, als eine Stimme «Gaylord!» rief. Es war Mummi, die mit Mrs. Darling die Treppe herunterkam.
    «Ja, Mummi», sagte er, unschuldig wie ein Lamm.
    «Was hast du heute früh wieder angestellt?»
    «Ich, Mummi?» Sie war offensichtlich auf der falschen Fährte.
    «Warum hast du Mrs. Darling gesagt, du müßtest sie warnen? Und warum hast du mir vorgeflunkert, du hättest sie schreien gehört, als du an ihrem Zimmer vorbeigingst?»
    Es passierte Gaylord nicht oft, daß er auf frischer Tat ertappt wurde. Jetzt aber war’s soweit. Die Sache mit der Warnung hatte er ganz vergessen. Er sagte: «Ich wollte Mrs. Darling nur warnen, daß Fortinbras noch frei herumläuft. Und da - plötzlich - flitzt er doch schon aus der Fußbodenleiste.»
    Es klang ziemlich dumm. Er wußte, daß es dumm war, und Mummi wußte das auch. Und wie immer bei Mummi ergab sich eines aus dem anderen. Sie betrachtete ihn mit ahnungsvollem Entsetzen. «Gaylord», sagte sie, «gestern nacht, als ich dich auf der Treppe fand, habe ich dich doch gefragt, ob sich nicht etwas in deiner Tasche bewegt. Das... das war doch nicht etwa...?»
    Er hatte verspielt. Ein Blick auf Mummis Gesicht überzeugte ihn davon, daß alle Ausflüchte vergebens waren. «Ja, Mummi», flüsterte er und senkte schuldbewußt den Kopf.
    «Du... du kleines Ungeheuer», sagte sie voller Abscheu.
    Gaylord wünschte, die Erde würde sich auftun und ihn verschlingen. Aber nun mischte sich auch noch Mrs. Darling ein. «Wenn ich diesen mir etwas unklaren Wortwechsel recht verstehe, dann hat er - absichtlich - dieses schauderhafte Viech in mein Zimmer praktiziert?»
    «So ist es», sagte Mummi grimmig.
    Mrs. Darling schwieg. Dann sagte sie: «Offen gestanden, finde ich das alles andere als spaßig. Ich muß Ihnen schon sagen, ich bin indigniert.»
    Na, da haben sich ja die zwei richtigen gefunden, dachte Gaylord. Er senkte seinen Kopf noch um einige Grade tiefer. Doch dann hörte er - zu seinem größten Erstaunen-, wie Mummi sagte: «So, sind Sie das, Mrs. Darling? Aber vorläufig ist das hier noch Gaylords Zuhause, und kleine Jungen stellen gelegentlich einmal etwas an.»

    «Oh, es war auch nicht persönlich gemeint», sagte Mrs. Darling kühl. «Ich verabscheue nur Grausamkeit und Bosheit, und es scheint mir besonders bedenklich, wenn sie sich schon in früher Jugend zeigt.»
    Gaylord hörte, wie Mummi tief Luft holte. Dann antwortete sie resolut: «Das hat nichts mit Grausamkeit oder Bosheit zu tun. Ich hätte gedacht, Sie würden Gaylord etwas besser kennen, selbst wenn Sie hier relativ fremd sind.»
    «Warum hat er es dann getan?» fragte sie honigsüß.
    «Es interessiert ihn nun einmal, herauszufinden, wie Erwachsene in gewissen Situationen reagieren», sagte May.
    «Was Sie nicht sagen! Aber ich, Mrs. Pentecost, bin nicht bereit, hier sein Versuchskaninchen abzugeben. Ah, da bist du ja, John!»
    Opa, der ahnungslos dazukam, spürte sofort die Spannung zwischen den beiden Frauen. Er wünschte, er wäre nicht dazugekommen; aber für einen Rückzug war es jetzt zu spät.
    «Ah, Helena», sagte er nicht gerade konstruktiv.
    «Hallo, John», begrüßte sie ihn, ohne große Begeisterung, wie er fand. Es war nicht seine Art, erst lange auf den Busch zu klopfen. Er sah von einer zur anderen und bellte los: «Habt ihr euch in die Haare gekriegt?»
    «Laß nur, Schwiegervater», sagte May, «wir kommen schon alleine klar.»
    «Also May, setz dich hier nicht aufs hohe Roß. Was ist los?»
    Erwartete. «Helena!

Weitere Kostenlose Bücher