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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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einem Kloster in den Bergen meinen Frieden zu finden, wie ich es mir manchmal erträumte - ich sollte einen Krieg führen ohne Waffenruhe und ohne Ende«, schloß er viele Jahre später, als er seine Vergangenheit überblickte und klar die zurückgelegten Wege sehen konnte und die noch zurückzulegenden.
    Paulina Rodríguez de Santa Cruz entstieg der »Fortuna« wie eine Königin, umgeben von ihrem Gefolge und mit einem Gepäck von dreiundneunzig Koffern. Kapitän John Sommers’ dritte Reise mit Eis war eine rechte Qual für ihn, die übrigen Reisenden und die Mannschaft gewesen. Paulina ließ alle Welt wissen, daß ihr das Schiff gehörte, und um das zu beweisen, widersprach sie dem Kapitän, sooft es ihr paßte, und gab den Matrosen eigenmächtige Befehle. Ihnen war nicht einmal die Erleichterung vergönnt, sie seekrank zu sehen, denn ihr Elefantenmagen widerstand jedem Schlingern, jedem Sturm ohne weitere Folgen als einem gesteigerten Appetit. Ihre Kinder ver– irrten sich regelmäßig in dem labyrinthischen Eingeweide des Schiffes, obwohl die Nanas sie nicht aus den Augen lassen sollten, und wenn das wieder einmal geschah, gellten die Alarmglocken an Bord, und sie mußten die »Fortuna« stoppen, weil die verzweifelte Mutter schrie, sie seien ins Wasser gefallen.
    Der Kapitän versuchte ihr so rücksichtsvoll wie irgend möglich klarzumachen, wenn das der Fall wäre, müsse sie sich abfinden, denn dann hätte der Pazifik sie verschlun– gen, aber sie befahl, die Rettungsboote auszusetzen. Die Kinder tauchten früher oder später wieder auf, und sie konnten die Reise beruhigt fortsetzen. Dafür rutschte ihr unausstehliches Schoßhündchen eines Tages aus und fiel vor den Augen mehrerer Zeugen in den Ozean, aber keiner sagte ein Wort. Auf dem Kai von San Francisco erwarteten sie ihr Mann und sein Bruder sowie eine Reihe Kutschen und Karren zum Transport der Familie und des Gepäcks. Die eigens für sie errichtete Residenz, ein elegantes viktorianisches Haus, war in Kisten aus England hergeschafft worden, alle Teile numeriert und mit einem Plan für ihre Zusammensetzung versehen; sie hatten auch die Tapeten, Möbel, Harfe, Klavier, Lampen, Porzellan– figuren und Bilder mit idyllischen Szenen importiert. Paulina gefiel es nicht. Verglichen mit ihrem Marmor– wohnsitz in Chile war dies ein Puppenhaus, das umzufallen drohte, wenn man sich an die Wand lehnte, aber für den Augenblick gab es keine andere Lösung. Im übrigen genügte Paulina ein Blick auf die geschäftige, lebensvolle Stadt, um ihre Möglichkeiten zu erkennen.
    »Hier werden wir uns niederlassen, Feliciano. Wer hier Pionier ist, wird später die Aristokratie darstellen.«
    »Deinen Adelstitel hast du doch schon in Chile, Weib.«
    »Ich ja, aber du nicht. Glaub mir, dies wird die wichtigste Stadt am ganzen Pazifischen Ozean sein.«
    »Von Schurken und Huren gegründet!«
    »Genau. Die sind am meisten auf gutes Ansehen erpicht. Es wird nichts Angeseheneres geben als die Familie Cross. Ein Jammer, daß die Gringos deinen wirklichen Namen nicht aussprechen können. Cross ist ein Name für Käsehersteller. Aber schließlich - man kann nicht alles haben…«
    Kapitän John Sommers machte sich auf zum besten Restaurant der Stadt, um so gut und viel wie möglich zu essen und zu trinken und die fünf Wochen zu vergessen, die er in der Gesellschaft dieser Frau verbracht hatte. Er hatte mehrere Kisten mit den neuen illustrierten Ausgaben erotischer Bücher mitgebracht. Der Erfolg der vorigen war unglaublich gewesen, und er hoffte, seine Schwester werde bald wieder Lust zum Schreiben bekommen. Seit Elizas Verschwinden hatte sie sich in ihrer Traurigkeit vergraben und die Feder noch nicht wieder angerührt. Auch ihm hatte es die gute Laune verschlagen. Ich werde alt, verdammt, dachte er, als er sich ertappte, wie er in nutzloser Wehmut vor sich hin grübelte. Er hatte keine Zeit gehabt, sich an seiner Tochter zu erfreuen, sie nach England mitzunehmen, wie er es vorgehabt hatte; er hatte es auch nicht geschafft, ihr zu sagen, daß er ihr Vater war. Diese ganze Geheimniskrämerei hatte er gründlich satt. Das Geschäft mit den Büchern war ein weiteres Familien– geheimnis. Vor fünfzehn Jahren, als seine Schwester ihm gestand, daß sie hinter Jeremys Rücken schamlose Ge– schichten schrieb, um nicht vor Langeweile umzu– kommen, hatte er sich überlegt, daß man sie in London veröffentlichen könnte, wo der Markt für Erotika aufgeblüht war ebenso wie die

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