Fortunas Tochter
von Mama Fresia und in Sacramento von Tao Chi’en gelernt hatte, bis endlich einer nach dem andern sich erholte, obwohl sie noch eine gute Weile taumelig und ein wenig wirr im Kopf waren. Babalú der Böse hatte am schlimmsten leiden müssen, sein gewaltiger Zyklo– penkörper war nicht an Krankheit gewöhnt, er magerte ab, und das Fleisch hing ihm so traurig herab, daß sogar seine Tätowierungen aus der Form kamen.
In diesen Tagen erschien in der Lokalzeitung eine kurze Notiz über einen Banditen namens Joaquín Murieta, ob Chilene oder Mexikaner sei nicht sicher, der entlang der Mutterader eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte. Zu der Zeit herrschte die nackte Gewalt in der Goldregion.
Als die Nordamerikaner enttäuscht begriffen, daß das schnelle Glück wie ein zum Spott gewordenes Wunder nur sehr wenigen gelächelt hatte, klagten sie die Ausländer an, sie bereicherten sich aus purer Gier, ohne zur Wohlfahrt des Landes beizutragen. Der Alkohol heizte ihnen ein, und die Tatsache, daß sie keine Folgen zu fürchten hatten, wenn sie nach ihrem Belieben Strafen austeilten, gab ihnen ein irrationales Gefühl der Macht.
Nie wurde ein Yankee wegen Verbrechens gegen Andersfarbige verurteilt, schlimmer noch, häufig konnte ein Weißer sich seine eigenen Geschworenen aussuchen.
Aus der Fremdenfeindschaft wurde blinder Haß. Die Mexikaner wollten es nicht hinnehmen, daß sie durch den Krieg ihr Territorium verloren hatten und daß sie von ihren Ranchos und aus den Minen vertrieben wurden. Die Chinesen ertrugen schweigend die Mißachtung, gingen nicht fort und bauten weiter Gold ab mit winzigen Erträgen, aber mit so unendlicher Zähigkeit, daß sie Gramm um Gramm Reichtum anhäuften. Tausende Chilenen und Peruaner, die als erste herbeigeeilt waren, als das Goldfieber ausbrach, beschlossen heimzukehren, denn ihrem Traum unter solchen Bedingungen weiter zu folgen lohnte die Mühe nicht. Im Jahre 1850 hatte die Regierung Kaliforniens eine Steuer auf den Bergbau eingeführt, um die Interessen der Weißen zu schützen. Neger und Indianer blieben draußen, sofern sie nicht als Sklaven arbeiteten, und die Ausländer mußten monatlich zwanzig Dollar zahlen und ihren Claim neu registrieren lassen, was sich praktisch nicht durchführen ließ. Sie konnten die Fundstätten nicht verlassen und wochenlang zu den Städten und wieder zurück wandern, um dem Gesetz Genüge zu tun, taten sie es aber nicht, beschlagnahmte der Sheriff die Mine und übergab sie einem Nordamerikaner. Diejenigen, die die Maßnahmen durchzusetzen hatten, waren vom Gouverneur beauftragt und bezogen ihre Entlohnung von der Steuer und den Geldstrafen, eine perfekte Methode, die Korruption zu fördern. Das Gesetz wurde nur gegen Ausländer mit dunklerer Hautfarbe angewandt, obwohl die Mexikaner nach dem Friedensvertrag von 1848 ein Recht auf die nordamerikanische Staatsbürgerschaft hatten. Eine weitere Verfügung richtete sie endgültig zugrunde: Der Besitz ihrer Ranchos, auf denen sie seit Generationen gelebt hatten, mußte von einem Gericht in San Francisco bestätigt werden.
Das Verfahren zog sich über Jahre hin und kostete ein Vermögen, außerdem waren die Richter und die Gerichts– vollzieher häufig eben diejenigen, die sich ihrer Grund– stücke bemächtigt hatten. Da die Justiz sie nicht schützte, schlossen sich einige außerhalb des Gesetzes zusammen und übernahmen, wenn schon, denn schon, die Rolle der Rechtsbrecher. Die früher sich damit begnügt hatten, Vieh zu stehlen, griffen jetzt Goldgräber und Alleinreisende an. Bestimmte Banden wurden berühmt durch ihre Grausamkeit, sie raubten ihre Opfer nicht nur aus, sondern hatten auch ihren Spaß daran, sie zu quälen, bevor sie sie umbrachten. Die Rede ging von einem besonders blutgierigen Banditen, dem man unter anderen Verbrechen den entsetzlichen Tod zweier junger Nordamerikaner anlastete. Man fand ihre Leichen an einen Baum gebunden, mit Wunden, die darauf hindeuteten, daß sie als Ziele für Messerwürfe gedient hatten; außerdem war ihnen die Zunge herausgeschnitten, die Augen ausgestochen und die Haut abgezogen worden, bevor sie noch lebend zurückgelassen wurden, damit sie langsam starben. Der vermutliche Täter wurde Drei-Finger-Jack genannt und war, wie es hieß, die rechte Hand von Joaquín Murieta.
Jedoch es gab nicht nur Wildheit und Grausamkeit; die Städte entwickelten sich, neue Dörfer entstanden, Familien ließen sich nieder, Zeitungen, Theatertruppen und Or– chester
Weitere Kostenlose Bücher