Fortune de France: Roman (German Edition)
daßMonsieur de Duras angreifen will. Die Konsuln haben reichlich Lebensmittel und Munition in die Stadt bringen lassen, und gar etliche katholische Adelsherren sind ihrem Ruf gefolgt: Fontanilles, Puymartin, Périgord, Claude de Martres, La Raymondie. All diese Männer bilden vier wohlgeordnete Schlachthaufen, welche sich mit ihren Arkebusen auf die Stadtmauer verteilen. Zu all dem verfügen sie im Friedensturm über etliches starkes Geschütz.«
»Und trotz alledem werden wir Sarlat einnehmen!« sprach Verbelay entschlossen.
»In zehn Tagen«, hielt ihm mein Vater entgegen, »falls nicht schon vorher Monsieur de Burie, welcher auf Schloß Les Milandes sitzt, und Monsieur de Montluc, der bei Agen steht, herangeeilt sind und Euch vom Rücken her angreifen. Monsieur Verbelay, ich bitte Euch, übermittelt Monsieur de Duras getreulich meine Worte. Er hätte Sarlat in einem überraschenden Handstreich innerhalb von vierundzwanzig Stunden einnehmen können, doch dazu ist zuviel geredet worden in Euren Reihen. Jetzt ist Sarlat gewarnt, Burie wie auch Montluc wissen Bescheid und werden Euch in die Zange nehmen. Glaubet mir, der kürzeste, der sicherste und der schnellste Weg zum Prinzen von Condé in Orléans führt nicht über Sarlat.«
»Ich werde Eure Rede getreulich übermitteln, Herr Baron, und auch die Eure, Herr Junker«, sprach Verbelay darauf, sich erhebend und mit einer Kürze sich verabschiedend, welche die Gebote der Höflichkeit gerade noch zuließen. Seine funkelnden schwarzen Augen verrieten, wie unzufrieden er mit dem Ratschlag war, welchen er zu überbringen hatte.
Von einem Turmfenster aus sahen ihm Siorac und Sauveterre nach, wie er auf sein Roß stieg und mit seiner kleinen Geleitschar davonsprengte. Sauveterre schüttelte den Kopf:
»Wieder ein guter Rat, der in den Wind gesprochen ist.«
»Das befürchte auch ich«, sagte mein Vater, die Fäuste in den Hüften, den Kopf erhoben. »Ah, wenn der Prinz von Condé mir das Kommando über die Armee von Gourdon angetragen hätte …«
»Aber es lag doch an Euch …«
»Oh, nein, mitnichten!« sprach Siorac, ungeduldig im Zimmer auf und ab schreitend. »Was hat man mir denn geboten? Feldhauptmann zu sein unter Duras! Der ist ein guter Obristder Fußtruppen, engstirnig den alten Gewohnheiten folgend. Er will seiner Truppe auf billige Weise einen ersten Erfolg verschaffen, indem er sich an Sarlat versucht. Doch dazu hätte er seine Angriffsabsichten verschleiern müssen, wie Guise es so trefflich bei Calais getan. Nun aber hat er den Vorteil eines überraschenden Angriffes verspielt und wird Sarlat nicht im Handstreich einnehmen, sondern ganz im Gegenteil so viel Zeit vor dessen Mauern verlieren, daß ihn Montluc mit seinen greulichen spanischen Fußtruppen einholen und in Stücke hauen wird. Nein!« sprach mein Vater mit Leidenschaft, »es wäre Duras’ erste Pflicht gewesen, seine Soldaten aus dieser gefährlichen Löwengrube des Périgord herauszuführen, um so durch die Schnelligkeit seiner Bewegungen den Klauen von Montluc zu entgehen und seine zwölftausend Mann heil und gesund zu Condé zu führen.«
Still dasitzend wie meine Brüder, lauschte ich diesen Worten mit Bewunderung und war gleichwohl erstaunt zu hören, daß mein Vater, der königstreue Hugenott, »vielleicht« gegen seinen König zu Felde gezogen wäre, wenn man ihm bei Gourdon das Kommando angetragen hätte. Jean de Siorac hatte also nur allzu recht mit seinem Ausspruch, daß in solch unruhigen Zeiten höchst widersprüchlich sei, was uns die Pflicht gebietet … Und dies Gebot der Pflicht ward noch verworrener, als auf Mespech die Kunde eintraf, Duras’ Truppen seien herangerückt und hätten Sarlat am Abend des dritten Oktober eingeschlossen. Daß die Unseren im Begriffe waren, eine Stadt einzunehmen, mit der die Brüder durch so viele freundschaftliche Bande verbunden waren, erweckte in ihnen gemischte Gefühle, wie die Gespräche zeigten.
»Duras wird Sarlat nicht einnehmen!« rief mein Vater, von dieser Nachricht erschreckt.
»Aber Jean«, hielt Sauveterre ihm vor, »Ihr sprecht, als wolltet Ihr gar nicht, daß er die Stadt einnähme.«
»Und Ihr, wollt Ihr es denn?«
»Ich wünschte es mir«, sagte Sauveterre ohne Begeisterung. »Es wäre ein erster Erfolg unserer Truppen in einem ungerechten Krieg, den man uns aufgezwungen.«
»Aber wäre es wirklich ein Erfolg?« fragte mein Vater, ungeduldig auf und ab schreitend. »Duras nimmt die Stadt ein – und was geschieht
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