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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Abgesandter von Monsieur de Duras ein, welcher bei Gourdon die hugenottischen Truppen der mittäglichen Provinzen zusammenzog, um sie nach Orléans zu führen, allwo sie die Streitmacht des Prinzen von Condé verstärken sollten.
    Die Unterredung fand in der Bibliothek von Mespech statt, und wieder waren François, Samson und ich zugegen, weil Jean de Siorac vermeinte, es reiche nicht aus, daß seine Söhne von Sauveterre über die großen Begebenheiten der Vergangenheit unterrichtet werden: sie sollten auch erleben, wie die Geschichte des Königreiches tagtäglich, sozusagen unter ihren Augen, Gestalt annahm.
    Der Gesandte nannte sich Verbelay und besaß ganz ohne Zweifel nicht die höfische Gewandtheit eines Monsieur de L. Er hatte etwas von einem Soldaten und zugleich von einem Geistlichen in seinem Wesen, und in der Tat war er von dem zweiteren Stand in den ersteren gewechselt. Er war nämlich anfänglich auf Empfehlung seines Bruders, des Bischofs von Le Puy, als Novize in das Kloster Cluny eingetreten; weil ihn aber die Kutte nach einiger Zeit auf seiner jungen Haut zu jucken begann, legte er sie ab. Nachdem er Hugenott geworden, juckte es ihn nunmehr, sich auf dem Schlachtfelde zu schlagen. Er trug ein Rapier, einen Dolch sowie eine Pistole im Gürtel und über dieser Bewaffnung zwei glühende schwarze Augen, enganliegendes Haar und eine große Nase, um seine Feinde zu erspüren, nach deren Blut ihn dürstete. Im übrigen war er von großer Tapferkeit, wie sich noch zeigen wird.
    Zuvörderst dankte Verbelay den Brüdern für die tausend Dukaten, welche sie Monsieur de L. übergeben, der sie Monsieur de Duras eingehändigt. Die Spende war verwendet worden, den Feldschlangen, welche Duras’ ganze Artillerie ausmachten, eine große Kanone hinzuzufügen, die den Mut der hugenottischen Soldaten in Gourdon gestärkt hatte. In ihrer südländisch-spottlustigen Art hatten sie ihr sogleich den Namen
Pfaffenschreck
gegeben und sie ungesäumt getauft – nicht mit Wasser, sondern mit Cahors-Wein, von dem ein Teil über die neuglänzende Bronze floß, der größere indes in ihre Kehlen.
    Pfaffenschreck
sollte seine ersten Schüsse gegen die Mauern von Sarlat abgeben, welche Stadt Monsieur de Duras einzunehmen gedachte, denn der kürzeste Weg nach Orléans führteihn dort vorbei. Und so ersuchte er den Herrn Baron von Mespech, welcher sich schon bei einer anderen Belagerung hervorgetan, ihn dabei durch seinen Rat zu unterstützen.
    »Bei Calais«, sprach mein Vater, »ging es um die Vertreibung der Engländer aus der Stadt: ein klares und deutliches Gebot der Pflicht. Doch hier ist höchst widersprüchlich, was die Pflicht gebietet. Sosehr es ein großes Verbrechen war, die Reformierten in Acht und Bann zu tun, ist es ein ebensolches, sich gegen seinen König zu erheben und eine Stadt seinem Gehorsam zu entreißen.«
    »Ich bin nicht gekommen, Herr Baron«, sprach Verbelay mit einiger Ungeduld, »Euch um einen Sinneswandel zu ersuchen. Ich bitte nicht um Eure Tat, sondern allein um Euern Rat.«
    »Nun denn«, sagte mein Vater, etwas ergrimmt ob dieses Tones, »da Monsieur de Duras mir die Ehre antut, mich nach meinem Rat zu fragen, hier ist er: Wenn der gerade Weg über Sarlat führt, so möge Monsieur de Duras einen Umweg machen und an der Stadt vorüberziehen.«
    »Nein!« rief Verbelay, wobei seine schwarzen Augen Funken zu sprühen schienen. ›Vorüberziehen an diesem reichen Bischofssitz, wo wir für unsere Sache doch so dringend Geld brauchen? Und die Stadt kaum befestigt ist, weder einen Wehrturm noch eine starke Burg hat, sondern nur eine einfache, mit kleinen Türmchen besetzte Stadtmauer nebst einem Wallgraben, und obendrein mit Hügeln umgeben ist, von denen aus der kleinste Winkel einsehbar ist?«
    Hierauf erwiderte Jean de Siorac nichts, damit zu verstehen gebend, daß alles gesagt sei. Da indes das Schweigen andauerte und Sauveterre vielleicht die Antwort meines Vaters als etwas schroff erachtete, hub er an:
    »Wie viele Feldschlangen besitzet Ihr neben
Pfaffenschreck
noch, Monsieur Verbelay?«
    »Sechs.«
    »Dies ist sehr wenig für eine Belagerung.«
    »Doch wir sind zwölftausend Mann, sie nur dreihundert.«
    »Dreihundert hinter einer schützenden Mauer«, erwiderte Sauveterre, »die wie die Löwen kämpfen werden, ihre Weiber, ihr Gold und ihren Glauben zu verteidigen – was dies auch immer für ein Glauben sei«, fügte er mit einer kleinen Handbewegung hinzu. »Außerdem weiß man in Sarlat bereits,

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