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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ihn doch einmal her«, sprach da plötzlich Sauveterre, streckte die Hand aus und ergriff den Korb, welchen er mit Aufmerksamkeit von allen Seiten betrachtete, dabei die Haltbarkeit der Ruten prüfend und die Art, wie sie miteinander verflochten. »Es ist eine gar treffliche Arbeit, Sarrazine«, fuhr er etwas milder gestimmt fort. »Du hast deine Zeit bei den Zigeunern nicht verloren.«
    Er blickte sie an – gewißlich nicht in der Art, wie es mein Vater tat, sondern mit einer Miene, darin sich Nachdenken und Berechnung mischten.
    »Und verstündest du auch«, fragte er nach einer Weile, »eine Winzerkiepe zu flechten?«
    »Ich habe es schon getan«, erwiderte Sarrazine mit gut gespielter jungfernhafter Bescheidenheit und ohne ihren braunen Leib in den Hüften zu wiegen, denn sie fühlte, daß die Dinge auch auf Sauveterres Seite eine günstige Wendung nahmen. »Nur braucht es dazu mehr Zeit und dickere Ruten.«
    »Sag an«, fragte Sauveterre mit ernster Stimme, »vermagst du in einem Monat vier Kiepen zu verfertigen?«
    »Ich denke wohl.«
    Sauveterre sah meinen Vater an, und mit einem einzigen Blick hatten sie sich verstanden.
    »Nun denn«, sprach er, »wir werden ein Haus bauen für Jonas und dich, und du, Sarrazine, wirst uns vier Winzerkiepen im Monat flechten. Im ersten Jahr bekommst du nichts, doch dann werden wir dir zwei Sols für die Kiepe zahlen.«
    »Drei«, warf mein Vater ein.
    »Drei«, stimmte Sauveterre ein, etwas verstimmt mit den Schultern zuckend.
    Sarrazine hüpfte schier vor Glückseligkeit, als ich sie zum Torhaus zurückgeleitete, denn die unvergoltenen Mühen ihrer Finger, ihrer Arme und ihres Rückens während zwölf langer Monate zählten nicht für sie angesichts der Freude, in einem von Jonas gebauten Hause zu wohnen, das gleichwohl den Reichtum der Herren Brüder mehrte.
    So ward sie also zwei Tage später auf hugenottische Art verehelicht, denn ob der begangenen fleischlichen Sünde durfte nicht länger gesäumt werden. Und alsbald ging Sarrazine daran, mit bloßen Füßen im kalten Wasser stehend, im Beunes-Grund Weidenzweige zu schneiden. Von jener Zeit an verkaufte Mespech außer den von Faujanet verfertigten Weinfässern auch Winzerkiepen, welche zwei Handelschaften sich gar wohl ergänzten und keinen geringen Gewinn einbrachten, wie aus den sehr genauen Aufzeichnungen von Sauveterres Hand im »Buch der Rechenschaft« hervorgeht.
     
    Die Kunde, daß Montluc die Unseren bei Vergt geschlagen, erreichte den Guise, als er die Hugenotten zu Rouen belagerte. Die Stadt ward trefflich verteidigt von Montgomery, jenem großen, steifen jungen Edelmann, gegen welchen Katharina von Medici einen tödlichen Haß hegte, weil sein Lanzenstumpf im Verlaufe eines Turniers ihrem vielgeliebten Ehegemahl das Auge ausgestoßen hatte. Daß jener Unglücksfall vor drei Jahren das alleinige Werk des Zufalls gewesen – Montgomery war zu dem letzten Gang wider seinen Willen und auf ausdrücklichen Befehl Heinrichs II. angetreten –, änderte nichts an der leidenschaftlichen Rachsucht der Italienerin. Klein, dicklich, mit Puppengesicht, aber raubtierhaftem Unterkiefer, hatte sie im Gefolge der vielen Demütigungen, welche sie während der Herrschaftszeit ihres Gemahls erdulden mußte (nicht einmal im Bett war sie die erste gewesen), die Kunst der Verstellung erlernt. So konnte sie im Gespräch einen Besucher aus großen, geweiteten Augen anlächeln, indes sie gerade seinen Tod beschloß, wobei sie nichts zu überstürzen pflegte, sondern geduldig auf die rechte Stunde zu warten verstand. Die von Montgomery hatte nunmehr geschlagen. Der Hugenott sollte zweimal bezahlen: für sein Aufbegehren gegen Karl IX. und für den Lanzenstumpf, den er vergessen hatte wegzuwerfen. Ohngeachtet des Geschütz- und Büchsenfeuers stieg die Regentin Tag für Tag in die Schanzgräben, mit dem Beispiel ihres Mutes den Verlauf der kriegerischen Unternehmungen zu beschleunigen.
    Guise hatte ursprünglich seine ersten Schläge gegen Orléans richten wollen, doch als Condé vermöge jenes unglückseligen Vertrages von Hampton Court, welcher die Brüder so empörte, Le Havre an Elisabeth von England übergeben hatte, eilte derHerzog nach Norden, Rouen zu belagern, um einer englischen Landung zuvorzukommen, welche Paris höchstlich beunruhigt hätte. Allein er hatte dabei außer acht gelassen, wie wenig eilig es Elisabeth mit der Einlösung ihrer Versprechen hatte – jetzt, da sie Le Havre in der Hand hatte und das Ende des

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