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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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der Königlichen gegen seine Nachhut befürchtete, überredete er Condé, haltzumachen und sich zum Kampf zu stellen. Der Ort war günstig, sie standen in der Ebene von Dreux, die Raum genug bot, daß Condé seine fünftausend Reiter in Schlachtordnung bringen konnte.
    Guise, der sich mit seinen Edelleuten und den Rotten der französischen Pikeniere auf dem rechten Flügel der königlichen Armee befand, hatte den Oberbefehl abgelehnt, denn es gelüstete ihn wenig, wieder für andere die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Sich hoch aufrichtend in den Steigbügeln seines großen Rappen und gemächlich in die Runde schauend, als wohne er einer Theateraufführung bei, sah er ungerührt zu, wie Condé und Coligny den Konnetabel aufs Haupt schlugen.
    »Euer Gnaden, der Herr Konnetabel wird gar hart bedrängt!«
    »Ich sehe es wohl«, erwiderte Guise.
    »Euer Gnaden, der Herr Konnetabel ist verwundet!«
    »Ich sehe es wohl.«
    »Euer Gnaden, der Herr Konnetabel ist gefangengenommen!«
    »Ich sehe es wohl.«
    Eifrigst damit beschäftigt, den Geschlagenen den Rest zu geben, schrien die Hugenotten schon Sieg, doch Coligny wies mit seinem Degen auf Guise und dessen Mannen, welche unbeweglich auf dem rechten Flügel des Schlachtfeldes verharrten.
    »Ich sehe dort ein Sturmwetter«, sprach er, »welches bald auf uns herabschlagen wird.«
    Einige Augenblicke später richtete sich Guise, die beiden Gegner für erschöpft erachtend, wiederum in seinen Steigbügeln auf und rief:
    »Auf, Gefährten! Der Sieg ist unser!«
    Und sich an der Spitze der spanischen Fußsoldaten in das Kampfgetümmel stürzend, schlug er das hugenottische Fußvolk zurück. Condé ward an der Hand verletzt und geriet in Gefangenschaft. Die Hugenotten flohen in wilder Hast. In der vierten Stunde schien alles zu Ende.
    Doch in diesem Augenblick tauchten auf dem rechten Flügel der siegreichen Armee tausend Reisige und dreihundert Panzerreiter auf, welche Coligny um sich zu scharen vermocht hatte. Sie durchbrachen die Reihen der katholischen Reiterei, konnten indes nicht das waffenstarrende Karree der Pikeniere zum Wanken bringen. So zog Coligny sich zurück, doch wie ein jeder wußte, zeichnete er sich nirgends mehr aus als bei Niederlagen und Rückzügen.
    Guise wagte nicht, ihn allzu weit zu verfolgen. Im übrigen hatte er ja einen größeren Sieg errungen als erhofft, einen Sieg sowohl über seine Feinde als auch über seine Rivalen: der Konnetabel war gefangen, und der Marschall von Saint-André hatte den Tod gefunden. Von nun an bestand das Triumvirat nur noch aus ihm allein. Der schöne rote Erzengel der katholischen Kirche war mit einem Schlag zur einzigen Stütze des Thrones geworden.
    Er sandte an Katharina von Medici kunstvoll abgefaßte Briefe, worinnen er ihr unter vielerlei Bekundungen der Hochachtung für sie selbst und den König seinen prächtigen Sieg von Dreux in allen Einzelheiten beschrieb. Allein dies genügte ihm nicht. Einen Monat später begab er sich nach Blois, allwo er die Königinmutter, welche sich gerade zu Tische begeben wollte, ersuchte, sie möge geruhen, ihn nach dem Mahle zur Audienz zu empfangen.
    »Heiliger Jesus!« rief die Königin, Erstaunen heuchelnd, »was verlangt Ihr da von mir, mein Vetter? Eine Audienz! Aber zu welchem Zweck denn nur?«
    »Ich möchte«, so erwiderte Guise, »Euch vor versammeltem Hofe vermelden, was ich seit meinem Aufbruch von Paris mit Eurer Armee ausgerichtet.«
    »Aber das weiß ich doch, mein Vetter. Ihr habt mir doch alles in Euren Briefen berichtet.«
    »Madame«, sagte Guise mit selbstsicherer Gelassenheit, »ich möchte es Euch mit eigener Zunge berichten und Euch all die tapferen Hauptleute und Diener des Königs vorstellen, welche sich bei Dreux so wacker für Euch geschlagen.«
    Die Königin gewährte huldvoll lächelnd, was sie nicht zu verweigern vermochte. Und nach dem Mahle erschien Guise von neuem in karmesinrotem Atlas vor ihr, umgeben von seinen Feldhauptleuten wie ein König von seinen Ministern, erwies derKönigin und Karl IX. eine tiefe Reverenz und begann mit naiver Beredsamkeit und voll verdeckter Absicht – welche indes so verdeckt nicht war – die Erzählung seiner Kriegstaten.
    Die Königinmutter hörte zu, aus ihren großen, geweiteten Augen lächelnd, doch hinter ihren runden Wangen mit den Zähnen knirschend. Sie hatte begriffen, daß es Guise gelungen war, die Schlacht von Dreux gleich zweimal zu gewinnen: einmal auf dem Schlachtfeld und das zweite Mal mit einem

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