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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Krieges abwarten konnte, es gegen Calais einzutauschen.
    Seit die katholische Armee das Fort Sainte-Catherine eingenommen, welches auf steiler Höhe über der Stadt Rouen lag, wähnte sie den Sieg in Reichweite. Der Oberbefehl lag faktisch in den Händen des Guise, vom Grundsatz her in denen der Triumvirn (Guise, Saint-André und der Konnetabel), die jetzt aber vier waren, seit der König von Navarra, Anton von Bourbon – einer der ersten großen Adelsherren, der sich mit Condé zur Reformation bekannt hatte –, auf ein vages Versprechen Philipps II. hin, das spanische Navarra zurückzugeben, zum zweiten Mal den Glauben gewechselt hatte, von neuem zur heiligen Messe ging und Maria anbetete. Seine Frau, Jeanne d’Albret, verachtete diesen leichtfertigen Gesinnungswandel. Die Heucheleien des Hoflebens verabscheuend, war sie in ihrem kleinen Königreich Navarra dem hugenottischen Glauben treu geblieben. Anton jedoch war ein Tollkopf und ein Hohlkopf dazu, der immer dem letzten, der gesprochen, recht gab und den der erstbeste Weiberrock in seiner Meinung wanken machte. Totus est
Venereus
1 , schrieb Calvin, welcher niemals auf ihn gebaut.
    Vor Rouen wollte er es der Königinmutter nachtun und ließ, deren Mut durch Tollkühnheit ersetzend, seine Tafel hinter einer Mauer decken, welche vom Büchsenfeuer der Hugenotten hart bestrichen ward. Dort speiste er mit gutem Hunger. Vergessend, wo er sich befand, erhob er sich am Ende des Mahles, worauf ihn eine Büchsenkugel sogleich niederstreckte. Nach Einnahme der Stadt ließ er sich von seinen Soldaten in einer Sänfte durch die Straßen tragen, um als letzte Befriedigung mit anzusehen, wie die Hugenotten, deren Glauben er geteilt und deren Haupt er gewesen, dahingemetzelt wurden. Worauf er ebenso sinnlos starb, wie er gelebt, ein Weib hinterlassend, welches der Mann in der Familie war, sowie einen Sohn 2 , der zum Glück für das Wohl und Wehe Frankreichs seiner Mutter nachschlug.
    Die Plünderung Rouens war schlimmer, als man sich vorzustellen vermag, doch Katharina von Medici ward nicht das erhoffte Vergnügen zuteil – Montgomery entkam nämlich. Er sprang in eine Galeere und fuhr die Seine hinunter. Als er bei Caudebec die Kette gewahrte, welche die Katholiken quer über den Fluß gespannt hatten, versprach er den Rudersklaven die Freiheit. Darauf legten sich diese brüllend mit aller Kraft in die Ruder und trieben den Schiffsschnabel mit Macht gegen das Hindernis, welches unter der Wucht nachgab. Montgomery erreichte das offene Meer und die englische Küste. Allein er sollte seinem Schicksal nicht entkommen. Zwei Jahre später kreuzten sich seine Wege wiederum mit denen der Katharina von Medici, und diesmal vermochte der Sensenmann seine Ernte zu halten.
    Dem Anschein nach war die Einnahme von Rouen ein Juwel mehr in der Krone des Guise, von dem man schon munkelte, daß er sie eines Tages gegen die von Karl IX. zu tauschen gedächte. Doch bei seinem Aufbruch von Rouen nach Paris war der Herzog in verdrossener Stimmung, denn den Ruhm der Belagerung hatte er teilen müssen mit dem Konnetabel von Montmorency, welcher im Dienste von drei Königen gealtert war, ohne weiser zu werden; mit dem Marschall von Saint-André, welcher zwar jünger war als der Konnetabel, doch ebensowenig Talente aufzuweisen hatte; und gar noch mit dem armen Toren Anton von Bourbon, der sich vielleicht absichtlich hatte anschießen lassen, um auf seiner Sänfte als sterbender Held durch die eroberte Stadt getragen zu werden.
    In Paris erhielt Guise zu seiner Überraschung die Kunde, daß die hugenottische Streitmacht, verstärkt durch dreitausend Reiter und viertausend Landsknechte, welche d’Andelot aus Deutschland mitgebracht, die Ortschaften Etampes, La Ferté-Alais, Dourdan und Montlhéry eingenommen hatte. Allerdings waren dies keine großen Kriegstaten. Die Hugenotten streiften nur um die Hauptstadt herum, aber belagerten sie nicht. Jene kleinen Städte waren erobert worden, um den deutschen Reitern und Landsknechten einige Beute zu verschaffen, denn sie schrien laut nach ihrem Sold. Und da ihre Schreie nicht verstummten, beschlossen Condé und Coligny, verlockt durch die vermeintlichen englischen Hilfsgelder und -truppen, in die Normandie zu ziehen.
    Die Hugenotten kamen nur langsam nach Westen voran wegen der Karren, worauf die Reiter ihre Beute gehäuft. Die ihnen nachsetzenden königlichen Truppen holten immer mehr auf und saßen ihnen gar bald auf den Fersen. Da Coligny einen Schlag

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