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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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neun Tage seines Lebens.
    Wie es schien, war La Boétie nicht von der Pest befallen, denn an seinem Leibe zeigten sich nicht alle ihre Anzeichen. Er litt vielmehr an ständigen Bauchflüssen, welche von überaus starkem Kopfweh begleitet waren. Noch schlimmer war indes, daß er nichts mehr essen konnte, und so verfiel er zusehends, seine Augen sanken immer tiefer in ihre Höhlen, und sein Gesicht ward aschfahl. In der Befürchtung, daß sein Übel ansteckend sei, suchte er Montaigne zu bewegen, immer nur für einen kurzen Augenblick in seiner Gegenwart zu weilen, dochMontaigne wollte dem nicht zustimmen und harrte bis zum Ende am Totenlager seines »unwandelbaren Freundes« aus.
    La Boétie war sich in jeder Minute des nahenden Todes bewußt. Noch im Besitze aller seiner Geisteskräfte, unternahm er es, seine Angelegenheiten mit bewundernswerter Kaltblütigkeit zu ordnen. Da er sein ganzes Leben Katholik gewesen, beschloß er, in dieser Religion auch zu sterben, und legte also die Beichte ab und empfing die Kommunion. Hierauf diktierte er sein Testament.
    Montaigne hat den Gleichmut geschildert, den der Freund dabei aufbrachte. Einige befinden die Worte, die er in seinen letzten Tagen und Stunden von sich gab, selbst in der Überlieferung Montaignes zu philosophisch und weitschweifig. Doch dies ist nach meinem Bedünken eine herzlose und kleinkrämerische Kritik. Zu seinen Lebzeiten war La Boétie höchst wortgewandt. Daß er es auch im Angesicht des Todes und unter unsäglichen Leiden noch war, ist einer gleichsam römischen Erhabenheit seines Wesens zu verdanken. Unter seinen letzten Worten gibt es einen Satz, der mir in meinen Mannesjahren Tränen in die Augen treten ließ. Kurz bevor La Boétie vor den Richterstuhl des Allerhöchsten berufen ward, vertraute er seinem Freund Montaigne die folgende Überlegung an: »Wenn Gott mich vor die Wahl stellte, entweder ins Leben zurückzukehren oder aber meine letzte Reise zu vollenden, würde mir die Entscheidung schwerfallen.« Welche Worte deutlich machen, wie hart ihm der Weg bis zu seinem Tode geworden sein muß, wenn er sich fürchtete, ihn ein zweites Mal zurückzulegen.
    Er verschied am 19ten August 1563 im Alter von kaum dreiunddreißig Jahren. Mein Vater hatte über ihn gesagt, er sei ein »Katholik besonderer Art«. Wie Michel de L’Hospital hatte La Boétie die Anwendung des Scheiterhaufens und des Kerkers gegen die Unseren als untauglich und unheilvoll gebrandmarkt. Er war auch dafür, daß die »unendlichen Mißstände«, die er in der römischen Kirche sah, durch umfassende Reformen »ausgebessert« werden sollten, denn er stand in der Meinung, nur auf diese Weise ließe sich die Kirche derart verändern, daß die Protestanten sich bereit fänden, in ihren Schoß zurückzukehren. Denn andererseits deuchte es ihn unmöglich, daß im selben Königreiche zwei Religionen Seite an Seite fortbestehenkönnten angesichts der Verbrechen, welche die Religion auf beiden Seiten rechtfertigte. »Die Eiferer eines jeden Lagers«, so sagte er, »sind von der verderblichen Meinung durchdrungen, ihre Sache sei so gut, daß kein Mittel schlecht sein könne, welches sie befördert.«
    Ach, wie recht hatte er leider damit! Aber das Tridentinische Konzil, auf dem der Papst just zu der Zeit, da La Boétie aus dieser Welt schied, die von den französischen Bischöfen vorgeschlagenen Reformen rundweg ablehnte, bewegte sich nur höchst wenig in dem Sinne, wie es La Boétie in seinem brennenden Streben nach Versöhnung gewünscht hätte. In seinem »Buch der Rechenschaft« hat mein Vater diesbezüglich vermerkt, daß La Boétie, als er Geoffroy de Caumont so dringlich vor dem Parteigeist gewarnt, ein – bis auf den heutigen Tag zutreffendes – düsteres Bild des »Niederganges« gemalt habe, welchen der Kampf der beiden Religionen unweigerlich im Königreiche verursache. Worauf Sauveterre angefügt hat: »Seien wir wachsam. Der Krieg zwischen den Franzosen glimmt unter der Asche weiter. Wir gehen ihm von neuem entgegen.«
     
    Seit Cabusse sich auf Le Breuil niedergelassen und Coulondre Eisenarm die Gorenne-Mühle übernommen, klagten unsere Vettern Siorac, welche mit größerer Freiheit als das Gesinde sprechen durften, daß die Last der Arbeit sie erdrücke. »Escor gol bewacht sein Torhaus. Faujanet sitzt friedlich in seiner Werkstatt und verfertigt in aller Ruhe seine Fässer. Und wer bleibt für all die andere Arbeit – das Füttern und Striegeln der Pferde, das Melken der

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