Fortune de France: Roman (German Edition)
ging davon. Ich hatte verstanden: So hochmütig François auf mich herabsah, so sehr beneidete er mich zugleich, daß ich eine greifbare plebejische Liebe seiner edlen, unerreichbaren Liebe vorgezogen.
Am 14ten Juni – dem nämlichen Tag, da Herr von Lascaux mit den stummen Gehilfen zu seiner großen Konsultation nach Mespech gekommen – weilten Katharina von Medici und der König auf ihrer Rundreise in Bayonne und trafen dort gemäß einer seit langem getroffenen Abmachung mit ihrer Tochter und Schwester Elisabeth von Valois zusammen, der Königin von Spanien, die vom einflußreichsten Ratgeber Philipps II., dem Herzog von Alba, begleitet wurde.
Groß und heftig war im ganzen Königreich die Erregung der Unseren, als sie die für die französischen Reformierten so bedrohliche Kunde vernahmen, sintemalen die Unterredungenvon Bayonne in aller Heimlichkeit erfolgten und französischerseits – bei Ausschluß der hugenottischen Edelleute – der Konnetabel und Heinrich von Guise (der Sohn des ermordeten Herzogs) teilnahmen, ebenso der Kardinal von Bourbon, Montpensier und Bourdillon, alles eifernde Katholiken, welche der Aussöhnung herzlich wenig zugeneigt waren.
Endlich wurde für jedermann offenbar, was vielleicht nicht der Grund, zumindest aber das eigentliche Ziel dieser großen Kavalkade über die Straßen Frankreichs war: An der spanischen Grenze sollte der französische König mit dem Abgesandten des geschworenen Feindes unseres Glaubens zusammentreffen.
Katharina von Medici hatte bei Philipp II. mit letzter Beharrlichkeit um die Unterredung gebeten oder vielmehr gebettelt. Als Frau von großer Tatkraft, aber geringem Weitblick, die stets die Interessen ihrer Familie verfolgte und sie notfalls über die des Königreiches stellte, war »die Händlerin«, wie ihre Gegner sie nannten, von der großen Begier beherrscht, ihre Kinder mit Königen und Prinzen zu verheiraten. Der Schwester Philipps II., Doña Juana, hätte sie gern ihren geliebten Sohn Heinrich von Orléans 1 vermählt, wofern Philipp bereit wäre, seiner Schwester ein Fürstentum seines riesigen Reiches zur Mitgift zu geben. Für ihre Tochter Margarete von Valois, damals dreizehn Jahre alt, wollte sie – wie schon vor vier Jahren vorgeschlagen – Don Carlos zum Gemahl, den Sohn Philipps II., obwohl er in Spanien als »ein halber Mann« galt, der »den Beweis seiner Mannbarkeit« noch nicht hatte erbringen können.
Am 2ten August – die Unterredung von Bayonne lag schon einen Monat zurück, doch die Besorgnis unter den Unsern war noch unvermindert groß – kamen auf Mespech die wichtigsten protestantischen Edelleute des Sarladais zur Beratung zusammen: Armand de Gontaut Saint-Geniès, Foucaud de Saint-Astier, Geoffroy de Baynac, Jean de Foucauld, Geoffroy de Caumont. In der Nacht, als unser gesamtes Gesinde schlief, trafen sie einzeln und unter größter Geheimhaltung ein; Escorgol war unter einem Vorwand nach Le Breuil geschickt und im Torhaus durch Alazaïs ersetzt worden, die als zuverlässiger galt.
Wie auch François und Samson, war ich bei der Unterredung, die in der Bibliothek stattfand, zugegen und war sehr betroffen ob der düsteren Mienen dieser hohen Herren; während sie für gewöhnlich ihrer Person und der Geschicke ihres Hauses sehr sicher waren, zeigten sie sich zur Stunde sehr besorgt und fragten sich, ob nicht die Anhänger der reformierten Religion für die heimlichen Geschäfte zwischen Philipp II. und der Florentinerin würden zahlen müssen, denn man wußte nur zu gut, daß Katharina kein Herz hatte und kein Gewissen und daß Philipp, der in seinem Königreich die Reformation im Blut ertränkte, in seinem grausamen Eifer nur darauf aus war, sie auch im benachbarten Königreich auszurotten.
Von den anwesenden fünf protestantischen Edelleuten (die Herren Brüder nicht gerechnet) schienen Caumont und Saint-Geniès am besten informiert, denn sie waren am längsten bei dem reisenden Hofstaat geblieben und hatten dort möglicherweise einige Verbindungen genutzt. Mir fiel auch auf, daß sie sich mit unendlicher Vorsicht ausdrückten, wie wenn selbst unsere Wände Ohren hätten, und sich eines Geheimcodes biblischer Namen bedienten, den ich erst entschlüsseln mußte: Katharina von Medici wurde in dieser Sprache
Jesabel
; der Herzog von Alba
Holofernes
; Heinrich von Navarra
David
; Admiral Coligny
Elias
.
»Wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß«, sprach Caumont, »hat David, der sich eines Tages im Verhandlungssaal
Weitere Kostenlose Bücher