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Fossil

Fossil

Titel: Fossil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlín R. Kiernan
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setzt sich auf den Rand der Veranda und lässt sich anderthalb, zwei Meter hinunterrutschen. Die Rücklichter des Impala blinken, als ob Chance in beide Richtungen gleichzeitig abbiegen möchte. Deacon geht um das Auto herum zur Fahrerseite. Hier ist die Rauchentwicklung weniger stark, und er kann Chance erkennen, die mit dem Oberkörper auf dem Steuer liegt.
    «Verdammt, ist sie tot, oder was?», ruft Sadie von der Veranda, irgendwo hinter dem langsam abziehenden rotgrauen Nebel, aber Deacon ignoriert sie. Er öffnet die Wagentür. Chance’ Gesicht ist ganz blutig, und auch auf dem harten Plastiksteuer klebt Blut. Deacons Herz rast, und sein Mund ist so trocken wie ausgeblichene Knochen.
    «Du darfst sie nicht bewegen, Deacon! Man darf Leute nach einem Autounfall nicht bewegen», schreit Sadie. «Ich rufe den Krankenwagen!»
    «Du tust gar nichts und rührst dich nicht vom Fleck.» Er fasst ins Auto, nimmt Chance’ Handgelenk und presst den Finger auf die weiche Stelle, wo die blauen Venen sich treffen. Chance zieht die Hand weg, richtet sich im Sitz auf und blinzelt Deacon an. Jetzt kann er auch den böse aussehenden Schnitt über ihren Augenbrauen erkennen. Wahrscheinlich kommt das meiste Blut daher, von der Stelle am Kopf, mit der sie gegen das Lenkrad geprallt ist, denkt er. Wenn sie nur ein bisschen schneller gefahren wäre, würde jetzt ein dickes Stück des Lenkrads in Chance’ Schädel stecken.
    «Kannst du mich hören?», fragt er und schämt sich, weil man hört, wie viel Angst er hat.
    «Ja», sagt sie, und es läuft noch mehr Blut, nun aus ihrem Mund, und tropft ihr vom Kinn. «Ja, kann ich.»
    «Was meinst du, kannst du dich bewegen?»
    «Nicht bewegen, Deacon!», brüllt Sadie von der Veranda. «Vielleicht hat sie sich das Genick gebrochen.»
    «Sadie, würdest du endlich die verdammte Klappe halten oder wieder reingehen?»
    «Mein Genick ist nicht gebrochen», sagt Chance, lehnt sich zurück und starrt das Blut auf der geborstenen Windschutzscheibe des Impala an. «Ich konnte mich nur auf einmal nicht mehr daran erinnern, wie man anhält, und bin immer schneller gefahren.»
    «Okay, ich helfe dir, damit wir dich aus dem Auto kriegen und ins Haus. Ich habe keine Lust, zuzusehen, wie du in deinem eigenen Vorgarten verblutest.» Und dann ertönt irgendwo unter der Haube des Impala ein Geräusch wie das Knallen von Champagnerkorken, und Deacon erschrickt. «Ich glaube, wir beeilen uns besser, Chance.»
    Sie nickt und greift nach etwas, das neben ihren Füßen liegt. Es ist das Notizbuch aus der Kiste. Deacon legt ihr den Arm um die Schultern, den anderen schiebt er unter die Knie und hebt Chance vorsichtig aus dem Auto. Sie ist so leicht, nicht halb so schwer, wie er gedacht hätte, stellt er überrascht fest, trotzdem wird sein Rücken ihn in den nächsten Stunden bestimmt halb umbringen. Er bewegt sich so langsam und vorsichtig wie möglich, versucht, sie nicht durchzuschütteln, hat Angst, zu stolpern oder aus dem Gleichgewicht zu kommen. Sein Herz schlägt heftig vor Aufregung und von der ungewohnten Anstrengung. Dem sterbenden Auto dreht er den Rücken zu und trägt Chance an einen schattigen Platz ein paar Meter entfernt, der kühle Schatten eines struppigen Oleanderbusches. Dort legt er sie ins Gras, setzt sich neben sie und schaut hinüber zur Veranda. Sadie steht noch immer am selben Fleck, die Hände in die Hüften gestemmt und mit finsterem Blick.
    «Alles okay», sagt er. «Jetzt passiert nichts Schlimmes mehr.»
    Chance dreht sich auf die Seite und spuckt Blut und Speichel, dann sieht sie Deacon an. Ihre Augen sind so groß, so voller Angst, und er sagt ihr noch einmal, dass alles in Ordnung ist, der Impala ist wohl hinüber, aber er ist ziemlich sicher, dass sie bald wieder okay ist. Chance hustet, und er wischt ihr mit einem Zipfel seines T-Shirts das Blut vom Mund.
    «Nein», sagt sie, sinkt wieder ins Gras und den Löwenzahn und schaut hinauf in den weiten Sommerhimmel über dem Berg. «Nein», sagt sie noch einmal. «Ich kann sie sehen, Deacon. Ich sehe Monster.»

KAPITEL 11
    DIE GABLUNG DES LEUCHTENDEN PFADES
     
     
     
    Es ist jetzt ein paar Stunden nach Mitternacht, nach einem Besuch in der Notaufnahme, sieben Stichen in Chance’ Stirn und einem Arzt, der sagte, nein, sie habe keine Gehirnerschütterung, solle aber in den nächsten sechs Stunden nicht schlafen, und danach in der Nacht müsse man sie jede Stunde wecken. Deacon sitzt auf dem Stuhl neben ihrem Bett und wartet

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