Fotostudio Plange I (German Edition)
muss ich das
immer heimlich machen, wenn mir mal danach ist.“
„Aha, auch gut. Bist du fertig?“
Er trat aus der Dusche und schlüpfte in den Bademantel.
Wieder im Studio lüftete er auch das Geheimnis der vollen Sporttasche. Eine
komplette Polizeiuniform mit allem Drum und Dran: Schirmmütze, Halfter und
Schlagstock. Allerdings war er kein Uniformfetischist, wie ich erst dachte, es
war ein Stripperoutfit. Zur Musik der klickenden Linse entblätterte er sich
wieder.
Eine Viertelstunde vor Marvins Eintreffen verließ er mich
in Richtung Bahnhof. Ich saß am Rechner und war dabei, den Inhalt der Chips auf
die Festplatte zu kopieren, um sie später bearbeiten zu können. Ich blickte vom
Monitor auf den in der Tür stehenden Schwimmer. „Na? Wie war der Film?"
„Ging so! Amerikanische Komödie ohne Sinn und Verstand,
aber man konnte viel lachen. Und wie war dein Abend?“
Ich tat ganz unschuldig. „Nett!“
„So wie du schaust, hattest du bestimmt deinen Spaß! Wie
hieß er denn?“
„Marv! Ein guter Fotograf ist wie ein Psychiater, der die
Seele aus dem Körper holt. Also hab ich so etwas wie Schweigepflicht!“
Er zog einen Flunsch. „Geheimniskrämer! Aber ich werde es
schon noch herausfinden, wer er war!“
„Viel Spaß dabei! Und jetzt ab in Bett! Wir haben morgen
viel zu tun!“
„Ich nicht! Du!“
„Stimmt! Aber wenn du Sonntag was zu essen haben
möchtest, dann musst du morgen früh den Einkauf übernehmen! Ich muss erst in
den Laden und dann nachmittags dein Trainingslager retten.“
„Immer auf die Armen, Kleinen, Schwachen! Ich geh dann
jetzt mal in die Falle. Und …“
„Und was?“
„Ich hab dich trotzdem lieb, auch wenn du mir seinen
Namen nicht verrätst.“ Er warf mir eine Kusshand zu und dackelte ab.
„Ich dich auch!“
Das Shooting am Samstag verlief hervorragend. Henrik
Schuster, der unrasiert zum Fototermin erschien, bedankte sich recht
überschwänglich für seine Rettung von letzter Woche. Seine Mutter hätte ihm die
Geschichte von der abgesprungenen Kette voll abgenommen. Ich grinste und meinte
lapidar: „Gern geschehen!“
Die meisten Bilder konnten wir in unmittelbarer Nähe der
Schwimmhalle machen. Neben einem großen Abenteuerspielplatz, auch für
Erwachsene geeignet, gibt es dort einen Trimm-dich-Pfad im Wald und einen
Reitstall. Aufsehen erregten wir dort nur, als die Wasserballer im typischen
Schwimmdress auf den Fahrradsattel mussten und ich aus dem fahrenden Wagen
heraus, Igor fuhr, die Aufnahmen machte.
Für ziemliche Erheiterung sorgen die Bilder in einem
öffentlichen Linienbus. Auf mein Kommando streiften die Jungs sich ihre
Trainingsanzüge ab und ließen sich ablichten. Während ein Teil der Truppe (die
schwindelfreien Schwimmer!) mit Igor zur Kletterwand fuhr, ging es für den Rest
in die Marktkirche. Der dortige Pfarrer hatte ein offenes Ohr für die
finanziellen Probleme der Jugendarbeit, er kannte sie zur Genüge aus eigener
Erfahrung. Er machte den Spaß schelmisch mit, fast nackte Jugendliche in seiner
Kirche hätte es auch noch nicht gegeben.
Auch bei der Kletterhalle gab es keine Probleme, nur im
Supermarkt, dem nächsten Treffpunkt, wollte man erst nicht so recht mitspielen.
Aber ein Anruf beim Marktleiter, der war irgendwie mit Clemens Münster
verwandt, schaffte Abhilfe. Die Schwimmer dann als Fußgänger in der Innenstadt
sorgten für erhebliches Aufsehen. Ein Passant rief, wohl ob der Ansammlung
nackter Jungenoberkörper, die Polizei. Allerdings rückten nicht nur die
Ordnungshüter an, auch die Presse kam.
Der Zeitungsbericht am Montag war spitze! Auf der ersten
Seite des Lokalteils prangte unter der Überschrift ‚Polizeieinsatz wegen
Wasserballern!‘ großes Foto, das mich im Gespräch mit den Polizisten zeigte,
die Mannschaft bunt verteilt im Hintergrund. Den Artikel habe ich mir
aufgehoben und eingerahmt.
Zu einem Einsatz besondere Art mussten die Beamten der
Wache Mitte am späten Samstagnachmittag in die Fußgängerzone ausrücken. Wegen
Erregung öffentlichen Ärgernisses durch einen wohl überbesorgten Bürger gerufen,
platzen die Polizisten in Fotoaufnahmen für einen Kalender der Wasserballjugend
des Allgemeinen Sport- und Turnvereins des international renommierten
Fotografen Stefan Alexander Plange.
Da das Trainingslager der Jugendabteilung im kommenden
Jahr dem Rotstift zum Opfer zu fallen droht, entschloss sich
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