Fotostudio Plange I (German Edition)
der
Wasserballnachwuchs ohne Wissen der Vereinsführung, die fehlenden Mittel selbst
aufzutreiben. Clemens Münster, der Jugendobmann der Wasserballer, war selbst
überrascht über den Einfallsreichtum seiner Schützlinge. Die Deckungslücke im
mittleren vierstelligen Bereich wollen die Jugendlichen durch den Verkauf eines
Kalenders, der unter dem Motto ‚Wir wollen ins Wasser!‘ stehen wird, schließen,
um dennoch fahren und so an die sportlichen Erfolge der letzen Jahre weiter
anknüpfen zu können.
Marvin Plange, letztjähriger Torschützenkönig der
Jugendliga, bat nun seinen durch mehrere prämierte Bildbände bekannten Onkel,
der Mannschaft bei der Umsetzung unter die Arme zu greifen. Stefan Plange,
Inhaber des gleichnamigen Fotostudios in der Ludwigstraße, sagte sofort seine
Hilfe zu und entwickelte in Zusammenarbeit mit dem Team das künstlerische
Konzept des Kalenders.
Der Kalender wird auch in den Geschäftsstellen unserer
Zeitung für 10 Euro ab November zu kaufen sein, denn wir meinen, soviel
Einfallsreichtum muss gewürdigt werden.
Clemens Münster rief mich im Laufe der folgenden Woche an
und meinte, das Trainingslager und die Produktionskosten für 500 Kalender,
knappe 1200 Euro, seien gesichert. Der Zeitungsartikel hätte fast 3000 Euro an
Spenden in die Jugendkasse gespült.
Die Wochen vergingen, die ersten Klassenarbeiten,
Entschuldigung, in der Oberstufe heißen die Leistungskontrollen ja Klausuren,
wurden geschrieben. Ich war wirklich stolz auf den kleinen großen Marv. Die
schlechteste Note waren neun Punkte in Englisch, was einem voll befriedigend
entspricht. Er kriegte also Schule und Training, Wettkämpfe und Privatleben gut
gemeistert.
Was sein Privatleben anbetraf, in letzter Zeit hing er
oft mit Sebastian ab, allerdings nur unter der Woche. An Wochenenden hatte ich
die 175 Zentimeter dieses Körpers noch nie gesehen. Der angehende
Einzelhandelskaufmann einer Parfümeriekette hieß mit Nachnamen Krieger und
wirkte auf mich eher wie ein einem Modejournal entsprungener Schönling mit
überschminken Akneflecken als ein Kumpel meines Kleinen. Auch wenn der durch
Schulterpolster breiterwirkende Jungverkäufer fast jeden Abend bei uns am Tisch
saß, so richtig warm wurde ich mit der dunkelhaarigen Föhnwelle nicht, denn außer
Kosmetiktipps und dem neusten Stargeflüster kam nicht viel aus seinen viel zu
weiß aussehenden Zähnen.
Aber Marv musste ja selber wissen, mit wem er seine
kostbare Freizeit verbringt. Ob sich da zwischen den beiden was anbahnte? Eine
Antwort auf diese Frage wollte ich mir selbst besser nicht geben. Eigentlich
hätte ich meinem Neffen einen besseren Geschmack zugetraut, aber wie heißt es
so schön, wo die Liebe hinfällt …
Eines Montags, Sebastian war ausnahmsweise nicht da, kam
er ins Wohnzimmer getrottet und setzte sich, leicht bedröppelt, zu mir aufs
Sofa. „Stef? Ich darf dich doch alles fragen, oder?
„Yepp! Was willst du denn wissen? Geht es um die Schule?“
Ich wurde neugierig.
„Nein! Da ist alles prima, keine Probleme. Es ist eher …
naja, es ist eher was …“
„Sexuelles?“ Um Gottes Willen! Aber einmal musste es ja
dazu kommen! Stefan, die schwule Beratungsstelle in allen Lebens- und
Liebeslagen! Wie peinlich! Er druckste herum und nickte. Dass seine
Gesichtsfarbe ins Rötliche wechselte, lasse ich mal unerwähnt. „Also Großer!
Heraus mit der Sprache! Um was geht es?“
„Sebastian und ich wollten heute … naja, du weißt schon!“
„Nein weiß ich nicht! Playstation spielen? DVDs schauen?
Kartoffeln schälen?“ Ich zog ihn extra auf, ich konnte fast ahnen, was er wollte,
aber er sollte es von sich aus sagen.
„Wenn du es genau wissen willst, wir wollten ficken!“ Man
konnte der Kleine schnippisch sein!
„Er dich oder du ihn?“
„Er mich! Er soll der Erste sein, der mich …“ Der Kleine
war also noch Jungmann und anscheinend ging das zwischen den beiden doch
tiefer, als ich gedacht hatte. Wieso war mir das nicht aufgefallen? War ich so
blind? Habe ich ihm zu wenig Beachtung geschenkt?
„Bist du dir den sicher, dass er es sein soll, der dieses
Geschenk bekommen soll? Habt ihr an den Schutz gedacht?“
„Ja, ich bin mir fast sicher, und Nein, soweit kam es
nicht. Er hat mir nur den Finger …“
Sollte oder sollte ich ihn nicht aus diesem
hochnotpeinlichen Verhör entlassen? Ich entschied mich für die kurze,
schmerzlose Variante. „Eingeführt und es
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