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Fotostudio Plange I (German Edition)

Fotostudio Plange I (German Edition)

Titel: Fotostudio Plange I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darius von Benin
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hat, es ging
wieder bergauf mit Marvin. Dank Antibiotika ging es ihm körperlich schon bald
wieder besser, seelisch wanderte er immer noch im Tal der Tränen. Er wirkte
lethargisch, hatte zu nichts Lust, war zu nichts zu gebrauchen. Seine
Geburtstagsfete sagte er ab, er wollte niemanden sehen. Alle Versuche, ihn
aufzumuntern, scheiterten. Ich machte mir echt Sorgen.
     
     
    Ausgerechnet für das kommende Wochenende hatte ich einen
auswärtigen Termin angenommen. Ich sollte erst den Polterabend und dann die
anschließende Hochzeit irgendeines Neureichen fotografisch betreuen. Ich rief
Henrik van der Ispen, den Hochzeitsplaner, an, und fragte ihn, ob es möglich
wäre, aus meinem gebuchten Einzel auf eigene Kosten ein Doppelzimmer zu machen,
ich wollte Marvin einfach nicht alleine lassen.
    Was macht Henrik, diese Obertucke? Fragt mich, ob ich
noch alle Tassen im Schrank hätte, die Hochzeit wäre eh im sechsstelligen
Bereich, also würde es auf die paar Kröten zusätzlich nun wirklich nicht mehr
ankommen. Ich würde halt mit Assistenten anreisen, so einfach! Wir fuhren also
am Freitag auf den Petersberg bei Bonn. Das ehemalige Gästehaus der
Bundesregierung ist heute ein ganz normales Hotel, allerdings eine Herberge der
exklusiveren Art.
     
    Wir kamen spätnachmittags an. Während Marvin das Gepäck
und die Ausrüstung ins Zimmer brachte, hatte ich mit Henrik eine Besprechung
bezüglich meiner genauen Aufgaben an diesem Wochenende. Denn außer der
Information, dass ich Aufnahmen für eine Art Hochzeitsalbum machen sollte, das
später in gedruckter Form als Geschenk an die Gäste verschickt werden sollte,
wusste ich nicht viel von den Plänen, die er hatte.
     
    „Das Album soll also gedruckt werden? Die Porträts der
Gäste und ein Spruch dazu? Das Bild des Brautpaares halbtransparent im
Hintergrund?“
     
    „Ja!“
     
    Ich überlegte. „Mir kommt da gerade so eine Idee! Was
hältst du davon, wenn man anstelle des Brautpaares Schnappschüsse von der
jeweiligen Feier nimmt? Die Kosten für den Druck bleiben gleich, egal welchen
Hintergrund man verwendet.“
     
    Henrik kratzte sich am Kinn. „Stefan! Die Idee ist gut,
sehr gut sogar! Sie hätte glatt von mir sein können. Aber wer macht die
Schnappschüsse? Du etwa?“
     
    „Nein, ich nicht! Das wird Marvin machen!“
     
    „Dein Neffe?“
     
    „Ja! Ich gebe ihm gleich eine Digitalkamera und den
Auftrag, sich unter das Volk zu mischen und Aufnahmen aus allen möglichen und
unmöglichen Positionen zu machen. Das wirkt natürlicher! Wenn ich das machen
würde, nachdem ich die Herrschaften vorher offiziell abgeschossen habe, setzen
sie sich extra in Positur, wenn sie mich sehen. Die denken dann, da kommt der
offizielle Fotograf, ich muss ein gutes Bild abgeben!“
     
    „Stimmt! Daran hatte ich gar nicht gedacht, du hast recht!
Dann sagt deinen Neffen, er kann sich an diesem Wochenende einen Tausender
verdienen, wenn er gute Schnappschüsse macht!“
     
    „Das werde ich ihm bestimmt nicht sagen! Ich will, dass
er abgelenkt ist, nicht an seinen scheiß Ex denkt und das, was der ihm angetan
hat. Er soll es als Spaß verstehen, nicht als Arbeit! Wenn er wüsste, es gibt
Kohle dafür, würde er nicht unbefangen an die Sache herangehen. Aber das
Honorar nehme ich gerne für ihn in Empfang!“ Kinder sind unheimlich teuer!
     
    „Mach, was du willst! Du bist der Experte in Sachen
Kindererziehung!“
     
    Auf unserem Zimmer angekommen, fand ich Marvin auf dem
Bett liegend vor. Er war wieder einmal niedergeschlagen, zu keine Regung fähig,
wie so oft in letzter Zeit. Ich fasste ihn an seiner Schulter, spürte seine
Wärme, sein Zittern, seine Unsicherheit. „Marv, ich brauche am Wochenende deine
Hilfe!“
     
    „Wie kann ich dir denn eine Hilfe sein?“
     
    Ich erklärte ihm, was er machen sollte, nämlich
Schnappschüsse als Hintergrundaufnahmen für das Hochzeitsalbum, das Henrik
plante. Er nickte, denn er konnte die psychologische Wirkung des Mannes hinter
der Kamera nachvollziehen. „Alles klar! Das werde ich wohl noch hinkriegen!“
     
    Um halb zwölf gab er mir die Kamera und zwei volle
Speicherchips wieder. „Hier! Sind fast 300 Aufnahmen. Soll ich noch mehr, oder
darf ich …“
     
    „Was?“
     
    „Mich mit Gero unterhalten? Er ist ein Neffe der Braut
und auch Wasserballer!“ Er deutete auf einen stupsnasigen Typen, blond,
ziemlich jung, Nickelbrille. Besagter Gero stand am Eingang des Saales, wirkte
irgendwie verloren und starrte verunsichert

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