Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
Risiko eingehen. Doch eine Stunde später war klar, dass er heute wieder nicht würde spielen können.
»Was ist los mit dir?«, wollte der Trainer wissen.
Timo zuckte nur mit den Schultern. Er wusste es selbst nicht. Schon wieder ein Virus? Das war doch eher unwahrscheinlich. Die Psyche? Aber er hatte keine Angst vor dem Spiel. Er war doch Profi!
»Du sitzt auf der Ersatzbank«, sagte der Trainer. »Harry spielt für dich.«
Timo wollte etwas erwidern, aber der Trainer ließ es nicht zu. »Keine Widerrede. Sieh zu, dass du wieder fit wirst.«
Er saß dann nicht mal auf der Ersatzbank, sondern lag wieder mit Krämpfen in der Umkleidekabine. Verpasst hatte er nicht viel, aber vielleicht hätte er in dem – laut Presse »höhepunktarmen« – Spiel den entscheidenden Höhepunkt setzen können. Es war nur ein sehr schwacher Trost, dass auch Harry und Eric nicht zum Zuge kamen. Es ging nicht um ihn, es ging um den Kampf gegen den Abstieg. Inzwischen standen sie wieder auf dem 16. Platz!
Jetzt also das Spiel gegen Leverkusen. Timo hatte am Abend zuvor ein Mittel gegen Durchfall genommen, um alle Eventualitäten auszuschließen. Diesmal würde ihm nichts in die Quere kommen. Und tatsächlich schien sein Darm endlich mal Ruhe zu geben. Ein letzter Schluck Tee, dann noch mal pinkeln, dann das Spiel.
Eine halbe Stunde später fühlte er sich hundeelend. Der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn, seine Knie zitterten, alles drehte sich, wenn er den Kopf bewegte.
»Der Kreislauf«, diagnostizierte Dr. Reich. Er gab Timo Tropfen zur Stabilisierung und erlaubte ihm, mit ins Stadion zu fahren.
»Du siehst mal scheiße aus«, sagte Bomber in seiner unnachahmlichen Art, als Timo in den Bus stieg.
»Danke für dein Mitgefühl«, zischte Timo und verzog sich nach hinten in den Bus. Er war fest entschlossen, heute auf dem Platz zu stehen. Während sie zum Stadion fuhren, dachte er fieberhaft darüber nach, warum er immer nur so kurz vor einem Spiel krank wurde. Das war doch nicht normal.
Als sie in die Umkleide kamen, fiel sein Blick auf die Getränkeflaschen und den Behälter mit dem Iso-Getränk. Lag es daran? Hatte der Durchfall nicht immer eingesetzt, wenn er etwas getrunken hatte?
»Was ist da drin?«, fragte er Chico eine Spur zu aggressiv.
Der Zeugwart starrte ihn an. »Was willst du damit sagen?«
»Hast du da was reingemischt?«, fauchte Timo ihn an.
Chico stand der Mund offen. »Spinnst du jetzt?«, fragte er vollkommen fassungslos.
Timo stand unschlüssig mitten im Raum und wusste nicht, wie er aus dieser Situation herauskommen sollte, ohne das Gesicht zu verlieren. Ihm war klar, dass er zu weit gegangen war. Chico lebte für den Club, er würde niemals etwas tun, was der Mannschaft schadete.
»Was ist denn hier los?«, fragte der Trainer, als er hereinkam. Die Spannung war in dem kompakten Raum deutlich zu spüren.
»Nichts«, stammelte Timo, ging zu seinem Platz und schnürte seine Stiefel zu.
»Was ist los?«, wollte der Trainer vom Zeugwart wissen.
»Nichts«, sagte auch dieser, und Timo atmete erleichtert auf. »Wir sind alle ein bisschen nervös.«
»Geht’s dir gut?«, wollte der Trainer von Timo wissen. Er nickte.
»Gut. In fünf Minuten draußen.«
Ich muss mich besser unter Kontrolle halten! , dachte Timo, als er die Umkleide verließ. »Das ist doch die Höhe!«, hörte er Chico noch murmeln.
Er lief mit den anderen auf den Platz, doch nach dem Einspielen war klar, dass er es wieder nicht schaffen würde.
Zum dritten Mal in Folge trug Eric die Kapitänsbinde, während Harry Timos Platz im Team einnahm. Immerhin konnte er diesmal auf der Ersatzbank sitzen und das Spiel live mitverfolgen.
Sein Team spielte überraschend gut, hielt die Leverkusener gut in Schach, hatte selbst jedoch kaum Torchancen. Timo war etwas besänftigt. Immer wieder sagte er sich, dass es um die Mannschaft ging, nicht um ihn. Trotzdem saß da dieser dicke Knoten in seinem Bauch. Er konnte sich 100 Mal einreden, er käme von einem Virus oder sonst einer ominösen Krankheit. Timo wusste, es war seine Wut. Er wusste auch, dass er sich keinen Fehler erlauben durfte.
Es war kurz vor der Halbzeit, die ersten Zuschauer verließen bereits ihre Plätze, um sich ein Bier zu holen. Rasmussen hatte seinen Platz in der Mitte verlassen und bekam den Ball auf der linken Flanke. Mägerlein lief in der Mitte mit, ein perfekter Pass, ein Schuss aus acht Metern – TOOOOOOR! Das Stadion tobte.
Noch drei Minuten bis zur Halbzeit,
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