Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
Wissenschaftler muß die Möglichkeit haben, seiner
Neugier zu folgen, wenigstens in seiner Freizeit.«
Potterley setzte sich. »Darüber wollen wir uns
unterhalten, Foster. Ich würdige Ihren Idealismus. Sie sind
jung. Aber Sie können sich nicht selbst zugrunde richten, weil
Sie gewisse Vorstellungen haben, wie die Forschung sein
müßte. Ich habe Sie in diese Lage gebracht. Ich bin
verantwortlich, und ich mache mir die bittersten Vorwürfe. Ich
habe emotionell gehandelt. Mein Interesse an Karthago hat mich
geblendet, und ich war ein Dummkopf.«
»Wollen Sie damit sagen, daß Ihre Ansichten sich
innerhalb von zwei Tagen in ihr Gegenteil verkehrt haben? Karthago
ist auf einmal nichts mehr? Die Unterdrückung der Forschung
durch die Behörden ist nichts?«
»Sogar ein Dummkopf wie ich kann etwas dazulernen, Foster.
Meine Frau hat mich etwas gelehrt. Ich verstehe jetzt, warum die
Regierung das Forschungsgebiet Neutrinik unterdrückt. Vor zwei
Tagen verstand ich es noch nicht. Sie haben gesehen, wie meine Frau
auf ein Chronoskop reagierte. Ich hatte mir vorgestellt, daß es
wissenschaftlichen Forschungen vorbehalten bleiben würde. Sie
konnte darin nur das neurotische Vergnügen sehen, mit Hilfe
dieses Instruments die persönliche Vergangenheit
wiederzubeleben. Eine tote Vergangenheit. Der Forscher aber ist eine
verschwindende Minderheit, Foster. Leute wie meine Frau würden
uns die Karten aus der Hand nehmen.
Hätte die Regierung die Chronoskopie nicht unterdrückt,
wäre jedermanns Vergangenheit sichtbar. Hochgestellte
Männer würden sich Erpressungen und Anwürfen
ausgesetzt sehen, denn wer auf unserer Erde hat schon eine absolut
fleckenlose Vergangenheit?«
Foster befeuchtete seine Lippen. »Vielleicht. Vielleicht
liegt da eine gewisse Rechtfertigung für das Verhalten der
Regierung. Und doch geht es hier um ein wichtiges Prinzip. Wer
weiß, wie viele Wissenschaften stagnieren, weil die Forscher in
ihrem Erkenntnisdrang behindert werden? Wenn das Chronoskop einigen
Politikern gefährlich werden kann, ist es ein Preis, der bezahlt
werden muß. Die Öffentlichkeit muß begreifen,
daß die Wissenschaft Freiheit braucht, und es gibt keine
bessere Methode, ihr die Augen zu öffnen, als meine Entdeckung
zu publizieren, so oder so, legal oder illegal.«
Potterleys Stirn war feucht vom Schweiß, aber seine Stimme
blieb ruhig. »Das Chronoskop würde nicht nur zum Schrecken
einiger Politiker werden, Dr. Foster, glauben Sie nur das nicht.
Für mich würde es genauso schlimm sein. Meine Frau
würde ihre Zeit damit zubringen, mit unserer toten Tochter zu
leben. Sie würde sich noch weiter vor der Wirklichkeit
zurückziehen. Sie würde dieselben Szenen wieder und wieder
erleben und schließlich verrückt werden. Und sie wäre
nicht die einzige, die so handeln würde. Andere würden ihre
toten Eltern oder ihre eigene Jugend wiedersehen wollen. Alle Leute
würden in der Vergangenheit herumwühlen. Es wäre ein
Alptraum.«
»Moralische Bedenken dürfen kein Hindernis sein«,
erwiderte Foster. »Es gibt keinen einzigen Fortschritt in der
Geschichte der Technik, den die Menschheit nicht auf die eine oder
andere Weise pervertiert hätte. Was das Chronoskop angeht, so
werden die Vergangenheitssucher ihrer Anstrengungen sehr bald
überdrüssig werden. Sie werden ihre geliebten Eltern in
Situationen sehen, die sehr wenig zu dem Bild passen, das sie von
ihnen haben. Und damit werden sie ihren Enthusiasmus bald verlieren.
Das alles sind Trivialitäten. Für mich ist es eine
Prinzipienfrage.«
»Zum Teufel mit Prinzipien!« sagte Potterley
ärgerlich. »Können Sie nicht auch an die Menschen
denken? Verstehen Sie nicht, daß meine Frau noch einmal das
Feuer miterleben wird, in dem unser Kind umgekommen ist? Ich kenne
sie. Sie wird nicht stark genug sein, es zu unterlassen. Sie wird es
immer wieder erleben und jedesmal hoffen, daß es nicht
geschehen wird. Wie oft soll meine Tochter sterben?« Seine
Stimme war vor Erregung rauh.
Foster sah ihn aufmerksam an. »Wovor haben Sie in
Wirklichkeit Angst, Dr. Potterley? Was soll Ihre Frau nicht sehen?
Was ist damals bei diesem Feuer geschehen?«
Potterley schlug die Hände vor sein Gesicht und schluchzte
trocken. Foster wandte sich ab und starrte voll Unbehagen aus dem
Fenster.
Nach langem Schweigen sagte Potterley: »Caroline war fort.
Ich paßte auf das Kind auf. Nach zwei Stunden ging ich ins
Kinderzimmer, um zu sehen, ob die Kleine schlief. Ich hatte eine
Zigarette bei mir –
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