Foundation 02: Die Stahlhöhlen
nicht Roboter mir Schaden zugefügt?«
»Auf ihre Anweisung hin!« herrschte Leebig ihn an.
»Ich zitiere das Zweite Gesetz: Ein Roboter muß den Befehlen gehorchen, die ihm von menschlichen Wesen erteilt werden, es sei denn, diese Befehle stünden im Widerspruch zum Ersten Gesetz. Sie sehen also, man hätte meinen Befehl ignorieren müssen.«
»Das ist Unsinn. Der Roboter konnte nicht wissen…«
Baley lehnte sich in seinem Sessel nach vorne. »Ah! Da haben wir es! Und jetzt wollen wir das Erste Gesetz noch einmal zitieren, und zwar so, wie es lauten sollte: Ein Roboter darf keinem menschlichen Wesen WISSENTLICH Schaden zufügen, oder durch Untätigkeit WISSENTLICH zulassen, daß einem der menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.«
»Das ist doch alles klar und bekannt.«
»Ich glaube, die meisten Menschen wissen es aber nicht. Sonst würden die meisten Menschen auch begreifen, daß Roboter durchaus einen Mord begehen können.«
Leebigs Gesicht war weiß geworden. »Wahnsinn! Verrückt!«
Baley starrte seine Fingerspitzen an. »Ich nehme an, daß ein Roboter eine harmlose Tat begehen darf, eine, die keine schädliche Auswirkung auf ein menschliches Wesen hat?«
»Wenn man ihm den Befehl dazu gibt«, sagte Leebig.
»Ja, natürlich. Wenn man ihm den Befehl dazu gibt. Und ich nehme an, ein zweiter Roboter darf ebenfalls eine harmlose Aufgabe erledigen; eine, die keine schädliche Wirkung auf ein menschliches Wesen haben kann? Wenn man ihm den Befehl dazu gibt?«
»Ja.«
»Und was, wenn diese zwei harmlosen Aufgaben, von denen jede völlig harmlos ist, völlig, zusammengefügt einen Mord ergeben?«
»Was?« Leebigs Gesicht verzog sich finster.
»Ich möchte gerne ihre fachmännische Meinung zu der Sache hören«, sagte Baley. »Ich will einen hypothetischen Fall konstruieren. Angenommen, ein Mensch sagt zu einem Roboter: ›Gieß eine kleine Menge dieser Flüssigkeit in ein Glas Milch, das du an dem und dem Ort finden wirst. Die Flüssigkeit ist harmlos. Ich möchte nur wissen, welche Wirkung sie auf mich hat. Sobald ich diese Wirkung kenne, wird die Mixtur weggeschüttet werden. Nachdem du den Auftrag erfüllt hast, vergißt du, daß du das getan hast.‹«
Leebig musterte ihn immer noch mit finsterer Miene, sagte aber nichts.
Baley fuhr fort: »Wenn ich dem Roboter den Auftrag gegeben hätte, eine geheimnisvolle Flüssigkeit in Milch zu gießen und diese Milch dann einem Menschen anzubieten, würde das Erste Gesetz den Roboter zwingen, sich nach den Eigenschaften der Flüssigkeit zu erkundigen, insbesondere danach, ob sie für Menschen schädlich wäre. Und wenn man ihm versicherte, daß es sich um eine harmlose Flüssigkeit handle, könnte das Erste Gesetz den Roboter immer noch zum Zögern veranlassen, und er würde sich möglicherweise weigern, die Milch weiterzugeben. Statt dessen sagt man ihm, daß die Milch ausgegossen werden wird. Das Erste Gesetz ist also nicht involviert. Wird der Roboter dann nicht tun, was man ihm aufgetragen hat?«
Leebig starrte Baley wortlos und feindselig an.
Und der fuhr fort: »Jetzt hat ein zweiter Roboter die Milch in ein Glas gegossen und weiß nicht, daß man ihr etwas hinzugefügt hat. Er bietet die Milch also in aller Unschuld einem Menschen an, und der Mensch stirbt.«
»Nein!« schrie Leebig auf.
»Warum nicht? Beide Handlungen sind für sich gesehen absolut harmlos. Nur zusammengenommen ergeben sie Mord. Wollen Sie in Abrede stellen, daß so etwas geschehen kann?«
»Der Mörder wäre der Mensch, der den Befehl erteilt hat!« schrie Leebig.
»Wenn Sie es vom philosophischen Standpunkt aus sehen wollen, ja. Aber die unmittelbaren Mörder wären die Roboter gewesen, die Mordinstrumente.«
»Kein Mensch würde solche Anweisungen erteilen.«
»Doch, ein Mensch würde das tun. Ein Mensch hat es getan. Genau auf diese Weise muß der Mordanschlag auf Dr. Gruer durchgeführt worden sein. Ich nehme an, Sie haben davon gehört.«
»Auf Solaria hört man von allem«, murmelte Leebig.
»Dann wissen Sie, daß Gruer an seinem Tisch beim Abendessen vergiftet wurde, vor meinen Augen und denen meines Partners, Mr. Olivaw von Aurora. Können Sie mir irgendeine andere Methode vorschlagen, wie das Gift in seine Milch hätte kommen können? Auf dem Anwesen war kein weiterer Mensch zugegen. Als Solarianer müssen Sie das doch anerkennen.«
»Ich bin kein Detektiv. Ich habe keine Theorien.«
»Ich habe Ihnen eine vorgetragen. Ich möchte wissen, ob das eine plausible
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