Foundation 02: Die Stahlhöhlen
interessiere mich nicht dafür. Aber ich habe ihr zugehört.«
»All das ohne persönliche Anwesenheit?«
Leebig musterte ihn angewidert, gab aber keine Antwort.
»Fühlten Sie sich zu ihr hingezogen?« versuchte Baley es noch einmal.
»Was?«
»Finden Sie sie attraktiv? Körperlich?«
Selbst Leebigs herunterhängendes Augenlid hob sich, und seine Lippen zuckten. »Wie ekelhaft! Was sind Sie für ein Tier!« murmelte er.
»Dann lassen Sie es mich so formulieren: Wann hörten Sie auf, Gladia angenehm zu finden? Das Wort haben Sie selbst gebraucht, wenn Sie sich erinnern.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie sagten, Sie hätten sie angenehm gefunden. Jetzt glaubten Sie, sie hätte ihren Mann ermordet. Das ist ja nicht gerade das Zeichen einer angenehmen Person.«
»Ich habe mich in ihr geirrt.«
»Aber diesen Irrtum haben Sie bereits erkannt, ehe sie ihren Mann getötet hat – wenn sie das getan hat. Sie hörten schon einige Zeit vor dem Mord auf, mit ihr Spaziergänge zu machen. Warum?«
»Ist das wichtig?«
»Alles ist wichtig, bis das Gegenteil bewiesen ist.«
»Hören Sie! Wenn Sie von mir als Robotiker Informationen haben wollen, dann fragen Sie! Persönliche Fragen beantworte ich nicht.«
»Sie waren gut mit dem Ermordeten und der Hauptverdächtigen bekannt. Verstehen Sie denn nicht, daß da persönliche Fragen unvermeidbar sind? Warum haben Sie aufgehört, mit Gladia spazieren zu gehen?«
Leebig herrschte ihn an: »Die Zeit kam, wo ich nicht mehr wußte, was ich sagen sollte. Ich war zu beschäftigt. Ich sah keinen Anlaß, diese Spaziergänge fortzusetzen.«
»Mit anderen Worten also: als Sie sie nicht mehr angenehm fanden?«
Und Leebig schrie: »Ich habe keinen Grund!«
Baley ignorierte die Erregung. »Trotzdem sind Sie jemand, der Gladia gut gekannt hat. Was könnte sie für ein Motiv gehabt haben?«
»Ihr Motiv?«
»Niemand hat bis jetzt irgendein Motiv für den Mord vorgeschlagen. Gladia würde doch ganz sicher nicht ohne Motiv einen Mord begehen.«
»Große Galaxis!« Leebig legte den Kopf in den Nacken, als wolle er lachen, tat es aber nicht. »Das hat Ihnen niemand gesagt? Nun, vielleicht wußte es niemand. Aber ich wußte es. Sie hat es mir gesagt. Häufig hat sie es mir gesagt.«
»Ihnen was gesagt, Dr. Leebig?«
»Nun, daß sie mit ihrem Mann gestritten hat. Bitter und häufig gestritten hat. Sie haßte ihn, Erdenmensch. Hat Ihnen das niemand gesagt? Hat sie Ihnen das nicht gesagt?«
15
EIN PORTRÄT WIRD KOLORIERT
Baley versuchte sich seine Verblüffung nicht anmerken zu lassen.
Bei der Art und Weise, wie die Solarianer lebten, war für sie das Privatleben jedes einzelnen vermutlich etwas Geheiligtes. Fragen, die sich auf die Ehe oder auf Kinder bezogen, mußten hier als ein Höchstmaß von Geschmacklosigkeit gelten. Und so war es auch durchaus möglich, daß chronischer Streit zwischen Mann und Frau durchaus existieren konnte, ohne daß jemand sich dafür interessierte.
Aber selbst wenn es zu einem Mord gekommen war? Würde auch dann niemand das gesellschaftliche Verbrechen begehen, die Verdächtige zu fragen, ob sie mit ihrem Mann in Streit gelebt hatte? Oder die Sache wenigstens erwähnen, wenn sie davon wußten?
Nun, Leebig hatte das ja getan.
»Worum ging der Streit denn?« wollte Baley wissen.
»Ich denke, das fragen Sie sie besser selbst.«
Damit hatte er recht, dachte Baley. Er erhob sich steif. »Danke, Dr. Leebig, für Ihre Unterstützung. Vielleicht brauche ich später Ihre Hilfe noch einmal. Ich hoffe, Sie halten sich zu meiner Verfügung.«
»Gesichtet«, sagte Leebig, und er und das Segment seines Zimmers verschwanden abrupt.
Zum ersten Mal stellte Baley fest, daß ihm die Flugreise durch den freien Raum nichts ausmachte, ihm überhaupt nichts ausmachte. Es war fast, als befände er sich in seinem Element.
Er dachte nicht einmal an die Erde oder an Jessie. Er hatte die Erde erst vor ein paar Wochen verlassen, und doch hätten es ebensogut Jahre sein können. Auf Solaria befand er sich erst seit reichlich drei Tagen, und doch kam ihm diese Zeit schon wie eine Ewigkeit vor.
Wie schnell paßt man sich an einen Alptraum an?
Oder lag es an Gladia? Er würde sie bald sehen, nicht etwa sie sichten. War es das, was ihm Selbstvertrauen verlieh und dieses seltsame Gefühl, in dem sich Unruhe und Erwartung mischten.
Würde sie es ertragen? fragte er sich. Oder würde sie nach ein paar Augenblicken davonhuschen und ihn dann nicht mehr sehen und auch
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