Foundation 02: Die Stahlhöhlen
Roboter, wenn du bis jetzt nur den erreicht hast, daß ich mit Ermittlungen wegen der Ermordung eines seiner Berufskollegen beschäftigt bin, eines guten Solarianers. Sag ihm, ich könnte nicht warten, bis er mit seiner Arbeit fertig ist. Sag ihm, wenn ich ihn nicht binnen fünf Minuten sichte, würde ich ein Flugzeug besteigen und ihn auf seinem Anwesen in weniger als einer Stunde sehen. Gebrauche das Wort ›Sehen‹, damit es keinen Irrtum gibt.«
Er wandte sich wieder seinem Sandwich zu.
Die fünf Minuten waren noch nicht ganz um, als Leebig – oder zumindest ein Solarianer, den Baley für Leebig hielt – ihn anfunkelte.
Baley funkelte zurück. Leebig war ein schlanker Mann von auffällig aufrechter Haltung. Seine dunklen, etwas vorstehenden Augen wirkten ungemein konzentriert, und in diese Konzentration mischte sich jetzt Zorn. Eines seiner Lider sank beim Sprechen immer etwas herunter.
»Sind Sie der Erdenmensch?« fragte er.
»Elijah Baley«, stellte Baley sich vor, »Detektiv C-7, mit den Ermittlungen in dem Mordfall Dr. Rikaine Delmarre betraut. Wie heißen Sie?«
»Ich bin Dr. Jothan Leebig. Wie können Sie sich anmaßen, mich bei der Arbeit zu stören?«
»Ganz einfach«, sagte Baley ruhig. »Das ist mein Beruf.«
»Dann üben Sie Ihren Beruf woanders aus.«
»Zuerst muß ich ein paar Fragen stellen, Doktor! Ich nehme an, Sie waren ein enger Kollege von Dr. Delmarre. Stimmt das?«
Eine von Leebigs Händen ballte sich plötzlich zur Faust, und er ging mit hastigen Schritten auf einen offenen Kamin zu, auf dessen Sims winzige Uhrwerksapparaturen komplizierte periodische Bewegungen vollführten, die irgendwie hypnotisch wirkten.
Das Sichtgerät blieb auf Leebig eingestellt, so daß seine Gestalt beim Gehen nicht aus dem Projektionsbereich verschwand. Vielmehr schien sich der Raum hinter ihm beim Gehen leicht zu heben und zu senken.
»Wenn Sie dieser Ausländer sind, den Gruer herzubringen drohte…«, sagte Leebig, kam aber nicht weiter, denn Baley unterbrach ihn.
»Der bin ich.«
»Dann sind Sie gegen meinen Rat hier! Gesichtet!«
»Noch nicht. Brechen Sie den Kontakt nicht ab!« Baleys Stimme nahm einen schärferen Ton an, und gleichzeitig hob er den Finger; er deutete damit direkt auf den Robotiker, der sichtlich davor zurückschreckte und dessen volle Lippen sich in einem Ausdruck des Ekels verzogen.
»Ich habe nicht geblufft, als ich sagte, daß ich Sie sehen würde, wissen Sie?« sagte Baley.
»Keine Erdenmenschen-Obszönitäten, bitte.«
»Es sollte auch nur eine Feststellung sein. Ich werde Sie sehen, wenn ich Sie nicht anders dazu bringen kann, mir zuzuhören. Ich werde Sie am Kragen packen und Sie zwingen, mir zuzuhören.«
Leebig funkelte ihn an. »Sie sind ein schmutziges Tier!«
»Wie Sie wollen. Aber ich werde jedenfalls tun, was ich gesagt habe.«
»Wenn Sie versuchen, in mein Anwesen einzudringen, werde ich… werde ich…«
Baley hob die Brauen. »Mich töten? Machen Sie öfter solche Drohungen?«
»Ich mache keine Drohung.«
»Dann reden Sie! In der Zeit, die Sie jetzt vergeudet haben, hätte man schon eine ganze Menge ausrichten können. Sie waren also ein Kollege von Dr. Delmarre. Stimmt das?«
Der Robotiker senkte den Kopf. Seine Schultern bewegten sich langsam im Takt seines regelmäßigen Atems. Als er aufblickte, hatte er sich unter Kontrolle. Er brachte sogar ein kurzes, ausdrucksloses Lächeln zustande.
»Ja, das war ich.«
»Delmarre interessierte sich für neue Robotertypen, wie ich gehört habe.«
»Ja.«
»Welcher Art?«
»Sind Sie Robotiker?«
»Nein. Erklären Sie es so, daß ein Laie es versteht.«
»Ich bezweifle, daß ich das kann.«
»Dann versuchen Sie es! Zum Beispiel glaube ich, daß er Roboter haben wollte, die imstande waren, Kinder zu züchtigen. Was würde dazu nötig sein?«
Leebig hob kurz die Brauen und sagte: »Um es ganz einfach zu formulieren, wobei ich alle Feinheiten weglasse, bedeutete das eine Verstärkung des C-Integrals, die den Sikorovich-Tandem-lmpuls auf dem W-65-lmpuls bestimmt.«
»Unsinniger Techniker-Jargon!« sagte Baley.
»Das stimmt aber.«
»Für mich bedeutet es gar nichts. Wie kann man es sonst formulieren?«
»Es bedeutet eine gewisse Abschwächung des Ersten Gesetzes.«
»Wieso? Ein Kind wird doch zu seinem eigenen künftigen Nutzen gezüchtigt. Ist das nicht die Theorie?«
»Ah, sein künftiger Nutzen!« Leebigs Augen leuchteten leidenschaftlich auf, und er schien seinen Gesprächspartner
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