Foundation 02: Die Stahlhöhlen
eingeschlossen, wo die Millionen sich nach einem strengen Zuteilungsplan gelegentlich den künstlichen Wellenlängen von Bogenlampen aussetzen können) gibt es nur die willkürlichen Stundenzyklen.
Die Geschäfte der City hätten leicht in drei Acht-Stunden-Schichten oder vier Sechs-Stunden-Schichten ablaufen können, gleichgültig, ob es ›Tag‹ oder ›Nacht‹ ist. Man hätte mit Leichtigkeit Licht und Arbeit endlos fortsetzen können. Und es gibt auch immer wieder Reformer, die in periodischen Abständen eben diese im Interesse der Wirtschaftlichkeit und der Effizienz vorschlagen.
Doch angenommen wird der Vorschlag nie.
Viele der früheren Gewohnheiten der irdischen Gesellschaft sind im Interesse eben jener Wirtschaftlichkeit und Effizienz aufgegeben worden: Geräumigkeit, Privatleben, sogar ein gutes Stück freien Willens. Doch sie sind Produkte der Zivilisation und höchstens zehntausend Jahre alt.
Die Anpassung des Schlafes an die Nacht indessen ist so alt wie der Mensch: eine Million Jahre. Diese Gewohnheit aufzugeben ist nicht leicht. Obwohl der Abend unsichtbar ist, erlöschen die Lichter während der Stunden der Dunkelheit, und der Pulsschlag der City wird langsamer. Obwohl niemand in den umschlossenen Avenuen und Boulevards der City durch irgendein kosmisches Phänomen Mittag von Mitternacht unterscheiden kann, folgt die Menschheit doch dem stummen Diktat des Stundenzeigers.
Die Expreßways leeren sich, und der Lärm des Lebens wird leiser. Die sich bewegenden Menschenmassen schmelzen dahin; New York City lebt im nicht wahrgenommenen Schatten der Erde, und seine Bevölkerung schläft.
Elijah Baley schlief nicht. Er lag im Bett, und in seiner Wohnung war kein Licht; aber das war auch alles.
Jessie lag reglos neben ihm in der Dunkelheit. Er hatte keine Bewegung von ihr gehört oder sonstwie wahrgenommen.
Auf der anderen Seite der Wand saß, stand, lag (Beley fragte sich, was wohl) R. Daneel Olivaw.
Baley flüsterte: »Jessie!« Und dann noch einmal: »Jessie!«
Die dunkle Gestalt neben ihm regte sich schwach unter dem Laken. »Was ist denn?«
»Jessie, mach es mir nicht noch schwerer.«
»Du hättest es mir doch sagen können.«
»Wie könnte ich denn? Ich wollte doch, wenn ich nur gewußt hätte, wie. Jehoshaphat, Jessie…«
»Seht!«
Baleys Stimme wurde wieder leiser. »Wie hast du es herausgebracht? Willst du mir das nicht sagen?«
Jessie wandte sich zu ihm herum. Er spürte, wie sie ihn in der Finsternis ansah.
»Lije.« Ihre Stimme war nicht viel mehr als ein Lufthauch. »Kann er uns hören? Dieses… Ding?«
»Nicht, wenn wir flüstern.«
»Wie willst du das wissen? Vielleicht hat er spezielle Mikrophone, um leise Geräusche wahrzunehmen. Spacer-Roboter sind zu allem möglichen fähig.«
Das wußte Baley. Die prorobotische Propaganda hob immer wieder die besonderen Eigenschaften der Spacer-Roboter hervor: ihre Widerstandsfähigkeit, ihre zusätzlichen Sinne, die Dienste, die sie der Menschheit auf hundert Arten leisten konnten. Er persönlich war der Ansicht, daß diese Darstellung genau das Gegenteil von dem bewirkte, was eigentlich bezweckt war. Die Erdenmenschen haßten die Roboter um so mehr, je überlegener sie ihnen erschienen.
Er flüsterte: »Nicht Daneel. Sie haben ihn absichtlich menschenähnlich gemacht. Sie wollten, daß man ihn als Menschen akzeptiert, also darf er nur menschliche Sinne haben.«
»Woher weißt du das?«
»Wenn er Extrasinne hätte, wäre die Gefahr zu groß, daß er sich zufällig als nichtmenschlich verrät. Er würde zu viel tun, zu viel wissen.«
»Nun, vielleicht.«
Wieder breitete sich Schweigen aus.
Eine Minute verstrich, und Baley versuchte es ein zweites Mal. »Jessie, wenn du dich nur zufriedengeben könntest, bis… bis… Schau mal, Liebes, es ist unfair, auf mich böse zu sein.«
»Böse? Oh, Lije, du Narr! Ich bin nicht böse. Ich habe Angst, schreckliche Angst.«
Ein Schluchzen kam von ihr herüber, und sie klammerte sich an ihm fest. Eine Weile lagen sie eng aneinandergepreßt da, und Baleys wachsendes Gefühl, daß ihm unrecht geschähe, verflüchtigte sich und ging in unruhige Besorgnis über.
»Warum denn, Jessie? Da ist doch nichts, worüber du besorgt zu sein brauchst. Er ist harmlos. Das schwöre ich.«
»Kannst du ihn nicht irgendwie loswerden, Lije?«
»Das weißt du doch, daß das nicht geht. Das ist ein dienstlicher Auftrag. Wie könnte ich?«
»Was für eine Art von Auftrag, Lije, sag es mir!«
»Aber,
Weitere Kostenlose Bücher