Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Wichtigeres, als
mehr über Riks Erinnerungen zu erfahren.«
»Sie glauben doch nicht etwa, er hat recht, und alle Menschen
auf Florina müssen sterben?« fragte sie plötzlich.
Terens umfaßte ihre Hände noch fester.
»Darüber darfst du mit keinem Menschen sprechen, Valona,
sonst kommen die Gendarmen und nehmen dir Rik für immer fort.
Das meine ich ganz ernst.«
Er wandte sich ab und ging langsam und nachdenklich zu seinem Haus
zurück. Seine Hände zitterten, aber das bemerkte er nicht.
Als er nach einer Stunde noch immer wachlag, setzte er sich die
Narko-Kappe auf, eines der wenigen Dinge, die er von Sark mitgenommen
hatte, als er nach Florina zurückkehrte, um Schultheiß zu
werden. Die Kappe schmiegte sich wie eine dünne, schwarze
Filzhaut um seinen Schädel. Er stellte das Feld auf fünf
Stunden ein und drückte auf den Schalter.
Die Wirkung setzte mit einiger Verzögerung ein. Er hatte noch
Zeit, sich bequem hinzulegen, bevor die Bewußtseinszentren
seines Gehirns ausgeschaltet wurden und er in einen tiefen,
traumlosen Schlaf sank.
3
DIE BIBLIOTHEKARIN
Sie stellten den Diamagnetschweber vor der Stadt in einer
Parkzelle ab. In der Stadt fuhr kaum jemand ein solches Vehikel, und
Terens wollte nicht unnötig Aufmerksamkeit erregen. Für
einen Moment kam erneut der Haß auf die Bewohner der Oberen
Stadt mit ihren diamagnetischen Bodenwagen und ihren Antigrav-Gyros
in ihm hoch. Aber das war eben die Obere Stadt. Dort war alles
anders.
Rik wartete, während Terens die Zelle abschloß und mit
seinem Fingerabdruck versiegelte. Er fühlte sich in seinem
neuen, einteiligen Anzug noch nicht so recht wohl. Als der
Schultheiß unter den ersten der hohen Brückenbögen
trat, auf denen die Obere Stadt ruhte, folgte er ihm nur
zögernd.
Alle anderen Städte auf Florina hatten Namen, nur diese eine
hieß einfach ›die Stadt‹. Die Arbeiter und Bauern,
die hier und in der näheren Umgebung ansässig waren, galten
auf dem ganzen Planeten als vom Glück begünstigt, denn in
der Stadt gab es bessere Ärzte und bessere Spitäler, mehr
Fabriken und mehr Spirituosenläden als irgendwo sonst. Fast so
etwas wie ein Hauch von Luxus durchwehte die Straßen. Die
Bewohner selbst waren längst nicht so begeistert, standen sie
doch stets im Schatten der Oberen Stadt.
Die Obere Stadt war genau das, was der Name besagte, denn eine
riesige Mischzementplatte, die auf etwa zwanzigtausend
Stahlträgern ruhte, unterteilte die Stadt auf einer Fläche
von fünfzig Quadratmeilen in zwei streng getrennte Bereiche.
Unten im Schatten lebten die Eingeborenem. Oben in der Sonne lebten
die Herren. Wenn man die Obere Stadt betrat, glaubte man kaum,
daß man sich auf dem Planeten Florina befand. Die
Bevölkerung bestand fast ausschließlich aus Sarkiten,
dazwischen tummelten sich ein paar vereinzelte Gendarmen. Dies war im
wahrsten Sinne des Wortes die Oberschicht.
Terens kannte den Weg. Er schritt rasch aus und kümmerte sich
nicht um die Passanten, die mit einer Mischung aus Neid und Groll auf
seine vornehme Schultheißentracht starrten. Rik mußte
sich beeilen, um mit seinen kurzen Beinen Schritt halten zu
können, was seinen Gang nicht unbedingt würdevoller machte.
Er hatte kaum Erinnerungen an seinen ersten Besuch in der Stadt, und
so kam ihm alles fremd vor. Damals war der Himmel bewölkt
gewesen, heute schien durch die vereinzelten Öffnungen in der
Deckenplatte die Sonne und zeichnete helle Streifen auf den Boden,
die den Raum dazwischen noch dunkler erscheinen ließen. Der
rhythmische Wechsel von Licht und Schatten wirkte geradezu
hypnotisierend.
In den Sonnenstreifen saßen Greise in ihren Rollstühlen
und genossen die Wärme. Wenn der Streifen weiterwanderte,
folgten sie ihm. Manchmal nickten sie ein, dann blieben sie im
Schatten stehen, bis sie ihre Stellung veränderten und vom
Quietschen der Räder geweckt wurden. Gelegentlich war ein
Streifen von einer Mutter mit Kinderwagen blockiert.
»Und jetzt Kopf hoch und Schultern zurück, Rik«,
mahnte Terens. »Wir fahren hinauf.«
Er war vor einer Konstruktion stehengeblieben, die von vier
Pfeilern eingerahmt wurde und vom Boden bis zur Oberen Stadt
reichte.
»Ich habe Angst«, sagte Rik.
Er hatte erraten, was dieses Gebilde war, ein Fahrstuhl
nämlich, der die beiden Ebenen miteinander verband.
Eine solche Verbindung war natürlich unerläßlich.
Unten lief die Produktion, doch die Konsumenten befanden sich oben.
Chemische Rohstoffe und Grundnahrungsmittel lieferte
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