Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
mittag.«
»Das Ultimatum wurde also verlängert?«
»Auf unbestimmte Zeit. Ich werde mich persönlich in sein
Amtszimmer begeben.«
»Müssen Sie dieses Risiko eingehen?«
»Es ist nicht besonders groß. Schließlich werden
Zeugen anwesend sein. Außerdem kann ich es kaum erwarten,
diesen Weltraumanalytiker, nach dem Sie schon so lange suchen,
endlich leibhaftig zu sehen.«
»Kann ich mitkommen?« fragte Junz aufgeregt.
»Aber gewiß. Der Schultheiß wird auch da sein.
Wir brauchen ihn, damit er den Weltraumanalytiker identifiziert. Und
natürlich Steen. Sie alle werden in trimensischer
Repräsentation an der Gegenüberstellung
teilnehmen.«
»Vielen Dank.«
Der trantoranische Botschafter unterdrückte ein Gähnen
und blinzelte Junz aus wäßrigen Augen an. »Seien Sie
mir nicht böse, aber ich bin seit zwei Tagen und einer Nacht
wach, und noch eine Dosis Antisomnin verträgt mein alter
Körper nicht mehr. Ich muß jetzt schlafen.«
Seit die Technik der trimensischen Repräsentation zu
höchster Perfektion entwickelt worden war, kam man selbst zu
wichtigen Konferenzen nur noch selten persönlich zusammen. Fife
empfand die körperliche Anwesenheit des alten Botschafters
geradezu als anstößig. Sein olivfarbener Teint verhinderte
zwar, daß ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg, aber aus
jeder Falte seines Gesichts sprach stummer Groll.
Er mußte schweigen, durfte nichts sagen, konnte die
Männer, die ihm gegenübersaßen, nur böse
anstarren.
Abel! Ein Tattergreis in schäbiger Kleidung mit einer Million
Welten im Rücken.
Junz! Ein Störenfried mit schwarzer Haut und krausem Haar,
der mit seiner Hartnäckigkeit die Krise heraufbeschworen
hatte.
Steen! Der Verräter! Der es nicht wagte, ihm in die Augen zu
schauen!
Der Schultheiß! Seinem Blick zu begegnen, fiel Fife am
schwersten. Das war also der Eingeborene, der seine Tochter entehrt
hatte und dennoch unerreichbar hinter den schützenden Mauern der
trantoranischen Botschaft saß. Wenn Fife allein gewesen
wäre, hätte er mit den Zähnen geknirscht und mit der
Faust auf seinen Schreibtisch geschlagen. Doch er war nicht allein,
und so durfte er keine Miene verziehen, auch wenn es ihm fast das
Gesicht zerriß.
Wenn Samia nicht… Er führte den Gedanken nicht zu Ende.
Er selbst war zu nachgiebig gewesen, hatte ihren Eigenwillen noch
gefördert, jetzt durfte er ihr keinen Vorwurf machen. Sie hatte
auch gar nicht versucht, sich herauszureden oder ihre Schuld
herunterzuspielen, sondern ihm in aller Offenheit geschildert, wie
sie heimlich die Interstellarspionin hatte spielen wollen, und wie
katastrophal das Unternehmen geendet hatte. Beschämt und
verbittert, wie sie war, hatte sie doch rückhaltlos darauf
vertraut, daß er sie verstehen würde. Und er würde
ihr Vertrauen nicht enttäuschen, auch wenn er damit das ganze
mit so viel Mühe errichtete Gebäude seiner Politik
zerstörte.
»Man hat mir diese Konferenz aufgezwungen«, begann er,
»und deshalb sehe ich keinen Anlaß, mich zu
äußern. Ich bin nur als Zuhörer gekommen.«
»Ich glaube, Steen hätte gern als erster das Wort«,
sagte Abel.
Steen empfand die Verachtung in Fifes Augen wie eine Ohrfeige.
»Sie haben mich in Trantors Arme getrieben«, schrie er.
»Sie haben das Prinzip der Autonomie verletzt. Sie konnten nicht
erwarten, daß ich mir das bieten ließ. Ich muß
schon sagen!«
Fife schwieg, und Abel mahnte, seinerseits mit leiser Verachtung
in der Stimme. »Kommen Sie zur Sache, Steen. Sie wollten eine
Erklärung abgeben. Tun Sie es.«
Steens fahle Wangen glühten, obwohl er kein Rouge aufgelegt
hatte. »Nun gut, ich werde reden. Ich maße mir
natürlich nicht an, über den detektivischen Scharfsinn
eines Herrn von Fife zu verfügen, aber auch ich bin nicht ganz
ohne Verstand. Und ich habe nachgedacht. Fife hatte uns
gestern eine mysteriöse Geschichte über einen Verräter
aufgetischt, den er X nannte. Ich hatte ihn sofort durchschaut. Das
ganze Geschwätz war nur darauf angelegt, den Notstand ausrufen
zu können. Doch ich ließ mich davon nicht
täuschen.«
»Es gibt also keinen X?« fragte Fife leise. »Warum
sind Sie dann weggelaufen? Wer wegläuft, bekennt sich
schuldig.«
»Meinen Sie? Was Sie nicht sagen!« schrie Steen.
»Und wenn ich aus einem brennenden Haus flüchte, dann
muß ich wohl zwangsläufig der Brandstifter sein?«
»Weiter, Steen«, drängte Abel.
Steen leckte sich die Lippen, betrachtete angelegentlich seine
Fingernägel und polierte sie liebevoll,
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