Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
veranstalten. Und er war um einen Turm gegen einen Bauern im Vorteil.
»Du bist am Zug«, erklärte er voller Genugtuung.
Schwartz schwieg lange. »Was… was sind die Sechzig?« fragte er endlich.
Grews Stimme klang schrill. »Wozu willst du das wissen?« gab er unfreundlich zurück. »Worauf willst du hinaus?«
»Bitte.« Das klang flehentlich. Schwartz hatte nicht mehr die Kraft für einen Streit. »Ich kann doch keiner Fliege etwas zuleide tun. Ich weiß nicht, wer ich bin, und was mit mir geschehen ist. Vielleicht habe ich mein Gedächtnis verloren.«
»Sonst noch was?« lautete die verächtliche Antwort. »Nun aber mal ehrlich: Bist du auf der Flucht vor den Sechzig?«
»Wenn ich dir doch sage, ich weiß nicht einmal, was die Sechzig sind!«
Das klang überzeugend. Beide schwiegen lange. Grews Geistesfinger verkündete Unheil, aber noch konnte Schwartz keine Worte unterscheiden.
Endlich begann Grew langsam: »Mit den Sechzig ist dein sechzigstes Lebensjahr gemeint. Die Erde kann nicht mehr als zwanzig Millionen Menschen ernähren. Man muß produzieren, um leben zu können. Wer nicht produziert, kann auch nicht leben. Und wer über sechzig ist – kann nicht mehr produzieren.«
»Und deshalb…« Schwartz blieb der Mund offenstehen.
»Wirst du beiseitegeschafft. Es tut nicht weh.«
»Man wird getötet?«
»Es ist kein Mord.« Das klang steif. »Es muß so sein. Andere Welten nehmen uns nicht auf, und irgendwie müssen wir unseren Kindern Platz machen. Die ältere Generation muß der jüngeren weichen.«
»Und wenn man nun nicht zugibt, daß man schon sechzig ist?«
»Warum sollte man es verheimlichen? Das Leben über sechzig ist kein Vergnügen… Außerdem findet alle zehn Jahre ein Zensus statt, und dabei geht jeder ins Netz, der sich einbildet, unbedingt länger bleiben zu müssen. Außerdem ist das Alter aller Menschen registriert.«
»Das meine nicht.« Schwartz hatte nicht an sich halten können, die Worte waren ihm unwillkürlich entfahren. »Außerdem werde ich erst fünfzig – an meinem nächsten Geburtstag.«
»Das nützt nichts. Deine Knochenstruktur verrät dein wahres Alter. Weißt du das nicht? Und daran kannst du nichts ändern. Mich kriegen sie beim nächsten Mal… Paß auf, du bist am Zug.«
Schwartz beachtete die Aufforderung nicht. »Du meinst, sie werden…«
»Sicher, ich bin zwar erst fünfundfünfzig, aber sieh dir meine Beine an. Ich kann nicht mehr arbeiten, nicht wahr? In unserer Familie sind drei Arbeitskräfte registriert, und auf dieser Basis wurde das Plansoll errechnet. Wenn Arbin und Loa meinen Schlaganfall gemeldet hätten, wäre das Plansoll herabgesetzt worden. Aber dann wäre ich vorzeitig für die Sechzig erfaßt worden, und das wollten sie nicht. Dumm von ihnen, sie mußten sich deshalb gewaltig krummlegen – bis du gekommen bist. Und nächstes Jahr bin ich sowieso dran… Nun zieh schon.«
»Nächstes Jahr findet wieder ein Zensus statt?«
»Richtig… Du bist am Zug.«
»Warte!« Das klang verzweifelt. »Wird jedermann über sechzig beiseite geschafft? Gibt es keine Ausnahme?«
»Nicht für dich oder mich. Der Höchste Minister darf eines natürlichen Todes sterben, ebenso alle Angehörigen der Gesellschaft der Ahnen, bestimmte Wissenschaftler und einige Personen, die sich besondere Verdienste erworben haben. Viele sind es nicht, vielleicht ein Dutzend im Jahr… Du bist am Zug!«
»Und wer entscheidet, wer in Frage kommt?«
»Der Höchste Minister natürlich. Ziehst du nun endlich?«
Schwartz war aufgestanden. »Es lohnt sich nicht mehr. Du bist in fünf Zügen matt. Meine Dame schlägt deinen Bauern und bietet Schach; du mußt nach g1 ausweichen; ich ziehe den Springer heran und biete dir Schach auf e2; du mußt nach f2; meine Dame bietet Schach auf e3; du gehst nach g2; ich ziehe meine Dame auf g3 und dränge dich in die Ecke, dann geht meine Dame auf h3 und du bist matt.
Gutes Spiel«, fügte er mechanisch hinzu.
Grew starrte das Brett lange an, dann fegte er es mit einem Wutschrei vom Tisch. Die Leuchtfiguren kullerten traurig auf den Rasen.
»Du hast mich abgelenkt mit deinem verdammten Geschwätz«, zeterte der Alte.
Doch Schwartz hörte ihn nicht mehr. Er hatte nur noch einen Gedanken: Er mußte den Sechzig entgehen. Brownings Verse:
»Komm, werde alt mit mir!
Das Beste liegt vor dir…«
waren auf einer Erde mit unerschöpflichen Nahrungsreserven geschrieben worden, auf der sich Milliarden von Menschen tummelten. Das
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