Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
während die armen
Unterdrückten arm und unterdrückt bleiben, falls sich ihre
Lage nicht sogar verschlechtert.«
»Das ist mir klar«, meinte Davan, der aufmerksam
zugehört hatte. »Das ist uns allen klar. Vielleicht
können wir von der Vergangenheit lernen und dann besser
erkennen, was es zu vermeiden gibt. Außerdem ist die Tyrannei,
die jetzt existiert, greifbar, echt. Diejenige, die vielleicht einmal
in der Zukunft existieren wird, ist nur eine potentielle Tyrannei.
Wenn wir uns immer deshalb dem Wandel entziehen, weil wir
fürchten, es könnte ein Wandel zum Schlechteren sein, gibt
es überhaupt keine Hoffnung, daß wir die Ungerechtigkeit
je abschütteln.«
»Da ist noch etwas, das Sie bedenken müssen«,
meinte Dors. »Selbst wenn Sie das Recht auf Ihrer Seite haben,
selbst wenn die Gerechtigkeit die bestehenden Zustände verdammt,
so hat doch gewöhnlich die existierende Tyrannei die Macht auf
ihrer Seite. Ihre Leute mit den Messern können sich noch so sehr
zusammenrotten und demonstrieren und werden doch nichts erreichen,
solange es im Extremfall eine Armee gibt, die mit genetischen,
chemischen und neurologischen Waffen ausgerüstet ist und bereit
ist, sie gegen das Volk einzusetzen. Sie können alle
Unterdrückten und selbst alle angesehenen Leute auf ihre Seite
ziehen – am Ende müssen Sie doch irgendwie die
Sicherheitskräfte und die Kaiserliche Armee für sich
gewinnen oder zumindest deren Loyalität gegenüber ihren
Herrschern ernsthaft schwächen.«
Davan erwiderte darauf: »Trantor ist eine Welt vieler
Regierungen. Jeder Bezirk hat seine eigenen Herrscher, und nicht
wenige sind antikaiserlich eingestellt. Wenn wir einen starken Bezirk
auf unsere Seite ziehen können, dann würde das die
Situation verändern, nicht wahr? Dann wären wir nicht mehr
nur ein zerlumptes Pack, das mit Messern und Steinen
kämpft.«
»Heißt das, daß Sie tatsächlich einen
starken Sektor auf Ihrer Seite haben oder nur, daß Sie den
Ehrgeiz haben, das zu erreichen?«
Davan blieb stumm.
»Ich will annehmen, daß Sie an den Bürgermeister
von Wye denken«, sagte Dors. »Falls der Bürgermeister
in der Stimmung sein sollte, die öffentliche Unzufriedenheit
dazu zu nutzen, seine Chancen zu verbessern, den Kaiser zu
stürzen – kommt es Ihnen dann nicht in den Sinn, daß
der Bürgermeister dabei das Ziel im Auge haben könnte,
selbst die Nachfolge auf dem Kaiserthron anzutreten? Warum sollte der
Bürgermeister seine augenblickliche durchaus nicht unbedeutende
Position für irgend etwas Geringeres aufs Spiel setzen?
Lediglich um des Segens der Gerechtigkeit und der anständigen
Behandlung von Leuten willen, die für ihn von sehr geringem
Interesse sein dürften?«
»Sie meinen«, sagte Davan, »jeder mächtige
Führer, der bereit ist, uns zu helfen, könnte uns
anschließend verraten.«
»Das wäre eine Situation, die in der galaktischen
Geschichte nur allzu geläufig wäre.«
»Wenn wir dafür bereit sind, könnten dann nicht wir diejenigen sein, die ihn verraten?«
»Sie meinen, ihn benutzen und dann, im geeigneten Augenblick,
den Anführer seiner Streitkräfte – oder jedenfalls
irgendeine führende Persönlichkeit – bestechen und ihn
ermorden lassen?«
»Das vielleicht nicht gerade, aber es könnte ja
irgendeine Möglichkeit geben, ihn loszuwerden, falls sich das
als notwendig erweisen sollte.«
»Dann haben wir es mit einer revolutionären Bewegung zu
tun, in der die führenden Spieler jederzeit bereit sein
müssen, einander zu verraten, wobei jeder einfach nur auf die
Gelegenheit wartet. Das klingt für mich wie das perfekte Rezept
für das Chaos.«
»Dann werden Sie uns also nicht helfen?« sagte
Davan.
Seldon, der dem Wortwechsel zwischen Davan und Dors mit
gerunzelter Stirn zugehört hatte, sagte: »So einfach
läßt sich das nicht formulieren. Wir würden Ihnen
gerne helfen. Wir stehen auf Ihrer Seite. Mir scheint, daß kein
vernünftiger Mensch ein kaiserliches System stützen kann,
das sich selbst dadurch am Leben erhält, indem es gegenseitigen
Haß und Argwohn schürt. Selbst wenn es den Anschein
erweckt zu funktionieren, kann man es doch nur als metastabil
bezeichnen; das heißt, als ein System, das nur zu leicht in die
eine oder andere Richtung abstürzt. Die Frage ist nur: wie können wir helfen? Wenn ich über eine
funktionsfähige Psychohistorik verfügte, wenn ich Ihnen
sagen könnte, was mit einiger Wahrscheinlichkeit geschehen wird
oder wenn ich Ihnen sagen könnte, welche Maßnahme
Weitere Kostenlose Bücher